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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230560/3/Kei/Shn

Linz, 19.03.1998

VwSen-230560/3/Kei/Shn Linz, am 19. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der Birgit B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 6. Dezember 1996, Zl. Sich96-108-1996-WIM/MR, wegen einer Übertretung des Versammlungsgesetzes, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird ihr insoferne teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe mit 1.000 S festgesetzt wird. Anstelle von "um 08.35 Uhr den Versammlungsort nicht sogleich verlassen" wird gesetzt "um 08.34 Uhr den Versammlungsort noch nicht verlassen hatten" die Verwaltungsvorschriften, die durch die Tat verletzt worden sind, lauten "§ 14 Abs.1 iVm § 19 Versammlungsgesetz", die Strafsanktionsnorm lautet "§ 19 iVm § 14 Abs.1 Versammlungsgesetz" und die Wendung "ge- mäß § 16 Abs.2 VStG, BGBl.52/1991 idgF" wird gestrichen. Der auf die erlittene Vorhaft anzurechnende Betrag beträgt 20,85 S. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 19a und § 51 VStG.

II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 100 S, zu leisten. Die Vor-schreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet: "Sie haben als Teilnehmer einer nicht rechtzeitig angezeigten Versammlung (die gemäß § 2 Abs.1 Versammlungsgesetz, BGBl.Nr. 98/1953 i.d.g.F., mindestens binnen 24 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung bei der zuständigen Behörde angemeldet werden muß) gegen den Bau des Kraftwerkes Lambach, am rechten Traunufer, Marktgemeinde Stadl-Paura (im Bereich des Widerstandscamps 'Mexico') am 11.3.1996 um 08.35 Uhr den Versammlungsort nicht sogleich verlassen und sind der gesetzlichen Verpflichtung, auseinanderzugehen, nicht nachgekommen, obwohl diese Versammlung von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 11.3.1996 um 08.05 Uhr und nochmals um 08.10 Uhr mittels Megaphon behördlich untersagt und aufgelöst worden ist. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 14 iVm. § 19 Versammlungsgesetz, BGBl. 98/1953 i.d.g.F. Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von Schilling 3.000,-- gemäß § 19 iVm. § 14 Versammlungsgesetz, BGBl. 98/1953 i.d.g.F., falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden gemäß § 16 Abs.2 VStG, BGBl. 52/1991 idgF. Die Vorhaft von 08.35 Uhr bis 09.45 Uhr = S 20,85 wird angerechnet. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je einTag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 3.279,15 Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." 2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die fristgerecht erhoben wurde. Die Bw brachte in der Berufung vor: "Das Straferkenntnis wird sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angefochten. Als Berufungsgrund wird unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Der angerufene UVS hat sich mit sicherheitsbehördlichem Vorgehen am 11.3.1996 auf Grund von Maßnahmenbeschwerden zu VwSen 420.105 auseinandergesetzt. Das Vorliegen einer Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes wurde bejaht. Gegen dieses Erkenntnis wurde am 26.8.1996 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. In dieser Beschwerde wird ausführlich begründet, warum keine Versammlung, sondern lediglich ein Campieren, bzw. Besetzen, vorlag. Es bleibt anzuwarten, ob sich der Verfassungsgerichtshof der Argumentation der Beschwerdeführerin anschließt oder jener des zuständigen Mitgliedes des UVS. In der Herbstsession hat der Verfassungsgerichtshof kein Erkenntnis mehr gefällt, es ist aber damit zu rechnen, daß es in der Frühjahrssession gefällt werden wird. Das Erkenntnis ist deshalb für die weitere Rechtsentwicklung von Interesse, weil es - soweit sichtbar - noch kein höchstgerichtliches Erkenntnis zum § 37 Sicherheits-polizeigesetz gibt. Berufung wegen Strafe: Verwiesen wird auf das 'Leiterkenntnis' in der Verwaltungsstrafsache Barbara S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9.8.1996, Sich96-112-1996. Genauso wie bei Barbara S ist als Milderungsgrund die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu beachten. Weiters ist die Einkommenssituation erheblich ungünstiger als von der Erstbehörde angenommen. Mit einer Bestrafung im unteren Drittel des Strafrahmens kann auch in diesem Verfahren das Auslangen gefunden werden. Es wird daher beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat möge der Berufung Folge geben, das Straferkenntnis zur Gänze aufheben; jedenfalls aber die Strafe schuldangemessen herabsetzen." 3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmann-schaft Wels-Land vom 14. Jänner 1997, Zl. Sich96-108-1996-WIM/MR, in das Schreiben der Bw vom 5. März 1997, in das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 1997, Zl. B 2728/96-7 und in das Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 11. Juli 1996, Zl. VwSen-420105/9/Gf/Atz, Einsicht genommen. Am 18. März 1996 wurde durch die belangte Behörde ein den gegenständlichen Zusammenhang betreffender Aktenvermerk aufgenommen. Dieser Aktenvermerk lautet:

