Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230328/4/Kei/Shn

Linz, 26.06.1995

VwSen-230328/4/Kei/Shn Linz, am 26. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des C T, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H F, Dr. F F und Mag. Dr. W F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 23. Juni 1994, Zl.Sich96-196-1994/Stei/He, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I: Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zwischen den Worten "Sie" und "halten" die Worte "sind Fremder und" einzufügen sind, insoferne Folge gegeben, als gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), § 21 Abs.1 und § 51 Abs.1 VStG.

II: Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er "sich seit 25.04.1994 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet" aufgehalten habe, "da ihm weder eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes noch von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt" worden sei "und ihm auch keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz" zugekommen sei.

Dieser Sachverhalt sei am 1. Juni 1994 festgestellt worden.

Dadurch habe er eine Übertretung des § 82 Abs.1 Z4 FrG begangen, weshalb er gemäß § 82 Abs.1 FrG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 24. Juni 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 8. Juli 1994 bei der belangten Behörde eingelangt ist und fristgerecht erhoben wurde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die Verwaltungsakte der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12. Juli 1994, Zl.Sich 96-196-1994/Or/S, vom 4. November 1994, Zl.Sich 96-197-1994/Or/He und vom 16. Dezember 1994, Zl.Sich 96-197-1994/SR/HM und in das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1994, Zl.B 901/94-12, Einsicht genommen.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Berufungswerber ist am 21. Juli 1992 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. April 1994, Zl.4.339.084/1-III/13/92, abgewiesen. Innerhalb offener Frist hat der Berufungswerber eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. Oktober 1994, Zl.B 901/94-12, den angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. April 1994, Zl.4.339.084/1-III/13/92, aufgehoben.

Der Berufungswerber war Fremder iSd § 1 Abs.1 FrG (Staatsangehöriger von Liberia). Ihm wurde nicht von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk oder eine Bewilligung nach § 1 des Aufenthaltsgesetzes erteilt. Ihm ist in der Zeit von 25. April 1994 bis 24. Juni 1994 nicht eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992, zugekommen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 15 Abs.1 FrG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn (Z2) ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder (Z3) solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992, zukommt.

Gemäß § 82 Abs.1 Z4 FrG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15). Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.

4.2. Der Berufungswerber war seit der Zustellung des Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 15. April 1994, Zl.4.339.084/1-III/13/92 (25. April 1994) bis zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses (24. Juni 1994) unrechtmäßig im Bundesgebiet. Dies trotz der Tatsache, daß der Bescheid des Bundesministers für Inneres durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Die Aufhebung entfaltete nämlich keine ex tunc -, sondern eine ex nunc Wirkung und wirkte (erst) ab Zustellung des Erkenntnisses.

Daß in bezug auf den angeführten Bescheid des Bundesministers für Inneres eine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre, ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen und wurde vom Berufungswerber auch nicht behauptet. Der Berufungswerber hat diesbezüglich lediglich vorgebracht (im Einspruch vom 21. Juni 1994), daß er beabsichtigt habe, "in dieser Verfassungsgerichtshofbeschwerde einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der bestehenden Aufenthaltsbewilligung" zu stellen.

Es liegt in bezug auf den oa Zeitraum der objektive Tatbestand des § 82 Abs.1 Z4 FrG vor.

Im Hinblick auf die subjektive Tatseite ist festzuhalten:

Dem Vorbringen des Berufungswerbers (insbesondere im Einspruch vom 21. Juni 1994 und in der Berufung vom 8. Juli 1994) ist - glaubhaft - zu entnehmen, daß bei ihm eine Angst vor einer Verfolgung in seinem Heimatstaat vorgelegen ist.

Aus diesem Grund - in Zusammenhang mit der Tatsache, daß der Ausgang des durch das außerordentliche Rechtsmittel der Beschwerde an den Gerichtshof des öffentlichen Rechtes (Verfassungsgerichtshof) anhängig gemachten Verfahrens für den Berufungswerber ungewiß war - ist im gegenständlichen Zusammenhang das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers hinter dem in der Strafdrohung des § 82 Abs.1 Z4 FrG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in vielen Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht, daß dann, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt, die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist (zB Zl.86/18/0059 vom 12.

September 1986, Zl.87/04/0070 vom 20. Oktober 1987, Zl.86/08/0073 vom 14. Jänner 1988 uva Erkenntnisse). Das Verschulden des Berufungswerbers war daher im gegenständlichen Zusammenhang geringfügig. Die Folgen der Übertretung sind wegen der relativ geringen Zeitdauer des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet unbedeutend. Da beide in § 21 Abs.1 VStG normierten Voraussetzungen vorliegen, war in Entsprechung dieser Bestimmung von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

4.3. Der Ausspruch über den Entfall der Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seine Grundlage in den angeführten Gesetzesbestimmungen. Insgesamt war aus den angeführten Gründen spruchgemäß (Spruchpunkte 1 und 2) zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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