Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230459/2/Gb/Shn

Linz, 11.06.1996

VwSen-230459/2/Gb/Shn Linz, am 11. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Ludwig S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 30. Juni 1995, Zl.Sich96-597-1994-Hol, zu Recht:

I: Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Anstelle der in der ersten Zeile stehenden Wortfolge:

"gegen 16.00 Uhr" hat der Spruch diesbezüglich zu lauten:

"gegen 17.30 Uhr".

Die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, hat zu lauten:

"§ 10 Abs.1 zweiter Satz Grenzkontrollgesetz 1969"; die Strafsanktionsnorm hat zu lauten:

"§ 15 Abs.1 lit.b Grenzkontrollgesetz 1969".

II: Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, ds 100 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz 1991 - (VStG); zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) verhängt, weil er sich am 29.7.1994 gegen 16.00 Uhr am Grenzübergang Suben/Autobahn im Zuge seiner Ausreise aus dem Gebiet der Republik Österreich in die BRD vorsätzlich der Grenzkontrolle entzogen habe, indem er vor Beendigung der Ausreisekontrolle durch Zollwacheorgane des damaligen Zollamtes Suben durch Fortsetzen der Fahrt mit seinem PKW Marke Mercedes Benz 126 mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen in die BRD den Grenzkontrollbereich verlassen habe. Dadurch habe er die Rechtsvorschriften der §§ 15 Abs.1 lit.b iVm 10 Abs.1 Grenzkontrollgesetz 1969, BGBl.Nr.423 idgF begangen und sei deshalb gemäß § 15 Abs.1 Grenzkontrollgesetz zu bestrafen gewesen.

1.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung des Berufungswerbers vom 12. Juli 1995.

Die Berufung wurde seitens der Erstinstanz mit Schreiben vom 17. August 1995 dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da eine primäre Freiheitsstrafe oder eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt worden ist, ist das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG). Da zudem der zu beurteilende Sachverhalt unbestritten ist, im bekämpften Bescheid eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und überdies die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, konnte von der Durchführung einer solchen Verhandlung Abstand genommen werden (§ 51e Abs.2 VStG).

2.1. Nach Darstellung des gegenständlichen Verfahrensganges begründet die belangte Behörde den als erwiesen angenommenen Sachverhalt folgendermaßen:

Der Sachverhalt sei im wesentlichen durch die Anzeige des Zollamtes Suben vom 29.7.1994 und die Stellungnahme des Herrn Insp. Daniel F vom 3.10.1994 erwiesen. Im übrigen hätte der Berufungswerber diesen Sachverhaltsfeststellungen bzw dem dort geschilderten Geschehensablauf in seinen Stellungnahmen vom 4.9.1994 bzw 23.3.1995 in wesentlichen Punkten auch nicht widersprochen. Besagten Stellungnahmen seien zwar Differenzen zu entnehmen, was den Ablauf der Grenzkontrollamtshandlung anbelangt, im hier entscheidenden Punkt (Verlassen des Grenzkontrollbereiches vor Abschluß der Grenzkontrollamtshandlung) hätte der Berufungswerber jedoch - übereinstimmend mit dem damals diensthabenden Zollwacheorgan - angegeben, diesen Grenzkontrollbereich vor Abschluß der Grenzkontrollamtshandlung verlassen zu haben.

Nach Zitierung der übertretenen Verwaltungsvorschrift und der diesbezüglichen Strafsanktionsnorm führt die belangte Behörde in der Begründung weiter aus, daß der Berufungswerber diese Verwaltungsübertretung zu verantworten habe, da er am 29.7.1994 gegen 16.00 Uhr den Grenzkontrollbereich des damaligen Zollamtes Suben durch Fortführung seiner Fahrt in die BRD verlassen hätte, ohne daß das diensthabende Zollwacheorgan des damaligen Zollamtes Suben die Möglichkeit gehabt hätte, die bereits begonnene Grenzkontrollamtshandlung zu Ende zu führen. Hiedurch hätte sich der Berufungswerber der Grenzkontrolle entzogen und die obgenannte Übertretung begangen. Diese Verwaltungsübertretung hätte er auch vorsätzlich begangen: Dies ergebe sich aus der Äußerung: "Das interessiert mich jetzt nicht mehr, machts mit dem Zeug was wollts!", aus der nur der Schluß zulässig sei, daß dem Berufungswerber bekannt gewesen sei, daß er das Ende der Grenzkontrollamtshandlung abwarten hätte müssen, bevor er seine Fahrt in die BRD fortsetzen hätte können. Die obgenannte Verwaltungsübertretung hätte der Berufungswerber zumindest mit bedingtem Vorsatz begangen, da der Berufungswerber es billigend in Kauf genommen hätte, sich durch Fortsetzung seiner Fahrt in die BRD der Grenzkontrolle zu entziehen. Es spiele hiebei auch keine Rolle, ob nach dem Dafürhalten des Berufungswerbers die Grenzkontrollamtshandlung als Schikane zu werten sei oder eine zu lange Zeitspanne in Anspruch genommen habe, zumal der Berufungswerber unabhängig von der Dauer der Amtshandlung verpflichtet sei, sich der Grenzkontrolle durch das diensthabende Grenzkontrollorgan zu stellen.