"Im Baugelände Süd der OKA, auf dem Grundstück Nr. 58/2 KG. Stadl-Traun wurden am 17.1.1996 Rodungsarbeiten im Zuge der Kraftwerkserrichtung vorgenommen. Diese Arbeiten konnten von der OKA und den beauftragten Subunternehmen nur unter Schutz und Abschirmung von zwei Zügen Einsatzeinheit, einem Zug SEG sowie dem technischen Zug des GEK vorgenommen werden. Bereits einen Tag danach, am 18.1.1996, wurde gemäß der Tagesmeldung des Bezirksgendarmeriekommandos Wels-Land (GZ. EEE GOWE Nr. 032) die zum Zwecke der Holzbringung neuerrichtete Zufahrtsstraße für die am 17.1.1996 vorgenommene Steilhangrodung (Uferbereich) wiederum von den Aktivisten besetzt. Es wurden mehrere Sperren mit Holzstämmen errichtet. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß die geschlägerten Bäume teilweise bis zur Stammitte im Wasser der Traun lagen. Eine Holzbringung war am 17.1.1996 nicht mehr möglich und wurde am 18.1.1996 durch die Errichtung von Barrikaden und Sperren bereits wieder behindert. Auf der neuerrichteten Zufahrtsstraße zur Holzbringung (Baugelände Süd) wurde ein weiteres Zeltlager errichtet und die Wegbringung des Holzes weiter blockiert. Am 19.2.1996 wurde vom hydrographischen Dienst des Amtes der o.ö. Landesregierung mitgeteilt, daß bei Einsetzen der Schneeschmelze bzw. aber auch beim Auftreten von Niederschlägen die Traun innerhalb von ein bis zwei Tagen um 100 cm bis 150 cm ansteigen kann. Auch zu diesem Zeitpunkt wurde die Holzbringung durch das nunmehr bezeichnete Widerstandslager 'Mexico' weiter behindert; das Lager wurde noch weiter ausgebaut. Aufgrund der ansteigenden Temperaturen in der 10. Kalenderwoche, der bevorstehenden Hochwassergefahr und der damit allenfalls verbundenen enormen finanziellen Schäden bei Abschwemmen des geschlägerten Holzes an flußabwärts gelegenen Brückenbauwerke bzw. Wasserkraftanlagen wurde ein Gendarmerieeinsatz für den 11. März 1996 festgelegt.

Nach einer kurzen Einsatzbesprechung am 11.3.1996 erfolgte um 7.30 Uhr die Fahrt zum Einsatzort mit dem Ziel, die nicht angemeldete Versammlung der Aktivisten auf der neuerrichteten Zufahrtsstraße zur Holzbringung (im Baugelände Süd) nach dem Versammlungsgesetz behördlicherseits aufzulösen. Im Zufahrtsbereich - von der Waschenbergerstraße kommend - auf einem unbefestigten Behelfsweg zwischen dem Gaslager der BP Austria AG. und der abfallenden Geländekante zum Traunufer - waren bereits einige Aktivisten versammelt, die den Exekutiv- und Behördenorganen die Zufahrt mit den Fahrzeugen behindern wollten. Nach einem kurzen Gespräch gaben diese den Weg frei, jedoch mußten einige Einsatzkräfte über einen nahegelegenen Waldweg, der die Eisenbahntrasse der Stern & Hafferl AG quert, den ursprünglichen Zufahrtsbereich umfahren. Diese Wegeparzelle (Grundstück Nr. 59/1, KG. Stadl-Traun) endet unmittelbar im Bereich des Widerstandscamps 'Sibirien'. Unmittelbar nach unserem Eintreffen konnte von der Geländekante aus festgestellt werden, daß die neuerrichtete Zufahrtsstraße (von ihrem Beginn weiter flußabwärts bis in etwa der Höhe des Gaslagers der BP Austria AG. - flußaufwärts) von den Aktivisten mit mehreren Holzbarrikaden (aus bereits geschlägertem Holz), Zelten und Hütten blockiert war. Einige Aktivisten sind bereits auch in sogenannten Widerstandsnestern in den von der Rodung nicht betroffenen Bäumen gesessen und haben unmittelbar nach unserem Eintreffen mehrfach in Richtung der Zelte und Hütte gerufen: 'Paßt' s auf, Sie kommen!' Es konnte auch gut festgestellt werden, daß diese Personen mittels Funktelefonen mehrere Gespräche geführt haben. Auf einer Planenabdeckung einer großen rechteckig ausgebildeten Hütte war das Wort Mexico aufgesprüht. Um ca. 7.45 Uhr waren die Gendarmerieeinsatzkräfte im unwegsamen Gelände soweit aufgezogen, daß zum weiter flußaufwärts im wirklichen Auwald gelegenen Hauptwiderstandscamp eine faktische Absperrung gegeben war; dies auch gegenüber dem nahe der Geländekante gelegenen Widerstandscamp 'Sibirien'. Im Auftrag von Herrn Bezirkshauptmann W.Hofrat Dr. Schwarz habe ich mich dann mit einem Megaphon direkt zum Widerstandscamp 'Mexico' begeben. In der Richtung Geländeböschung teilweise einsehbaren Hütte saßen mehrere Personen um ein Lagerfeuer, eine weitere Person ausgerüstet mit Kameras stand unmittelbar beim Eingang und war in Begriff, die Behörden- und Gendarmerieorgane zu fotografieren. Aus der Hütte selbst war ein Protestlied deut1ich wahrnehmbar, mit einem Refrain wie folgt: "... laßt Euch nicht belügen, laßt Euch nicht betrügen, von dieser OKA im Land, reicht Euch die Hände zum Widerstand....".

