Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230559/13/Lg/Bk

Linz, 24.01.1998

VwSen-230559/13/Lg/Bk Linz, am 24. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 14. Jänner 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 3. Dezember 1996, Zl.Sich96-121-1996-WIM/MR, wegen Übertretung des Versammlungsgesetzes, BGBl.Nr. 98/1953 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt, weil er am 11.3.1996, 11.00 Uhr, als Teilnehmer einer nicht rechtzeitig angezeigten, um 8.05 bzw 8.10 Uhr aufgelösten Versammlung in S, am Traunufer, im Bereich des Widerstandscamps Mexiko den Versammlungsort nicht sogleich verlassen habe und damit seiner Verpflichtung, auseinanderzugehen, nicht nachgekommen sei.

In der Begründung nimmt das angefochtene Straferkenntnis unter anderem Bezug auf die dienstliche Wahrnehmung des Einsatzleiters der BH Wels-Land (Mag. P) vom 11.3.1996 (wiedergegeben im Aktenvermerk vom 18.3.1996), die Rechtfertigungen des Bw vom 17.4.1996 und vom 11.7.1996 sowie die zeugenschaftliche Aussage von Oberstleutnant L vom 30.8.1996. 2. In der Berufung wird ua geltend gemacht, daß zum im angefochtenen Straferkenntnis angegebenen Tatzeitpunkt keine Versammlung mehr vorgelegen sei. Das Verhalten des Bw nach der Versammlung habe daher das Auflösungsziel nicht berührt. Der Bw habe auch gar nicht an einer Versammlung teilnehmen wollen, er sei nur Zaungast gewesen. Daß der Bw das Manifestationsziel subjektiv unterstützt habe, erfülle den vorgeworfenen Tatbestand nicht. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Bw in der Nähe des Baumes mit einem Baumhaus aufgehalten, in welchem sich C befunden und welche den Bw gebeten habe, ihr ein hinuntergefallenes Buch und einen Film hinaufzureichen. Die Position des Bw habe keine Behinderung für die sicherzustellenden Holzbringungsarbeiten dargestellt. Das Baumhaus sei von den Camps Mexiko und Jamaica ca 40-50 m entfernt gewesen. T habe sich zum Zweck der Beobachtung und der Medienberichterstattung dort befunden.

3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde das Einsatzvideo abgespielt. Daraus ist ersichtlich, daß die Versammlungsauflösung mittels Megaphon kurz nach 8.00 Uhr verkündet wurde. Das Megaphon war dabei vor allem in Richtung Traun gerichtet; es wurde während der Durchsage geschwenkt. Teilweise waren Rückkoppelungen hörbar. Aus den Aussagen des Bw ließ sich rekonstruieren, daß er zu diesem Zeitpunkt sich in der Nähe des "Gaslagers" befand. Die Verständlichkeit der Megaphondurchsage auf diesem Standort wurde selbst von Obstlt. M in Zweifel gezogen. Der Vertreter des Bw verwies zudem darauf, daß sich in der Nähe des Standorts des Bw eine Absperrung mit einer Menge Schaulustiger befand, deren Lärmerzeugung die Hörbarkeit der Megaphondurchsage zusätzlich beeinträchtigte. Der Bw beteuerte, die Megaphondurchsage nicht gehört zu haben. Er habe nur gewußt, daß das Gelände geräumt werden würde. Der Bw brachte weiters unwiderlegt vor, erst kurz vor seiner Festnahme über den Steilhang zum Baum der Frau T gegangen zu sein, um ihr die herabgefallenen Notizzettel hinaufzureichen und um die "Verwüstung" des Camps durch die Bauarbeiter anzuschauen. Dabei sei er festgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die Festnahmen der Versammlungsteilnehmer aber längst abgeschlossen gewesen. Diese letztgenannte Aussage wurde nicht nur durch den Zeugen S sondern vor allem auch durch das Einsatzvideo bestätigt.

Der Zeuge Obstlt. M bestätigte, daß das Video keine andere Interpretation zuläßt, als das zwischen der letzten Festnahme eines Versammlungsteilnehmers (von einer Festnahme T sei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes abgesehen worden) und der Festnahme des Bw gut 1 1/2 Stunden lagen. Er revidierte daher ausdrücklich seine diesbezüglichen gegenteiligen früheren Aussagen. Auch der Vertreter der belangten Behörde, der damalige Einsatzleiter, hielt diesem Befund Obstlt. M nichts entgegen. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Der unabhängige Verwaltungssenat geht im Hinblick auf die unbestrittenen Ausführungen der Schilderung des Exekutiveinsatzes im erstbehördlichen Akt, die Schilderung der Situation durch den Zeugen Obstlt. M und des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung und die Beurteilung der Situation durch den Verfassungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 26.2.1997, Zl. B 2728/96) davon aus, daß am Morgen des 11.3.1996 eine Versammlung vorlag. Ferner geht der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß der Bw das Gelände, auf welchem die Versammlung stattgefunden hatte, erst betrat, nachdem der letzte Versammlungsteilnehmer 1 1/2 Stunden zuvor abtransportiert worden war. Es lag daher keine Versammlung mehr vor; der Begriff der Versammlung setzt ua die Zusammenkunft mehrerer Menschen voraus (vgl. das obzitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes). Ferner kann nicht davon gesprochen werden, daß sich der Bw an der Versammlung beteiligt hatte und iSd § 14 VersG seiner Pflicht als "Anwesender", den "Versammlungsort ... zu verlassen und auseinanderzugehen" nicht nachgekommen wäre. Bei diesem Ermittlungsergebnis erübrigt sich eine Erörterung der Frage, ob der Bw die Megaphondurchsage gehört hatte bzw welche rechtlichen Konsequenzen sich verneinendenfalls daraus ergeben könnten. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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