Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230283/11/Kei/Shn

Linz, 18.04.1995

VwSen-230283/11/Kei/Shn Linz, am 18. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Guschlbauer, dem Beisitzer Dr. Wegschaider und dem Berichter Dr. Keinberger über die Berufung der W S, S, L, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. J R, W, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. Februar 1994, Zl.St.-12.552/93-B, wegen einer Übertretung des OÖ. Polizeistrafgesetzes (OÖ. PolStG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. März 1995, zu Recht:

I: Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

Anstelle von "Pkw-Lenkern" ist "eines Pkw-Lenkers", anstelle von "anzielte" ist "abzielte" und anstelle von der verletzten Vorschrift "§§ 2/3a PolStG" ist "§ 2 Abs.3 lit.a OÖ. PolStG" zu setzen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), § 51 und § 51e VStG.

II: Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, ds 5.000 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tagen) verhängt, weil sie "am 15.9.1993 um 21.05 Uhr in L, P, durch Auf- und Abgehen, Ansprechen von männlichen Passanten und Pkw-Lenkern, sowie die Vereinbarung eines entgeltlichen GV mit einem Kunden sich in einer solchen Weise verhalten" habe, "die auf die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung zu Erwerbszweck anzielte".

Dadurch habe sie eine Übertretung des § 2 Abs.3 lit.a OÖ.

PolStG begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs.1 lit.b OÖ.

PolStG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 22. Februar 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 8. März 1994 bei der belangten Behörde eingelangt ist und fristgerecht erhoben wurde.

Die Berufungswerberin bringt im wesentlichen vor:

Der Aussage des einzigen vernommenen Zeugen W B sei zu entnehmen, daß dieser in Begleitung eines Beifahrers einen PKW über den Pfarrplatz in Linz gelenkt habe. In der Aussage dieses Zeugen sei keinerlei zeitlicher Bezug zu der der Berufungswerberin für den 15. September 1993 um 21.05 Uhr angelasteten Tathandlung hergestellt. Nach der Aussage des Zeugen könne es sein, daß dieser einen anderen Vorfall darstellen wollte.

3. Da im angefochtenen Bescheid eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. März 1994, Zl.III-St.-12.552/93-B, Einsicht genommen und am 28. März 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Berufungswerberin hat sich am 15. September 1993 um ca 21.05 Uhr in Linz am Pfarrplatz aufgehalten. Sie ist aufund abgegangen und hat sich - vor dem Haus Pfarrplatz Nr. 4 - mit B W und M R ins Auto hinein unterhalten und mit einem der beiden Männer die Durchführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs vereinbart.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs.3 lit.a OÖ. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung der Prostitution abzielt. Als öffentlicher Ort hat ein solcher zu gelten, der jederzeit von einem nicht von vornherein beschränkten Kreis von Personen betreten werden kann oder im Rahmen seiner Zweckbestimmung allgemein zugänglich ist. Dem Verhalten an einem öffentlichen Ort ist ein Verhalten gleichgestellt, das zwar nicht an einem öffentlichen Ort gesetzt wird, das aber von dort aus wahrgenommen werden kann.

Gemäß § 10 Abs.1 OÖ. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 1, § 2 Abs.3 und § 3 von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, bei Übertretungen nach (lit.b) § 2 Abs.3 mit Geldstrafe bis S 200.000, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.

4.2. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde insbesondere wegen der Aussagen des Zeugen Inspektor R E im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat als erwiesen angenommen. Dieser führte aus, daß er im Zuge des Streifendienstes gemeinsam mit seinem Kollegen Inspektor Inderlieth am 15. September 1993 mehrmals den Bereich des Pfarrplatzes mit dem Funkwagen und in Uniform durchfahren habe. Bei einer dieser Fahrten habe er bemerkt, wie neben der W S, die am rechten Fahrbahnrand gestanden sei, ein PKW angehalten habe. W S sei dabei mit dem Oberkörper etwas nach vorne gebeugt gewesen und habe mit den beiden Personen, die sich im PKW befunden hätten, ein Gespräch geführt. Dies habe der Zeuge aus einer Entfernung von 10 bis 20 Metern gesehen. Ca 100 Meter vom Ort des Gespräches entfernt hätten die beiden Polizeibeamten die zwei Personen, mit denen W S das Gespräch geführt hat, einvernommen. Eine der beiden Personen - der Lenker - hätte dem Polizeibeamten Inspektor E mitgeteilt, daß ihm die Frau, mit der er gesprochen hat, einen Geschlechtsverkehr um den Preis von 500 S angeboten hätte.

