Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230465/2/Kei/Shn

Linz, 14.08.1996

VwSen-230465/2/Kei/Shn Linz, am 14. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Ramazan S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 5. Juli 1995, Zl.Sich96-58-1995, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er "als Erziehungsberechtigter für seinen Sohn Onur nicht dafür gesorgt" habe, "daß dieser zum gesetzten Zeitpunkt mit 02.01.1995 - Ablauf des Touristensichtvermerkes der Kindesmutter - das österreichische Bundesgebiet verlassen hat, sodaß dieser seit dem Zeitpunkt der Geburt mit 08.10.1994 ohne gültige Aufenthaltsbewilligung und damit illegal im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhältig" sei. Dadurch habe er eine Übertretung des "§ 7 VStG iVm § 15 iVm § 82 Abs.1 Z4" FrG begangen, weshalb er gemäß § 82 Abs.1 Z4 FrG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 18. September 1995, Zl.Sich96-58-1995, Einsicht genommen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 15 Abs.1 FrG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, (Z2) wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder (Z3) solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992, zukommt.

Gemäß § 82 Abs.1 Z4 FrG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15). Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.

Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

4.2. Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im folgenden Angeführte zu berücksichtigen.

Zum Tatort:

Hauer und Leukauf führen (in Hauer-Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 4. Auflage, Prugg Verlag Eisenstadt, S.937 und 938) aus: Es darf nicht übersehen werden, daß es erforderlich ist, Tatort und Tatzeit - entsprechend dem konkreten Fall - möglichst präzis anzugeben. Die Tat ist hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß (ua) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Der Vorschrift des § 44a lit.a (jetzt: Z1, Anmerkung) VStG ist dann entsprochen, wenn (ua) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Ringhofer führt zu dieser Thematik (in "Verwaltungsverfahrensgesetze II", Wien 1992, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, S 381, E 11) aus:

"Wesentlich bei der Bezeichnung der Tat ist grundsätzlich auch die Angabe der Zeit und des Orts der Begehung. Die Bezeichnung dieser Kennzeichnungsmerkmale der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch des Straferkenntnisses dient der Individualisierung der Tat und damit der Kennzeichnung der Grenzen der materiellen Rechtskraft des Bescheides; die Feststellung der Tatzeit ist aber auch für die Beurteilung der Verjährung (§ 31 Abs.2 VStG), die Feststellung des Tatorts für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit der Behörde (§ 27 Abs.1 VStG) von entscheidender Bedeutung." Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 VStG) wurde dem Bw der Tatort - siehe diesbezüglich den letzten Satz der Bestimmung des § 82 Abs.1 FrG - nicht im oa Sinn vorgeworfen.

Zur Schuld:

Der VwGH hat im Erkenntnis vom 6.2.1990, Zl.89/04/0184 zum Ausdruck gebracht: Ein wegen Beihilfe gemäß § 7 VStG verurteilendes Straferkenntnis hat in seinem § 44a lit.a (jetzt: Z1, Anmerkung) VStG betreffenden Spruchteil sowohl jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten des Beschuldigten darzustellen, durch das der Tatbestand der Beihilfe hiezu verwirklicht wird; dazu gehört der konkrete Tatvorwurf, der die Annahme rechtfertigt, der Beschuldigte habe die Tat vorsätzlich begangen.

Hauer und Leukauf führen aus (S 939): Neben der Anführung des objektiven Tatbestandes (des Tatbildes) bedarf es der Nennung subjektiver Tatbestandsmerkmale (der Schuldform) im Spruch in der Regel nur dort, wo das Gesetz ausdrücklich nur die vorsätzliche Tatbegehung unter Strafe stellt.

Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist wurde dem Bw das Tatbestandselement des Vorsatzes - siehe die Bestimmung des § 7 VStG - nicht im oa Sinn vorgeworfen.

Da eine Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses durch den O.ö. Verwaltungssenat wegen der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht möglich ist, war schon wegen dem oben Angeführten spruchgemäß zu entscheiden.

Eine Beurteilung der Frage, inwieweit andere Tatbestandselemente der dem Bw vorgeworfenen Übertretung verwirklicht wurden, erübrigt sich vor dem oben angeführten Hintergrund.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. Keinberger

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