Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230512/2/Gb/Shn

Linz, 09.10.1996

VwSen-230512/2/Gb/Shn Linz, am 9. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Gunther N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 7.5.1996, Zl.Sich96-189-1994, wegen einer Übertretung des Versammlungsgesetzes 1953 zu Recht:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, daß nach der Wortfolge: "Sie haben ..." die Worte: "als Sprecher der "A", einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, und somit ..." anzuführen sind, bestätigt.

II: Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 300 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.500 S, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil er "als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der "A" die allgemein zugängliche Versammlung am 3.6.1994 in der Dauer von 9.35 bis 10.40 Uhr auf der P im Bereich des Bosrucktunnels-Nordportal, Gemeinde Spital am Pyhrn, abgehalten (habe), ohne dies wenigstens 24 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde schriftlich anzuzeigen".

Zudem wurde ein Kostenbeitrag von 150 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Bw rechtzeitig und mündlich Berufung erhoben und dies damit begründet, daß er sich nicht als Verantwortlicher dieser Versammlung sehe, da ein Zusammenhang zwischen der erfolgten Demonstration auf der A9 und dem Aufruf zum angeführten (aktenkundigen) Aktionscamp nicht bestünde. Im übrigen verweise er auf seine Beschuldigteneinvernahme vor der nunmehr belangten Behörde am 26.3.1996, nach dessen Inhalt im Rahmen des Aktionscamps eine Blockade der A9 nicht vorgesehen gewesen sei, sondern die ca 50 anwesenden Aktivisten erst am Vorabend (des 3.6.1994) beschlossen hätten, auf der A9 ihren Protest auch gegen den Transitverkehr - zum Ausdruck zu bringen. Er habe ihnen zwar abgeraten, ihnen aber auch keine Steine in den Weg gelegt. Er sei selbst bei dieser Versammlung anwesend gewesen.

3. Die BH Kirchdorf an der Krems als nunmehr belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet, der im Grunde des § 51c VStG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt und zudem die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist, konnte von der Durchführung einer solchen Abstand genommen werden.

4. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weil kein weiterer Sachverhalt dargelegt und keine Beweise angeboten wurden, waren weitere Beweise nicht mehr aufzunehmen. Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Bw nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4.1. Wenn der Bw in der Berufung auf einen mangelnden Zusammenhang der "Demonstration" am 3.6.1994 auf der A9 und dem Aktionscamp, welches vom 28. Mai bis 5. Juni 1994 in Windischgarsten abgehalten wurde, abstellt, so ist dem entgegenzuhalten, daß ein solcher Zusammenhang gegenständlich irrelevant ist. Tatsache ist, daß am Vorabend des 3. Juni 1994 von den ca 50 anwesenden Aktivisten der "A" beschlossen wurde, am nächsten Tag ihren Protest gegen den Transitverkehr durch eine Blockade der A9 zum Ausdruck zu bringen. Es kann somit hinsichtlich der "Blockade" am 3.6.1994 davon gesprochen werden, daß es sich um keine zufällige, sondern um eine organisierte Zusammenkunft gehandelt hat.

Diese ist zweifelsfrei als Versammlung iSd Versammlungsgesetzes zu werten: Der VfGH wertet eine Zusammenkunft mehrerer Menschen nur dann als Versammlung iSd Versammlungsgesetzes, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw) zu bringen, sodaß eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht. Im gegenständlichen Fall erfolgte diese Manifestation ua durch Entrollung eines Transparentes mit dem Text: "Stoppt Pyhrn-Transit! Vermeiden - Verringern - Verlagern", welches quer über die A9, und zwar senkrecht auf der Fahrbahn, ersichtlich gemacht wurde.

Eine Blockade wäre nur dann keine Versammlung iSd Versammlungsgesetzes, wenn bloß (dh nur) eine provokative Belästigung insbesondere Unbeteiligter Ziel und Zweck einer solchen Aktion ist. Das bloße Blockieren von Straßen ist keine Versammlung iSd Versammlungsgesetzes, wenn diese Aktion erklärtermaßen ausschließlich darauf aus ist, die behinderten Personen durch die Behinderung "zum Nachdenken" zu veranlassen. Wenn aber eine (ansatzweise) manifestative Meinungsäußerung hinzukommt, ist die Aktion doch als Versammlung einzustufen. Da sich im gegenständlichen Fall die "Aktion" nicht ausschließlich auf ein Belästigen bzw Behinderung Dritter beschränkte, ist die dem Bw vorgeworfene Versammlung als solche iSd Versammlungsgesetzes zu werten.

