Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230525/2/Gb/Shn

Linz, 29.08.1996

VwSen-230525/2/Gb/Shn Linz, am 29. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Semso H, gegen das Straferkenntnis der BH Ried/I vom 3.7.1996, Zl.Sich96-272-1995-Stö, wegen einer Übertretung nach § 80 Fremdengesetz - FrG zu Recht:

I: Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, daß die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, "§ 80 Abs.2 Z1 iVm § 80 Abs.3 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr.838/1992 idgF" zu lauten hat, bestätigt.

II: Der Berufungswerber hat zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Beitrag von 2.000 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG; zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er versucht habe, die rechtswidrige Ausreise einer Fremden aus dem Bundesgebiet in die BRD zu fördern, indem er am 2.7.1995 die jugoslawische Staatsangehörige B, geb.14.2.1967, mit seinem PKW Marke Opel Omega, amtliches Kennzeichen, zum Grenzübergang Neuhaus am Inn-Schärding/Neue Innbrücke, gebracht habe. Dort habe er diese Person gegen 14.00 Uhr von Österreich nach Deutschland schleusen wollen, obwohl ihm bewußt gewesen sei, daß diese Person keine Berechtigung zur Einreise in die BRD habe. Demnach habe er die Rechtsvorschrift des § 80 Abs.1 und Abs.2 Z1 und Abs.3 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr.838/1992, verletzt.

Begründend führt die belangte Behörde aus, daß der als erwiesen angenommene Sachverhalt nicht bestritten worden ist und der Bw anläßlich seiner Einvernahme bei der Behörde am 14.12.1995 ein Geständnis abgelegt habe. Mit Strafbefehl des Amtsgerichtes Passau vom 9.10.1995 sei er im Zusammenhang mit dieser Tat wegen des Mißbrauches von Ausweispapieren nach § 281 StGB (BRD) zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Dieser Sachverhalt sei auch vom BG Schärding im Hinblick auf das Vorliegen des gerichtlich strafbaren Tatbestandes nach § 231 StGB geprüft worden. Mit Beschluß vom 29.3.1996 sei aber von einer Verfolgung gemäß § 34 Abs.2 StPO abgesehen worden. Nach Zitierung der gegenständlich maßgeblichen Rechtsvorschriften verneint die belangte Behörde das Vorliegen einer Subsidiarität im Hinblick auf § 84 FrG, weil die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung keinen gerichtlich strafbaren Tatbestand darstelle, da ihm nicht der Gebrauch eines fremden Ausweises, sondern das Verhalten vorher als Schlepperei angelastet worden sei. Auch der Strafbefehl des Amtsgerichtes Passau beziehe sich ausschließlich auf den Mißbrauch eines Ausweispapieres, sodaß durch die mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe auch keine Doppelbestrafung vorliege. Beiden Entscheidungen liege ein anderer Tatbestand zugrunde.

Bei der Strafbemessung seien die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Hinblick auf die §§ 80 ff FrG hervorgehoben und näher erläutert worden. Als erschwerend wurde gewertet, daß der Bw rund eine Woche vor dem 2.7.1995, nämlich am 26.6.1995 beim Grenzübergang Obernberg/Bad Füssing erfolglos versucht habe, zwei bosnische Staatsangehörige ebenfalls auf die gleiche Weise in die BRD zu schleusen. Damit hätte dem Bw die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewußt sein müssen und erscheine die verhängte Geldstrafe in Höhe von 20 % des gesetzlichen Strafrahmens auch weiters unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse angemessen, sodaß spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

I.2. Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Bw Berufung erhoben und als Berufungsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht, da die belangte Behörde § 84 FrG rechtswidrig ausgelegt habe. Die belangte Behörde unterteile das Handlungsgeschehen in zwei Abschnitte, nämlich in den ersten bis zum Vorzeigen der Reisedokumente, und in den zweiten, der Vorlage der falschen Ausweispapiere.

Bei solcher Auslegung könne es auch zu einer Verwaltungsstrafe wegen Schlepperei und einer Gerichtsstrafe wegen Schlepperei kommen. Dann nämlich, wenn ein Schlepper mit einem illegalen Fremden zum Grenzübergang fährt und er am Grenzübergang fünf weitere illegale Fremde einsteigen läßt, um sie über die Grenze zu transportieren.

Der Bw beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

I.3. Die BH Ried/I als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da sich die Berufung zudem auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung stützt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist, konnte von der Durchführung einer solchen Verhandlung Abstand genommen werden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt Beweis erhoben und einen genügend geklärten Sachverhalt, der im übrigen mit dem Akteninhalt übereinstimmt, vorgefunden, sodaß auch für den unabhängigen Verwaltungssenat der von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Sachverhalt fest steht, da überdies der Sachverhalt selbst nicht bestritten wurde und auch keine diesbezüglichen Beweise angeboten worden sind. Zusätzlich steht fest, daß der Bw mit Strafbefehl des Amtsgerichtes Passau vom 9.10.1995, Geschäftsnummer 102 Js 11844/95, wegen des Mißbrauches von Ausweispapieren nach § 281 StGB (BRD) hinsichtlich des Vorfalles am 2.7.1995 am Grenzübergang Neuhaus/Inn, Neue Innbrücke bestraft worden ist und mit 1.11.1995 rechtskräftig ist. Auch hinsichtlich des Mißbrauchs von Ausweispapieren am 26.6.1995 wurde vom Amtsgericht Passau, Zweigstelle Rotthalmünster zu Zl.209 Js 9884/95 mit 7.9.1995 ein Strafbefehl erlassen.

Hinsichtlich der Verwaltungsübertretung am 2.7.1995 hat der Bezirksanwalt beim BG Schärding am 21.3.1996 eine Erklärung gemäß § 34 Abs.2 StPO abgegeben, wonach von der strafgerichtlichen Verfolgung abgesehen wurde.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

I.5.1. Gemäß § 80 Abs.1 FrG ist Schlepperei die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden, gleichgültig ob sie vor oder nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenthaltes des Fremden im Bundesgebiet gewährt wird.

Gemäß § 80 Abs.2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist (Z1) mit Geldstrafe bis zu 50.000 Schilling zu bestrafen, wer vorsätzlich Schlepperei begeht oder vorsätzlich an ihr mitwirkt, wobei gemäß Abs.3 leg.cit. der Versuch einer Übertretung nach Abs.2 strafbar ist.

Gemäß § 84 leg.cit. liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat nach den §§ 80, 82 oder 83 den Tatbestand eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

I.5.2. Im Hinblick auf die vom Bw angenommene Subsidiaritätsklausel des § 84 FrG ist, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die ausführlichen und gründlichen Ausführungen der belangten Behörde zu verweisen. Ergänzend dazu ist auszuführen, daß der Ausschluß verwaltungsbehördlicher Strafbarkeit nur dann eintritt, wenn ein und dieselbe Tat auch den Tatbestand einer gerichtlichen strafbaren Handlung bildet; werden in einem Geschehensablauf zwei "Taten" hintereinander gesetzt, kann das eine Mal der Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung, das andere Mal eine Verwaltungsübertretung gegeben sein (HickischKepplinger, Handbuch zum Fremdengesetz, 1995, Anmerkung 2 zu § 84, p. 535).

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis spruchgemäß vorgeworfen wurde, daß er am 2.7.1995 die näher bezeichnete jugoslawische Staatsangehörige mit seinem PKW zum näher bezeichneten Grenzübergang gebracht habe, wo er diese Person von Österreich nach Deutschland schleusen wollte, obwohl er gewußt habe, daß diese Person keine Berechtigung zur Einreise in die BRD gehabt habe.

Der Spruch bzw die dem Bw vorgeworfene Verwaltungsübertretung geht also mit keinem Wort auf einen rechtswidrigen Gebrauch fremder Ausweise ein, sodaß schon aus diesem Grund das Berufungsvorbringen nicht geeignet ist, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses darzutun.