Bei der Bemessung der Geldstrafe sei die erhöhte Bedeutung des § 10 Abs.1 zweiter Satz Grenzkontrollgesetz 1969 für ein funktionierendes Grenzkontrollwesen zu berücksichtigen gewesen. Weiters sei die bisherige Unbescholtenheit berücksichtigt worden sowie die Tatsache, daß keine Erschwerungsgründe vorgelegen seien. Unter Berücksichtigung der geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei daher die Geldstrafe mit dem Betrag von 500 S festzusetzen gewesen. Dieser Betrag liege im untersten Bereich des Strafrahmens. Die Ersatzfreiheitsstrafe sei entsprechend dem Verhältnis von der verhängten Geldstrafe zum Höchstgeldstrafbetrag gemäß der Bestimmung des § 16 VStG festgelegt worden.

2.2. Der Berufungswerber bringt in seiner Berufung, welcher das Schreiben vom 23. März 1995 und die "Beschwerde" vom 31.

August 1994 in Kopie beigeschlossen sind, vor, daß die Angaben in der Begründung des bekämpften Bescheides keinesfalls den Tatsachen entsprechen würden. Er hätte sich in keiner Weise der Grenzkontrolle entzogen, denn diese war bei Beginn der eineinhalbstündigen schikanösen Behandlung bereits abgeschlossen gewesen. Dh, sein Wagen sei durchsucht, aufs äußerste überprüft, seine Personalien festgestellt und die Anzeige wegen der nichtfunktionierenden Hupe erstattet gewesen. Als weitere Begründung lege er die oben genannten Schreiben in Kopie bei. Außerdem teilt der Berufungswerber noch mit, daß sein monatliches Einkommen nicht 15.000 S, sondern nur 4.396 S betrage, wie dem beigefügten Rentenbescheid zu entnehmen sei.

Die vorgelegte Berufung ist zulässig. Wenn auch die Berufung einen formellen Berufungsantrag gemäß § 63 Abs.3 AVG nicht enthält, ist dennoch klar ersichtlich, daß die Partei mit der Erledigung der erkennenden Behörde nicht einverstanden ist. Dies genügt für die Zulässigkeit der Berufung, will man nicht einen dem Geist des AVG fremden, übertriebenen Formalismus in das Verwaltungsverfahren einführen (vgl VwGH 2.10.1967, 1234/67).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, Zl.Sich96-597-1994, Einsicht genommen. Folgender für die rechtliche Beurteilung maßgeblicher Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen:

3.2. Herr Ludwig S, geb. 22.1.1935, ist deutscher Staatsangehöriger und in H, wohnhaft. Ihn treffen keine Sorgepflichten und er besitzt kein Vermögen.

Am 29. Juli 1994 stellte sich der Berufungswerber um ca 16.00 Uhr mit seinem PKW Marke Mercedes Benz 126, amtliches deutsches Kennzeichen zur Ausreisekontrolle beim damaligen Zollamt Suben an. Im Zuge der Grenzkontrolle hat der Berufungswerber seinen Personalausweis und die Kfz-Papiere dem die Grenzkontrollamtshandlung durchführenden Zollwachebeamten Insp. Daniel F ausgehändigt. Anläßlich der diesbezüglichen Kontrolle wurde eine Übertretung gemäß § 22 iVm § 102 Abs.1 KFG 1967 festgestellt. Um eine dementsprechende Anzeige legen zu können, nahm der diensthabende Zollwachebeamte die zuvor ausgehändigten Dokumente in das Zollamtsgebäude mit, um diese zu kopieren, wobei auch der Berufungswerber in besagtes Gebäude ging.

Gegen 17.30 Uhr verließ jedoch der Berufungswerber das Amtsgebäude mit den Worten: "Das interessiert mich jetzt nicht mehr, machts mit dem Zeug was wollts!", setzte sich in seinen PKW und fuhr in Richtung BRD weiter, ohne daß das diensthabende Zollwacheorgan seine Grenzkontrollamtshandlung abgeschlossen und dem Berufungswerber seine Dokumente ausgehändigt hatte.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 1 Z3 Grenzkontrollgesetz 1969 ist Grenzkontrolle die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit des Grenzübertrittes über einen Grenzübergang sowie die daraus unmittelbar folgenden und die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Amtshandlungen.

Gemäß § 9 lit.a leg.cit. sind Grenzkontrollorgane berechtigt, alle zur Prüfung der Zulässigkeit des Grenzübertrittes erforderlichen Nachweise, insbesondere die Aushändigung der nach den Rechtsvorschriften zum Grenzübertritt benötigten Dokumente, zu verlangen und diese für die Dauer der Amtshandlung in Verwahrung zu nehmen.