Als zweites wesentliches Tatbestandselement des § 2 Abs.1 Versammlungsgesetz 1953 ist die Unterlassung der gehörigen Anmeldung zu berücksichtigen. Daß eine solche Anmeldung nicht erfolgt ist, wurde vom Bw auch nicht bestritten und steht auch aktenkundig fest.

In der Niederschrift über die Vernehmung des Bw vom 26.3.1996, aufgenommen bei der BH Kirchdorf/Krems, bestätigt der Bw, daß er Sprecher und Mitverantwortlicher der A ist und ihm somit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Hinblick auf die Anzeigepflicht dieser Versammlung anzulasten sei. Wenn der Bw sich nach dieser Aussage zwar auf die A beruft, so ergibt sich aber aus dem Akteninhalt, so auch aus dem Flugblatt betreffend des Aufrufes zum Aktionscamp, ganz eindeutig, daß damit nur die A gemeint sein kann. Im übrigen bestreitet er die Tatsache, daß er im angefochtenen Straferkenntnis als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der A bezeichnet wird, auch in der Berufung, welche am 15.5.1996 mündlich bei der BH Kirchdorf an der Krems erhoben wurde, nicht, sodaß der Begründung der belangten Behörde folgend auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw feststeht. Der objektive Tatbestand steht somit als erwiesen fest.

4.2. Hinsichtlich der subjektiven Seite versucht sich der Bw dahingehend zu rechtfertigen, daß er von dieser Versammlung am 3.6.1994 auf der A9 zwar abgeraten habe, den Aktivisten aber auch keine Steine in den Weg gelegt habe.

Dies kann der Berufung aber nicht zum Erfolg verhelfen: Der Bw gibt in der oben zitierten Beschuldigtenvernehmung vom 26.3.1996 selbst an und steht auch aktenkundig fest, daß er selbst bei dieser Versammlung anwesend gewesen ist. Er hat sich mit der Tatsache der Demonstration auf der A9 abgefunden und die Durchführung billigend in Kauf genommen, was gerade durch seine Anwesenheit an dieser Versammlung dokumentiert ist. Es kann somit nicht davon gesprochen werden, daß er sich klar und eindeutig von dieser Versammlung distanziert hätte, was aber sowohl nach dem inhaltlichen als auch nach dem örtlichen Zusammenhang notwendig gewesen wäre, um verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich zu sein bzw zu werden.

Im übrigen ist festzuhalten, daß nach der allgemeinen Regel des § 5 Abs.1 VStG zur Strafbarkeit nach § 19 Versammlungsgesetz 1953 bereits fahrlässiges Verhalten genügt, da diesbezüglich das Versammlungsgesetz 1953 eine besondere Verschuldensform nicht vorsieht. Eine Glaubhaftmachung, daß den Bw an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, konnte der Bw nicht darlegen. Es steht somit auch die subjektive Tatseite als erwiesen fest.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

§ 2 Abs.1 Versammlungsgesetz 1953 lautet: "Wer eine Volksversammlung oder überhaupt eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, muß diese wenigstens 24 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde (§ 16) schriftlich anzeigen. Die Anzeige muß spätestens 24 Stunden vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Versammlung bei der Behörde einlangen." § 19 leg.cit. lautet: "Übertretungen dieses Gesetzes sind, insofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Amtsgebiet einer Bundespolizeibehörde aber von dieser Behörde, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 5.000 S zu ahnden." Aufgrund der unter Punkt 4.1. und 4.2. dargelegten Erwägungen und Feststellungen ist somit die Subsumtion der dem Bw vorgeworfenen Tat unter die vorhin zitierten Vorschriften rechtmäßig erfolgt.

6. Hinsichtlich der Strafbemessung hat der unabhängige Verwaltungssenat keinen Ansatzpunkt dafür finden können, daß die belangte Behörde ihren bei der Strafbemessung auszuübenden Ermessensspielraum nicht iSd Gesetzes angewendet hätte. Überdies blieb die Begründung der belangten Behörde zu diesem Punkt auch in der Berufung unbestritten und ist davon auszugehen, daß die verhängte Strafe sowohl schuld- als auch tatangemessen ist.

6.1. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nach der im Spruch zitierten Bestimmung aufzuerlegen.

7. Die Spruchberichtigung war zur näheren Konkretisierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zulässigerweise vorzunehmen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. Keinberger

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