Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230372/3/Wei/Bk

Linz, 05.12.1995

VwSen-230372/3/Wei/Bk Linz, am 5. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine dritte Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des R G, Barinhaber, vormals M, vom 14. November 1994 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Juni 1994, Zl. St.-13.031/93-B, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Polizeistrafgesetz O.ö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985, zuletzt geändert durch LGBl Nr. 30/1995) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 14. Juni 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Wie durch Organe der BPD Linz festgestellt wurde, haben Sie als Inhaber und Betreiber und daher als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person des Lokales M B in L, am 8.8.1993 gegen 03.00 Uhr die Räumlichkeiten dieser Lokalität für Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt und als Verfügungsberechtigter diese Verwendung geduldet, obwohl sich in diesem Gebäude mehr als eine Wohnung befand, nämlich zahlreiche Wohneinheiten untergebracht waren und auch ein Gastgewerbe ausgeübt wurde und deshalb die Anbahnung und Ausübung der Prostitution verboten ist." Dadurch erachtete die Strafbehörde den § 2 Abs 3 lit c O.ö.

PolStG als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 1 lit b O.ö.

PolStG eine Geldstrafe von S 50.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen.

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von S 5.000,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 2. November 1994 von einem Polizeibeamten zugestellt worden ist, richtet sich die am 16. November 1994 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung vom 14. November 1994, mit der der Schuldspruch bekämpft und erschließbar der Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens gestellt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. In der Nacht vom 7. auf den 8. August 1993 suchte der Malermeister A S das Nacht- und Animierlokal MB in L, S auf. Er betrat das Lokal um ca 22.00 Uhr und lud in der Folge einige Personen, darunter den Barbesitzer und den Kellner sowie Animierdamen, auf Getränke ein. Der Bw verließ das Lokal gegen 02.00 Uhr.

Danach, der Zeuge S spricht von ca 03.00 Uhr, schlug ihm eine dominikanische Animierdame mit dem Rufnamen D vor, aufs Zimmer zu gehen, wo es zu einem entgeltlichen Geschlechtsverkehr kommen sollte. Die Prostituierte holte vom Kellner den Schlüssel und dieser setzte den vereinbarten Betrag von S 1.400,-- auf die Rechnung. Das Zimmer, das auch als eine Art Büroraum diente, war über einen ebenerdigen Gang im hinteren Teil des Hauses erreichbar. Im Zimmer führten S und die Dominikanerin einen Geschlechtsverkehr mit Präservativ durch. Nach dem Waschen und Anziehen begaben sie sich wieder in das Gastlokal. Auf der für den Zeugen ausgedruckten Kassenrechnung über den Gesamtbetrag von S 10.800,-- ist auch eine Position in Höhe von S 1.400,-- angeführt.

Nach Angaben des Kellners war es üblich, daß dieses Zimmer für Zwecke der Ausübung der Prostitution genützt wurde. Er schilderte auch die üblichen Preise und ihre Aufteilung zwischen den Prostituierten und dem Bw als Barbesitzer. Er als Kellner hätte keinen persönlichen Vorteil gezogen, sondern wäre nur beauftragt gewesen zu kassieren (vgl Zeuge W, Niederschrift vom 29.3.1994).

2.2. Anläßlich der Beschuldigteneinvernahme vom 16. November 1993 wurde dem Bw in der Sache vorgehalten, daß dem ihm bekannten Zeugen S am 7. August 1993 um 22.00 Uhr im Lokal von einer Animierdame ein Geschlechtsverkehr angeboten worden wäre, der dann anschließend im Büroraum vollzogen worden wäre. Der Bw bestritt und verwies auf einen Racheakt des von ihm angezeigten Zeugen.

Nach weiterer Einvernahme des Zeugen S wurde der Bw für 10. Februar 1994, 12.30 Uhr, neuerlich vorgeladen, wobei ihm die Aussage dieses Zeugen vom 28. Jänner 1994 vorgelesen worden ist. In dieser Aussage verwies der Zeuge auf seine Angaben vor der Kripo und gab an, daß er um ca 03.00 Uhr früh mit der Dominikanerin aufs Zimmer zum Vollzug des Geschlechtsverkehrs gegangen wäre. Der Bw blieb bei seiner leugnenden Verantwortung und gab den Namen des Kellners bekannt, den die Strafbehörde in weiterer Folge einvernahm.

Am 15. April 1994 wurde dem Bw die belastende Zeugenaussage des Kellners niederschriftlich vorgehalten. Er behauptete dazu, daß S nie mit einem Mädel aufs Zimmer gegangen wäre, wofür es Zeugen gäbe, die er allerdings nicht nennen konnte. In weiterer Folge erließ die belangte Strafbehörde das gegenständliche Straferkenntnis vom 14. Juni 1994.

