Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230546/20/Kei/Shn

Linz, 06.02.1998

VwSen-230546/20/Kei/Shn Linz, am 6. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Guschlbauer, dem Beisitzer Dr. Wegschaider und dem Berichter Dr. Keinberger über die Berufung des Rexhep K, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. Oktober 1996, Zl. III/S 2.014/96-2, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 1997, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird ihr insoferne teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 13.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 134 Stunden herabgesetzt wird. Anstelle von "23.45 Uhr" wird gesetzt "22.45 Uhr". Die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, lautet "§ 80 Abs.1 iVm Abs.2 Z1 FrG" und die Strafsanktionsnorm lautet "§ 80 Abs.2 Z1 FrG".

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 51 Abs.1 und § 51i VStG II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 1.300 S, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1und 2 und § 65 VStG Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt, weil er "insoferne vorsätzlich Schlepperei begangen" habe, "indem er am 28.12.1995 in den Abendstunden zusammen mit M die zwei jug. Staatsangehörigen H und K sowie deren drei Kinder in seinem PKW mit Kennzeichen von Linz bis zur österr.-deutschen Grenze nächst Grenzübergang Achleiten verbracht" habe "und sie dort gegen 23.45 Uhr aussteigen" habe lassen, "damit diese dort von M ohne Sichtvermerk und über die grüne Grenze in die BRD geführt werden konnten, während er mit seinem PKW die Grenzstelle passiert" hätte "und auf deutschem Staatsgebiet die Genannten wieder in seinem PKW" aufgenommen hätte und "dadurch zusammen mit M die rechtswidrige Ausreise der genannten Personen gefördert" hätte. Der Bw habe dadurch eine Übertretung des § 80 Abs.1 und Abs.2 FrG begangen, weshalb er gemäß § 80 Abs.2 Z1 FrG zu bestrafen gewesen sei. 2. Gegen dieses dem Bw am 4. November 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 11. November 1996 der Post zur Beförderung übergeben und die fristgerecht erhoben wurde. Der Bw brachte in der Berufung vor (wörtliche Wiedergabe): "Ich, R, geb. am 2.11.1950 in T, wohnhaft in L, berufe gegen die Straferkenntnis vom 29.10.1996. Ich wollte am 28.12.1995 meinen Cousin in Deutschland, B, besuchen. Ich fuhr um ca. 21.30 Uhr von Linz nach Passau. Beim Grenzübergang Achleiten wurde ich kontrolliert von Beamten und darauf durfte ich anstandslos die Grenze passieren. Einige Kilometer später sah ich am Straßenrand zwei Kinder und eine Frau beim Autostoppen. Sie erklärten, aus Albanien zu kommen und ersuchten mich, sie bis zur nächsten Autobahnraststätte mitzunehmen, weil es so kalt war. Nach ca. 300 m hielt ich bei einem Mann, der nach Vilshofen wollte. Ich nahm ihn mit und erklärte ihm, daß ich nach Bad Birnbach wollte.

In der nächsten Stadt wurden wir aufgehalten von zwei Autos (Audi 80) der Polizei und nochmals kontrolliert. Nach der Kontrolle wurde festgestellt, daß die mitgenommenen Personen keine Ausweispapiere hatten. Wir wurden wieder zum Grenzübergang zurückgebracht. Ich wurde bis zum nächsten Morgen festgehalten. Am nächsten Morgen erklärte ich den zuständigen Beamten, daß ich diese Personen nur zufällig kennengelernt habe und daß ich sie noch nie in meinem Leben gesehen habe. Die deutschen Beamten verhängten eine Strafe von S 2000.- und schickten mich wieder nach Österreich zurück. Damit war für mich dieses Problem erledigt. Ich habe nichts mit Schlepperei zu tun. Ich bin seit 8 Jahren in Österreich beschäftigt und habe noch nie Probleme mit der Polizei gehabt. Ich wurde angeklagt, obwohl ich nichts damit zu tun hatte. Ich bin ein seriöser Mensch und habe mit diesen Dingen nichts zu tun. Ich bin ein Familienvater und arbeite in meiner Firma. Ich habe diese Leute nur mitgenommen, weil es kalt war. Ich glaube, diese Unwahrheiten, die über mich erzählt wurden, und diese Aussagen der Leute sind falsch. Diese Leute sollen mir ins Gesicht sagen, daß ich so etwas getan habe! Mir ist nicht bekannt, daß das Mitnehmen von Autostoppern verboten ist. Ich habe 7 Kinder und bin Alleinverdiener. Ich kann mir eine Strafe von 22000.- nicht leisten und ich bitte um Rücksichtnahme und um Verständnis für meine Situation." 3. Da im angefochtenen Bescheid eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der O.ö. Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Der O.ö. Verwaltungssenat hat am 18. Dezember 1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt. In dieser Verhandlung wurde der Bw einvernommen und es wurden verlesen die Niederschriften, die am 29. Dezember 1995 mit H und K aufgenommen worden waren, welche Personen im Ausland aufhältig und trotz Ladung zur Verhandlung nicht erschienen waren. Ferner wurden die am 29. Dezember 1995 und am 29. März 1996 mit M aufgenommenen Niederschriften verlesen. Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Angehörigen der ehemaligen Republik Jugoslawien K und H - diese beiden Personen waren Geschwister - und die drei Kinder der H sind ca am 24. Dezember 1995 von Podujevo (ehemalige Republik Jugoslawien) aufgebrochen und fuhren gemeinsam mit anderen Personen mit Bussen nach Ungarn. Sie reisten an der österreichisch-ungarischen Grenze ordnungsgemäß in Österreich ein. Am 27. Dezember 1995 fuhren die angeführten Personen nach Linz. In Linz verbrachten sie die Nacht vom 27. auf den 28. Dezember 1995. Am 28. Dezember 1995 abends wurden die fünf angeführten Personen durch den Bw abgeholt und sie fuhren danach mit dem PKW des Bw, einem Opel Kadett mit dem Kennzeichen gemeinsam mit dem Bw und mit M - einem Angehörigen der ehemaligen Republik Jugoslawien, der in Linz wohnte - von Linz Richtung deutsche Grenze. Vor dem Grenzübergang Achleiten stiegen mit Ausnahme des Bw die Personen, die im PKW mitgefahren waren, aus dem PKW und überquerten anschließend abseits von Grenzübergängen die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland. Der Bw passierte die Grenze beim Grenzübergang Achleiten und fuhr dann Richtung Passau weiter. Die oa Personen stiegen, nachdem der Bw den Grenzübergang Achleiten passiert hatte, wieder in den PKW des Bw ein. Danach wurde der PKW des Bw von Bediensteten der deutschen Grenzpolizei (Zivilstreife) angehalten. Mit den Personen, die im PKW des Bw mitgefahren waren, wurden anschließend Niederschriften durch Bedienstete der deutschen Grenzpolizei aufgenommen. Der Vater von K und von H hatte einige Tage vor dem 29. Dezember 1995 in Podujevo an eine "Organisation, die als Agency geführt wurde", für die Einschleusung der K und H nach Deutschland im Wege über Österreich einen Betrag in der Höhe von ca 10.000 DM bezahlt. An den Bw wurde durch die angeführten Personen, die aus der ehemaligen Republik Jugoslawien gekommen waren, unmittelbar nichts bezahlt bzw keine sonstige Leistung erbracht. 4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 80 Abs.1 und 2 FrG lauten: (1) Schlepperei ist die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden, gleichgültig ob sie vor oder nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenthaltes des Fremden im Bundesgebiet gewährt wird. (2) Wer vorsätzlich Schlepperei begeht oder vorsätzlich an ihr mitwirkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist 1. mit Geldstrafe bis zu 50 000 Schilling zu bestrafen; 2. sofern er die Tat um seines Vorteiles willen begeht, mit Geldstrafe bis zu 200 000 S zu bestrafen.