Der Zweck dieser Versammlung war offensichtlich wieder, die Holzbringungs-arbeiten an der neuerrichteten Zufahrtsstraße zu behindern. Dies äußerte sich auch in dem Umstand, als die Aktivisten nicht bereit waren, die Holzbringungsarbeiten - so wie ursprünglich vorgesehen - mittels Greifbagger und Lkw. zu ermöglichen. Flußabwärts gelegen waren weitere von den Aktivisten errichtete provisorische Holzhütten erkennbar, ferner waren mehrere Igluzelte aufgestellt. Flußabwärts gelegen befand sich auch eine größere Anzahl von Personen vor den Zelten und den Hütten, die nach dem Bild, das sich mir bot, weiter vor hatten, die Holzbringungsarbeiten zu behindern. Nach dem äußeren Erscheinungsbild war hier eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz gegeben, die zudem nicht fristgerecht bei der zuständigen Sicherheitsbehörde angemeldet war. Ich habe daraufhin mittels Megaphon den Versammlungsteilnehmern verkündet: "Achtung, Achtung, hier spricht der Vertreter der Bezirkshaupt-mannschaft Wels-Land. Ich ersuche Sie, diese unangemeldete Versammlung freiwillig aufzulösen und sofort auseinanderzugehen. Sollte diese Versammlung nicht unverzüglich freiwillig aufgelöst werden, müßte sie behördlich untersagt und aufgelöst werden. Es müßten ferner dann auch allenfalls Zwangsmittel angewendet werden und laufen Sie Gefahr, verwaltungsbehördlich bestraft zu werden. Ich ersuche sie nochmals diese Versammlung sofort freiwillig aufzulösen." Trotz Zuwartens von einigen weiteren Minuten waren die Versammlungs-teilnehmer nicht bereit, den Versammlungsort zu verlassen. Stattdessen war immer wieder aus der großen rechteckigen und mit Planen abgedeckten Holzhütte das bereits oben zitierte Protestlied wahrnehmbar. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes wurde um 8.10 Uhr am Ort der Versammlung den Versammlungsteilnehmern mittels Megaphon verkündet: "Achtung, Achtung, hier spricht der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land; gemäß § 13 und gemäß § 14 Versammlungsgesetz 1953, BGBl.Nr. 98/1953 i.d.g.F., wird angeordnet: Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land untersagt gemäß § 13 des Versammlungsgesetzes 1953 i.d.g.F. die im Bereich dieses Grundstückes stattfindende Versammlung und löst sie nach dieser Gesetzesbestimmung auf. Alle Anwesenden sind verpflichtet, den genannten Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen. Im Falle des Ungehorsams müssen Zwangsmittel angewendet und die Räumung des Versammlungsortes verfügt werden. Die Weigerung den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen stellt eine Verwaltungs-übertretung dar, die gemäß § 19 Versammlungsgesetz 1953 i.d.g.F. mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen oder mit einer Geldstrafe bis zu S 5.000,- bestraft werden kann." Trotz weiteren Zuwartens haben die Versammlungsteilnehmer keine Anstalten gemacht, den Versammlungsort sogleich zu verlassen. Um 8.20 Uhr wurde die behördliche Versammlungsauflösung (Text wie oben) nochmals mittels Megaphon verkündet. Ferner habe ich mittels Megaphon bekanntgegeben, daß die Versammlungsteilnehmer noch drei Minuten Zeit haben, den Versammlungsort zu verlassen. Das oben genannte Protestlied war wiederum deutlich aus der provisorischen Holzhütte wahrnehmbar. Um ca. 8.23 Uhr habe ich der Exekutive die Weisung erteilt, sämtliche Versammlungsteilnehmer wegen Verharren in einer strafbaren Handlung festzunehmen und anschließend zum GP. Lambach zu verbringen. Die Festnahmen gestalteten sich aufgrund des Geländes als schwierig, da manche der Festgenommenen nicht bereit waren zu gehen, sondern teilweise mit vier Exekutivbeamten über den Steilhang hinaufgetragen werden mußten. Auffällig war auch der Umstand, daß sogar nach den ersten Festnahmen die übrigen Versammlungsteilnehmer nicht bereit waren, den Versammlungsort sogleich zu verlassen, sodaß seitens der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes wegen der Übertretung gemäß § 14 i.V.m. § 19 Versammlungsgesetz und weiterem Verharren in der strafbaren Handlung insgesamt 16 Festnahmen ausgesprochen werden mußten. Die festgenommenen Personen wurden gruppenweise zum Gendarmerieposten Lambach verbracht und im Anschluß daran verwaltungsstrafbehördlich bestraft. Die Festnahmezeitpunkte und die Aufhebung der jeweiligen Festnahmen sind in den einzelnen Verwaltungsstrafakten genau dokumentiert. Um ca. 12.00 Uhr war kein einziger Versammlungsteilnehmer mehr auf der neuerrichteten Zufahrtsstraße zur Holzbringung. Unmittelbar im Anschluß daran haben die Kraftwerksbetreiber und beauftragte Subunternehmen begonnen, die errichteten Barrikaden, konsenslosen Bauwerke und aufgestellten Zelte zu beseitigen; die im Eigentum bzw. Besitz der Versammlungsteilnehmer stehenden beweglichen Sachen wurden von der OKA bzw. einem Subunternehmer weggebracht und im Anschluß daran den freigelassenen Versammlungs-teilnehmern wiederum ausgefolgt. Ab 12.30 Uhr konnten die Holzbringungsarbeiten wiederum störungsfrei aufgenommen werden. Zur weiteren Sicherung der Holzbringungsarbeiten wurde eine personenmäßig reduzierte Gruppe der Einsatzeinheit an Ort und Stelle zurückgelassen. Im Verlauf des weiteren Tages kam es zu keinen Spontanversammlungen oder sonstigen Behinderungen der Holzringungsarbeiten.