2.3. In der Berufung wird betont, daß der Gast S seine Konsumation der ganzen Nacht nicht bezahlen hätte wollen, weshalb am 8. August 1993 um ca 07.00 Uhr die Polizei gerufen worden wäre. Organe der BPD Linz wären um 03.00 Uhr nicht im Lokal gewesen und hätten daher keine Feststellungen treffen können. S Angaben könnten nur als Racheakt aufgefaßt werden. Walchshofer hätte den an das Lokal anschließenden Raum bewohnt. Sollte dieser die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zugelassen haben, wäre das vom Bw in keinster Weise erlaubt gewesen. Er habe auch nie irgendwelche Entgelte erhalten. Die Prostitution wäre den Mädchen, die aus eigenem zu ihm um Arbeit gekommen wären, auch in spanischer Sprache verboten worden. Es hätte auch nie Ausschreitungen gegeben.

2.4. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Berufungsvorentscheidung zu erwägen. Auch eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint und der Bw durch sein unbelegtes Vorbringen, das im wesentlichen aus unglaubhaften Schutzbehauptungen besteht, die Sachverhaltsannahmen der Strafbehörde nicht in Zweifel ziehen konnte. Dennoch war schon aufgrund der Aktenlage das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 10 Abs 1 lit b) O.ö.

PolStG mit Geldstrafe bis S 200.000,-- und im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, eine Wohnung, Teile einer Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten oder wer einen Wohnwagen oder andere Bauten auf Rädern oder Wasserfahrzeuge und dgl. für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet.

Die belangte Behörde hat durch die bloß allgemeine, nicht vorfallsbezogene Fassung des Spruches eine unzureichende Konkretisierung iSd § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Von der Beweislage her bestehen allerdings keine Zweifel an der Schuld des Bw. In der Sache hat der Bw zu seiner Entlastung keine zielführenden Argumente vorgebracht. Es ist unbestritten, daß sich das Nachtlokal MB in einem Gebäude mit mehr als einer Wohnung befand. Nach den Beweisergebnissen konnte sogar ohne Bedenken davon ausgegangen werden, daß der Bw vorsätzlich das oben beschriebene "Hinterzimmer" für Zwecke der Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellte und die Einnahmen den Angaben des Kellners entsprechend geteilt wurden.

Ebensowenig hat die erkennende Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates aufgrund der Aktenlage darüber Zweifel, daß am 8. August 1993 gegen 03.00 Uhr die Animierdame mit dem Rufnamen D dem Zeugen S einen Geschlechtsverkehr um S 1.400,-- angeboten hatte und dieser anschließend auch im ebenerdig gelegenen Nebenzimmer vollzogen worden war.

Die belangte Strafbehörde hat allerdings keine ausreichende Verfolgungshandlung innerhalb der gemäß § 31 Abs 2 VStG maßgeblichen Verfolgungsverjährungsfrist von 6 Monaten nach Abschluß der strafbaren Handlung vorgenommen. Die erste Verfolgungshandlung war die niederschriftliche Einvernahme vom 16. November 1993. In der Ladung zu diesem Termin wurde nur pauschal auf die Anzeige vom 30. September 1993 hingewiesen, ohne einen konkreten Vorwurf zu erheben. Der Anzeige der kriminalpolizeilichen Abteilung "Jugend und Sitte" selbst ist nichts Konkretes zu entnehmen. Die den maßgeblichen Sachverhalt betreffende Aussage des Zeugen S vom 27. September 1993 wurde dem Bw aber nicht vorgehalten. Im Gegenteil! Bei der Beschuldigteneinvernahme hat die belangte Strafbehörde dem Bw ausdrücklich den nach der Aktenlage nicht erwiesenen Sachverhalt angelastet, daß dem Zeugen S am 7. August 1993 um 22.00 Uhr der Geschlechtsverkehr angeboten und dieser anschließend im Büroraum vollzogen worden wäre.

Die Aussage des Zeugen S und damit der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde dem Bw erstmals anläßlich der Beschuldigteneinvernahme vom 10. Februar 1994 mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vorgehalten. Ein zutreffender und hinreichend konkretisierter Tatvorwurf kann erst mit diesem Datum angenommen werden. Diese Anlastung erfolgte aber verspätet, weil die Verfolgungsverjährung bereits mit Ablauf des 8. Februar 1994 eingetreten war. Aus diesem Grund war das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung des Bw zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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