Gemäß § 10 Abs.1 2. Satz leg.cit. haben sich Personen, die Grenzübertritt vorgenommen haben oder vornehmen wollen, innerhalb des Grenzkontrollbereiches der Grenzkontrolle nach den jeweils geltenden Rechtsvorschriften ohne unnötigen Aufschub zu unterziehen, soweit eine solche Kontrolle stattfindet.

Gemäß § 15 Abs.1 leg.cit. begeht, sofern die Tat nicht nach einer anderen Rechtsvorschrift iSd § 1 Z1 mit einer strengeren oder gleichstrengen Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, die zuerst von der Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt hat, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit Geldstrafe bis zu 30.000 S oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer vorsätzlich (lit.b) sich oder eine der Grenzkontrolle unterliegende Sache entgegen der Vorschrift des § 10 Abs.1 oder 2 der Grenzkontrolle entzieht.

Zuvorderst ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu betonen, daß auf die Art und Weise der Durchführung der Grenzkontrolle, insbesondere auf, aus welchen Gründen auch immer herrührende, Verzögerungen nicht eingegangen werden kann und muß. Vielmehr sind für die rechtliche Beurteilung gegenständlicher Angelegenheit ausschließlich die oben angeführten Bestimmungen zu berücksichtigen. Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist es deshalb verwehrt, die im Zuge des historischen Geschehensablaufes erfolgten Dialoge und möglichen Unmutsäußerungen rechtlich zu beurteilen, soweit sie nicht auf die subjektive Tatseite des Berufungswerbers Bezug nehmen. Hinsichtlich letzten Punktes wird auf die späteren Darlegungen hinsichtlich der subjektiven Tatseite hingewiesen.

Die objektive Tatseite, nämlich daß der Berufungswerber seine Fahrt nach Deutschland fortgesetzt hat, noch bevor die diesbezügliche Grenzkontrolle beendet war, ist notorisch. Es gibt keinen Zweifel und es ist hierbei der belangten Behörde zuzustimmen, daß die Grenzkontrollamtshandlung erst beendet ist, wenn die diesbezüglichen Papiere dem Aus- bzw Einreisewilligen wieder zurückgegeben werden, dies auch dann, wenn diese Grenzkontrolle, aufgrund welcher Umstände auch immer, einige Zeit in Anspruch nimmt.

Bezüglich der subjektiven Tatseite ist anzuführen, daß der Berufungswerber das Amtsgebäude mit den Worten "das interessiert mich jetzt nicht mehr, machts mit dem Zeug was wollts!" verlassen hat. Dies steht aufgrund der glaubwürdigen Aussage von Insp. Freitag fest und wurde vom Berufungswerber im Konkreten auch nicht bestritten. Der Berufungswerber hat damit billigend in Kauf genommen und sich damit abgefunden, daß das diensthabende Zollwacheorgan damit der Möglichkeit beraubt war, die Kontrollamtshandlung zu Ende zu führen. Damit hat der Berufungswerber mit bedingten Vorsatz gehandelt. Er hätte bis zum Ende der Amtshandlung, nämlich bis zur Ausfolgung seiner Dokumente warten müssen. Zudem hätte er ja auch auf die Aushändigung seiner Fahrzeugpapiere warten müssen, weil auch in der BRD beim Lenken eines Kraftfahrzeuges die jeweiligen Fahrzeugpapiere mitzuführen sind. Im übrigen besteht auch für den ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten hat, ausreichend zu unterrichten (vgl VwGH 23.10.1986, 86/02/0064).

Bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Berufungswerber in der Berufung angegeben, daß er ein monatliches Einkommen von 4.396 S erziele. Im übrigen hat er der erst im Straferkenntnis erfolgten Schätzung dieser Verhältnisse keine etwaige entgegengesetzte Angaben gemacht. Seine Angaben in der Berufung hinsichtlich seinem monatlichen Nettoeinkommen sind aber unglaubwürdig. Daß ein (zumindest) ehemaliger Kfz-Meister lediglich 628 DM als Nettoeinkommen hat, ist völlig lebensfremd. Diese 628 DM sind zudem eine Rentenzahlung aufgrund eines Arbeitsunfalles. Es ist jedoch auch anzuführen, daß die von der belangten Behörde geschätzten 15.000 S als monatliches Einkommen auch als überhöht angesehen werden. Dennoch war die Strafhöhe des bekämpften Bescheides zu bestätigen: Zum einen beträgt die verhängte Geldstrafe nicht einmal zwei Prozent der möglichen Höchststrafe und ist somit am untersten Bereich des Strafrahmens angesetzt. Auf der anderen Seite kann der Unrechtsgehalt der Handlung aufgrund der erhöhten Bedeutung eines funktionierenden Grenzkontrollwesens nicht als unerheblich bezeichnet werden. Die verhängte Strafe ist daher tat- und schuldangemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4.1. Aufgrund der zum Teil strengformalen Judikatur der Höchstgerichte war der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses zu berichtigen, was aber auf den Sachverhalt selbst und seine rechtliche Beurteilung keine Auswirkung hat.

5. Da in jeder Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war ein Beitrag mit 20 % der verhängten Strafe, ds 100 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bestimmen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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