Wels, am 18.3.1996 (Mag. P)".

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. § 14 Abs.1 Versammlungsgesetz lautet:

Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist, sind alle Anwesenden verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinander-zugehen. § 19 Versammlungsgesetz lautet: Übertretungen dieses Gesetzes sind, insofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Amtsgebiet einer Bundespolizeibehörde aber von dieser Behörde, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 5000 S zu ahnden.

4.2. Der O.ö. Verwaltungssenat zweifelt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat in Verbindung mit den bezüglichen Ausführungen in dem in Punkt 3 wiedergegebenen Aktenvermerk vom 18. März 1996 zum Ausdruck gebracht wurde. Im gegenständlichen Zusammenhang ist eine Versammlung vorgelegen. Diese Versammlung war zu untersagen und durfte bzw mußte aufgelöst werden. Gegen das Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 11. Juli 1996, Zl. VwSen-420105/9/Gf/Atz, wurde eine Beschwerde an den Verfassungs-gerichtshof gerichtet. Der VfGH hat darüber mit dem Erkenntnis vom 26. Februar 1997, Zl. B 2728/96-7, entschieden. In diesem Erkenntnis hat der VfGH im Hinblick auf die gegenständliche Versammlung, an der die Bw teilgenommen hat, ua zum Ausdruck gebracht: "Das VersG definiert den Begriff der von ihm erfaßten 'Versammlung' nicht. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Zusammenkunft mehrerer Menschen nur dann eine Versammlung im Sinne des VersG, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodaß eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht (VfSlg. 4586/1963, 5193/1966, 5195/1966, 8685/1979, 9783/1983, 10.443/1985, 10.608/1985, 10.955/1986, 11.651/1988, 11.866/1988, 11.904/1988, 11.935/1988, 12.161/1989). Nach den - aufgrund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens - vom UVS getroffenen Sachverhaltsfeststellungen fand jedenfalls am 11. März 1996 morgens eine - bei der Behörde nicht angezeigte - Besetzung einer Kraftwerksbaustelle statt, die von einer Gruppe sogenannter Aktivisten veranstaltet worden war. Das Ziel der Aktivisten war es, den Bau eines Kraftwerkes zu be- bzw. verhindern. Sie blockierten die bereits im Gang befindlichen Bauarbeiten durch ihre Anwesenheit sowie durch die Ausübung passiven Widerstands, wie etwa durch die Errichtung von Lagerstätten und durch Aneinanderkettung von Personen im Nahebereich der Bauarbeiten. Der UVS hat dieses kollektive Verhalten - das im übrigen bloß Teil umfangreicher Aktionen von Kraftwerksgegnern im Baustellenbereich war - in demonstrativem Zusammenwirken zur drastischen Betreibung eines offenkundigen, gemeinsamen Zieles (vgl. VfSlg. 8685/1979, 10.955/1986) zu Recht als Versammlung im Sinne des VersG qualifiziert (s. auch VfGH 30.11.1995, B 262-267/95)." ..... "Die - allgemein zugängliche (s. hiezu etwa VfSlg. 10.443/1985, 11.132/1986) - Versammlung wurde entgegen den Vorschriften des VersG veranstaltet, nämlich unter Verletzung der in dessen § 2 Abs.1 vorgesehenen Anzeigepflicht. Dies allein rechtfertigte aber noch nicht, die Versammlung zu untersagen. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, um diese Maßnahme zu rechtfertigen (vgl. zB VfSlg. 