Die Berufungswerberin selbst hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat zum Ausdruck gebracht, daß sie am 15. September 1993 um ca 21.05 Uhr in Linz am Pfarrplatz mit Passanten ein Gespräch geführt habe. An nähere Details konnte sie sich aber - wegen der inzwischen verstrichenen Zeit - nicht mehr erinnern.

Die Glaubwürdigkeit des Zeugen R E gründet sich insbesondere auf den persönlichen Eindruck, den er in der öffentlichen mündlichen Verhandlung hinterlassen hat und auch auf die Tatsache, daß er unter Wahrheitspflicht (§§ 49 und 50 AVG iVm § 24 VStG) ausgesagt hat.

Der objektive Tatbestand des § 2 Abs.3 lit.a .PolStG liegt im gegenständlichen Zusammenhang vor.

Im Hinblick auf die subjektive Tatseite ist festzuhalten, daß das Verhalten der Berufungswerberin vorsätzlich war. Der Vorsatz besteht aus einer Wissens- und einer Wollenskomponente. In bezug auf die Wissenskomponente ist zu unterscheiden zwischen dem aktuellen Wissen (= der Täter hat an das Tatbild gedacht) und dem Begleitwissen (= dem Täter ist aus den Begleitumständen oder sonst die Tatbildverwirklichung latent bewußt). Damit die Wissenskomponente des Vorsatzes vorliegt, genügt das Vorhandensein des Begleitwissens. Zumindest ein solches war bei der Berufungswerberin im gegenständlichen Zusammenhang gegeben.

Im Hinblick auf die Wollenskomponente ist bedingter Vorsatz anzunehmen, wenn der Täter die Verwirklichung des deliktischen Sachverhaltes ernstlich für möglich hält. Auch bewußte Gleichgültigkeit stellt bedingten Vorsatz her (siehe Foregger-Serini, "Strafgesetzbuch und wichtige Nebengesetze", 4. Auflage, S.38 und 39).

Insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Berufungswerberin bereits mehrmals wegen einschlägiger Übertretungen des OÖ. PolStG in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zur Verantwortung gezogen wurde, ist im gegenständlichen Zusammenhang vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes auszugehen.

4.3. Zur Strafbemessung:

Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt nicht das - der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zu entnehmende - Bemühen der belangten Behörde, die Verunzierung des Linzer Stadtgebietes durch das Animationsgehabe von Prostituierten zu unterbinden.

Erschwerend wurde das Vorliegen von zwei in Rechtskraft erwachsenen und noch nicht getilgten, auf den Zeitraum bis zum 15. September 1993 (Tatzeit) bezogenen, einschlägigen Vormerkungen (Übertretung des § 2 Abs.3 lit.a .PolStG) gewertet.

Milderungsgründe liegen nicht vor.

Das Ausmaß des Verschuldens (siehe die Ausführungen in Punkt 4.2.) wird berücksichtigt.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wird, da die Berufungswerberin mit Ausnahme der Bemerkung, daß sie keine Sozialhilfe beziehe, trotz Befragung keine Angaben machte, von Einkommen aus Prostitution, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

Bereits die durch die belangte Behörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S beträgt nur ein Achtel der gesetzlich normierten Obergrenze des Strafrahmens (§ 10 Abs.1 lit.b .PolStG: bis 200.000 S) und liegt deutlich im unteren Bereich desselben. Die Verhängung der Strafe in dieser Höhe wird als angemessen beurteilt und ist - unter Berücksichtigung des Aspektes der Spezialprävention - auch geboten.

4.4. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch hinsichtlich der Strafe abzuweisen.

5. Da in jeder Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, ds 5.000 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum