Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230529/2/Kei/Shn

Linz, 31.10.1997

VwSen-230529/2/Kei/Shn Linz, am 31. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der D, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 17. Juni 1996, Zl. Sich96-33-1996-TM/MR, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z3 und § 51 Abs.1 VStG II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG) lautet:

"Sie haben als gesetzliche Vertreterin Ihren beiden mj. Kindern Davor, geb. 6.5.1985, und Sladana, geb. 13.10.1987, ebenfalls kroatische Staatsangehörige, vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, da sich Ihre Kinder am 20.9.1995 in H, angemeldet haben und sie sich nach Ablauf des erlaubten dreimonatigen sichtvermerksfreien Aufenthaltes am 20.12.1995, sich somit seit 21.12.1995 im Bundesgebiet aufhalten, ohne im Besitze eines gültigen Sichtvermerkes oder einer gültigen Aufenthaltsbewilligung zu sein. Die Berufungswerberin (Bw) habe dadurch eine Übertretung des § 7 VStG iVm § 82 Abs.1 Z4 und § 15 FrG begangen, weshalb sie gemäß § 82 Abs.1 FrG zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden). 2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die fristgerecht erhoben wurde. 3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26. Juli 1996, Zl. Sich96-33-1996-TM/MR, Einsicht genommen. 4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 15 Abs.1 Z2 und 3 FrG lauten: Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, ... 2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder 3. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992, zukommt. § 82 Abs.1 Z4 FrG lautet: Wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 Schilling zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes. § 7 VStG lautet: Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist. 4.2. Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im folgenden Angeführte zu berücksichtigen. Hauer und Leukauf führen im "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, Linde Verlag, S.969 und 970 aus: Es darf nicht übersehen werden, daß es erforderlich ist, Tatort und Tatzeit - entsprechend dem konkreten Fall - möglichst präzis anzugeben. Die Tat ist hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß (ua) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Der Vorschrift des § 44a lit.a (jetzt: Z1, Anmerkung) VStG ist dann entsprochen, wenn (ua) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Ringhofer führte zu dieser Thematik (in "Verwaltungsverfahrensgesetze II", Wien 1992, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, S 381, E 11) aus: "Wesentlich bei der Bezeichnung der Tat ist grundsätzlich auch die Angabe der Zeit und des Orts der Begehung. Die Bezeichnung dieser Kennzeichnungsmerkmale der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch des Straferkenntnisses dient der Individualisierung der Tat und damit der Kennzeichnung der Grenzen der materiellen Rechtskraft des Bescheides; die Feststellung der Tatzeit ist aber auch für die Beurteilung der Verjährung (§ 31 Abs.2 VStG), die Feststellung des Tatorts für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit der Behörde (§ 27 Abs.1 VStG) von entscheidender Bedeutung." Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Ausdruck gebracht: "Ein wegen Beihilfe gemäß § 7 VStG verurteilendes Straferkenntnis hat in seinem § 44a Z1 VStG betreffenden Spruchteil sowohl jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten des Beschuldigten darzustellen, durch das der Tatbestand der Beihilfe hiezu verwirklicht wird; dazu gehört der konkrete Tatvorwurf, der die Annahme rechtfertigt, der Beschuldigte habe die Tat vorsätzlich begangen (VwGH vom 6. Februar 1990, Slg.13112A, VwGH vom 15. September 1992, Zl.91/04/0033)." "Wird jemand der Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt, so ist im Spruch auch konkret - unter Angabe von Zeit, Ort und Inhalt der Beihilfehandlung - das als Beihilfe gewertete Verhalten zu umschreiben. Der Vorwurf, der Beschuldigte habe die Begehung näher umschriebener Verwaltungsübertretungen" ... "ERLEICHTERT, reicht für die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat iSd § 44a Z1 VStG nicht aus (VwGH vom 23. Februar 1995, Zl. 92/18/0277)." Dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses (in Zusammenhang mit dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 19. April 1996) ist zu entnehmen, daß es sich bei der Adresse "4614 Holzhausen, Jebenstein 16" um den Tatort im Hinblick auf eine Übertretung der Bestimmung des § 82 Abs.1 Z4 iVm § 15 FrG gehandelt hat, die der der Bw vorgeworfenen Übertretung (§ 7 VStG iVm § 82 Abs.1 Z4 und § 15 FrG) zugrunde gelegen ist. Der O.ö. Verwaltungssenat geht davon aus, daß es sich bei dieser Adresse um den Ort des Aufenthaltes der Kinder der Bw Davor und Sladana gehandelt hat (siehe die Bestimmung des § 82 Abs.1 Z4 letzter Satz FrG). Als Tatort wäre im gegenständlichen Zusammenhang wohl die Adresse des Gemeindeamtes Holzhausen (gemäß § 13 Abs.1 Meldegesetz ist der Bürgermeister eine Meldebehörde) in Betracht gekommen. Dieser Tatort wurde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 VStG) weder so beschrieben, daß er den oben angeführten Erfordernissen genügen würde noch der Bw vorgeworfen. Eine diesbezügliche Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses durch den O.ö. Verwaltungssenat war wegen der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht möglich. Vor dem angeführten Hintergrund erübrigt sich eine Beurteilung der Frage, inwieweit andere Tatbestandsmerkmale der der Bw vorgeworfenen Übertretung verwirklicht wurden und es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden. Es wird in diesem Zusammenhang auch auf die Erkenntnisse des O.ö. Verwaltungssenates, Zl. VwSen-230479/2/Br vom 27. Dezember 1995 und Zl. VwSen-230526/2/Kei/Shn vom 7. Oktober 1997, hingewiesen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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