§ 80 Abs.1 FrG enthält keinen Hinweis darauf, daß diese Vorschrift auf einen rechtswidrigen Gebrauch fremder Ausweise abstelle, vielmehr und geradezu entgegengesetzt dazu, spricht § 80 Abs.1 leg.cit. davon, daß die Schlepperei die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden ist, und zwar gleichgültig davon, ob sie vor oder nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenthaltes des Fremden im Bundesgebiet gewährt wird.

Es hat der VwGH bereits mehrmals ausgesprochen, daß im Verhältnis von Justiz- und Verwaltungsstrafrecht der Grundsatz, daß niemand wegen ein und derselben Tat zweimal bestraft werden darf, nur dann zur Anwendung kommt, wenn aus der Fassung der Verwaltungsvorschrift die Ablehnung des Kumulationsgrundsatzes (§ 22 VStG) hervorgeht, wenn also das Gesetz ausdrücklich eine Einschränkung des Kumulationsprinzips vorsieht (vgl Ringhofer, Verwaltungsverfahren, Band II, zu § 22 E29 und E30 mn) oder ein Fall bloß scheinbarer Konkurrenz vorliege (Ringhofer, E33). Dabei schließen Strafdrohungen dann einander aus, wenn nicht jedes Tatbild für sich alleine und beide gleichzeitig verwirklicht werden können, also die Verwirklichung des einen Tatbestandes die Verwirklichung des anderen zwingend nach sich zieht.

Aufgrund der oben angestellten Überlegungen ist somit deutlich gemacht, daß der dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Tatbestand weit über jenen des § 231 StGB hinausgeht und die Verwirklichung des einen Tatbestandes die Verwirklichung des anderen nicht zwingend nach sich zieht, sodaß die belangte Behörde das Vorliegen der Subsidiarität gemäß § 84 FrG zutreffend und rechtmäßig verneint hat.

I.6. Hinsichtlich der Strafbemessung ist die Berufung der Begründung der belangten Behörde hiezu nicht entgegengetreten. Richtigerweise wurde als erschwerend gewertet, daß der Bw rund eine Woche vor dem 2.7.1995, nämlich am 26.6.1995 beim Grenzübergang Obernberg/Bad Füssing ebenfalls auf die gleiche Weise versucht hatte, zwei bosnische Staatsangehörige in die BRD zu schleusen. Wenn auch diese Verwaltungsübertretung zum Zeitpunkt der nunmehr vorgeworfenen Verwaltungsübertretung noch nicht rechtskräftig und somit auch nicht iSd § 19 Abs.2 VStG iVm § 33 Z2 StGB als besonderer Erschwerungsgrund gewertet werden kann, ist aber dennoch iSd § 32 Abs.2 StGB zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters zurückzuführen ist. Richtigerweise hat in diesem Zusammenhang die belangte Behörde ausgeführt, daß dem Bw die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens deshalb bewußt gewesen sein hätte müssen und daß aufgrund der erneuten Verwaltungsübertretung derselben Art nur ca eine Woche nach dem Vorfall am 26.6.1995 zumindest eine mit den diesbezüglichen Vorschriften des Fremdengesetzes gleichgültige Einstellung des Bw abzuleiten ist und somit auch die verhängte Strafe sowohl schuld- als auch tatangemessen ist.

Insbesondere sind auch keine Milderungsgründe hervorgekommen. Absolute Unbescholtenheit liegt aktenkundig nicht vor. Auch ein besonderer Milderungsgrund des § 34 Z17 StGB liegt nicht vor, da der Bw anläßlich der Beschuldigtenvernehmung am 14.12.1995 vor der BH Ried/I bloß das tatsächlich Festgestellte zugegeben hat und somit nicht davon gesprochen werden kann, daß der Bw durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.

I.7. Die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, war im Hinblick auf § 1 Abs.1 VStG zu berichtigen, da zum Tatzeitpunkt am 2.7.1995 das Fremdengesetz FrG idgF, dh in der Fassung BGBl.Nr.505/1994, anzuwenden war.

II. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw aufgrund der im Spruch zitierten gesetzlichen Bestimmungen ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. Keinberger

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