4.2. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen insbesondere auf Grund der Aussagen des K und der H. Diesen Aussagen wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung gründet sich insbesondere darauf, daß die Aussagen dieser beiden Personen im Hinblick auf den in Punkt 3 angeführten Sachverhalt im wesentlichen übereinstimmend waren. Den Aussagen des Bw wird demgegenüber eine geringere Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung gründet sich auf den persönlichen Eindruck, den der Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat hinterlassen hat und darauf, daß seine Darlegung des Sachverhaltes lebensfremd ist - zB ist es lebensfremd, daß so viele Autostopper mitgenommen werden, daß in einem Opel Kadett fünf Personen am Rücksitz Platz nehmen müssen. Die Angaben des Mitverdächtigten A, dem ebenfalls wie dem Beschuldigten das Privileg zukommt, nicht die Wahrheit sagen zu müssen, konnten, weil er bei sofortigem Geständnis Gefahr liefe in seine offenbar nicht so nahestehende Heimat abgeschoben zu werden, nicht überzeugen. Angesichts der glaubwürdigen Angaben der Zeugen K und H hat der Bw vorsätzlich gehandelt. Durch das in Punkt 3 angeführte Verhalten des Bw wurde der objektive Tatbestand des § 80 Abs.1 iVm Abs.2 Z1 FrG verwirklicht. Die Berichtigung der offensichtlich aus einem Versehen von der Ersten Instanz mit 23.45 an Stelle von 22.45 bezeichneten Tatzeit war auch im Berufungsverfahren noch zulässig, zumal auch keine Gefahr der Doppelbestrafung gegeben war. 4.3. Zur Strafbemessung:

§ 19 VStG lautet: (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. (2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Der Bw ist arbeitslos und bezieht ein Arbeitslosengeld in der Höhe von 7.000 S monatlich. Der Bw hat kein Vermögen, er ist sorgepflichtig für die Gattin und für drei Kinder. Den Bw unterstützt sein Halbbruder, der in Österreich lebt. Da einige rechtskräftige und nicht getilgte nicht einschlägige Vormerkungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht vorliegen, kommt nicht der Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen. Milderungsgründe liegen nicht vor. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Als gravierend wird beurteilt, daß die gegenständliche Übertretung im Hinblick auf eine hohe Anzahl von Personen - nämlich fünf - begangen wurde. Das Herabsetzen der Geldstrafe ist in den oben angeführten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen begründet. Die nunmehr reduzierte Geldstrafe liegt deutlich im unteren Bereich des gesetzlich normierten Strafrahmens. Sie wird im Hinblick auf die oben angeführten Strafbemessungsgründe als ausgewogen und angemessen angesehen. Eine weitere Reduzierung war vor allem aus dem Grund der Spezialprävention nicht möglich. Die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe wurde durch die belangte Behörde - eine diesbezügliche Begründung ist dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen - zu hoch bemessen. Einer verhängten Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S hätte eine angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 134 Stunden entsprochen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse waren nur bei der Bemessung der Geldstrafe zu berücksichtigen. Die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe wurde vor diesem Hintergrund nicht weiter als auf 134 Stunden herabgesetzt.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens spruchgemäß zu reduzieren. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Beilage Dr. Guschlbauer

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