10.443/1985). Die Umstände, die zur Verletzung der Anzeigepflicht hinzuzutreten haben, um eine Versammlungsauflösung zu rechtfertigen, müssen so geartet sein, daß ohne diese Maßnahme eines der in Art.11 Abs.2 EMRK aufgezählten Schutzgüter gefährdet wäre. Ob solche Umstände vorliegen, hat das Behördenorgan nach dem Bild zu beurteilen, das sich ihm an Ort und Stelle bietet. Dies muß der Veranstalter, der seiner Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist, gegen sich gelten lassen; er hat in Kauf zu nehmen, daß kein förmliches Ermittlungsverfahren durchgeführt werden kann (vgl. VfSlg. 10.443/1985, 10.955/1986, 11.132/1986, 11.832/1988). Die hier einschreitenden Organe der Bezirkshauptmannschaft mußten nach dem Bild, das sich ihnen an Ort und Stelle bot, annehmen, daß eine Blockade von Bauarbeiten beabsichtigt war. Die Auflösung der Versammlung war im Interesse von im Art.11 Abs.2 EMRK aufgezählten Schutzgütern (zumindest der Aufrechterhaltung der Ordnung) notwendig.

1.5. Aus dem Gesagten folgt, daß die Auflösung der Versammlung dem VersG entsprach und die Beschwerdeführerin durch die gemäß § 14 Abs.2 VersG im Zuge der Auflösung dieser Versammlung erfolgte Festnahme und Anhaltung daher nicht etwa im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt wurde." Der objektive Tatbestand des § 14 Abs.1 iVm § 19 Versammlungsgesetz wurde im gegenständlichen Zusammenhang verwirklicht. Das Verschulden der Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Vorsatz qualifiziert. Die Schuld der Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG. Die Schuld ist nämlich nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 12. September 1986, Zl.86/18/0059, VwGH vom 20. Oktober 1987, Zl.87/04/0070, uva Erkenntnisse). Die Bw hat durch das gegenständliche Verhalten beigetragen, daß geschützte Interessen verletzt wurden und zwar der Anspruch auf Ruhe und Ordnung und wirtschaftliche Interessen. Der Interessensverletzung mußte mit einem großen Einsatz der Exekutive entgegengetreten werden. Die Folgen der Übertretung sind nicht unbedeutend. Es konnte nicht die Bestimmung des § 21 Abs.1 erster Satz VStG angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

4.3. Zur Strafbemessung: Es liegt keine Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht vor. Der Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG liegt vor. Sonstige Milderungsgründe liegen nicht vor. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw wurde von folgenden Grundlagen ausgegangen: kein Vermögen, kein Einkommen, die Bw ist in Karenz und ist sorgepflichtig für ein minderjähriges Kind. Insgesamt wird - auch unter Berücksichtigung des erheblichen Unrechtsgehaltes, des Ausmaßes des Verschuldens, der Aspekte der Spezialprävention und der Generalprävention - eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S als angemessen beurteilt.

4.4. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen und ihr hinsichtlich der Geldstrafe teilweise Folge zu geben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, ds 100 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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