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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230619/2/Kei/Shn

Linz, 31.03.1998

VwSen-230619/2/Kei/Shn Linz, am 31. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der Renate G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. Oktober 1997, Zl. III/S-27.027/97 2, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z1 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet: "Sie wurden von Organen der BPD LINZ am 08.07.1997 um 17.30 Uhr in LINZ, A, angetroffen und einer Kontrolle unterzogen, wobei festgestellt wurde, daß Sie Fremder im Sinne des § 1 Abs.1 des Fremdengesetzes sind und daß Sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet Österreich aufhalten, weil Ihnen weder eine Bewilligung gem. § 1 des Aufenthaltsgesetzes noch von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde noch eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zukommt." Die Berufungswerberin (Bw) habe dadurch eine Übertretung des "§ 82 (1) Z.4 i.V.m. § 15 (1) 2 FremdenG" begangen, weshalb sie gemäß "§ 82 (1) FremdenG" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden). 2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die fristgerecht erhoben wurde.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. November 1997, Zl. S-27.027/97 2, Einsicht genommen. 4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 15 Abs.1 FrG lautet: Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, 1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder 2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder 3. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992, zukommt. § 82 Abs.1 Z4 FrG lautet: Wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 Schilling zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes. § 15 Abs.3 Z1 FrG lautet: Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet richtet sich nach der durch zwischenstaatliche Vereinbarung, Bundesgesetz oder Verordnung getroffenen Regelung. Das Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der tschechoslowakischen sozialistischen Republik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht (StF: BGBl. Nr. 47/1990 idF BGBl.Nr. 123/1997) lautet auszugsweise:

Artikel 1 (1) Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die Inhaber eines gültigen gewöhnlichen Reisepasses sind, dürfen zu einem nicht Erwerbszwecken dienenden Aufenthalt ohne Sichtvermerk in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates einreisen und sich dort bis zu 30 Tagen aufhalten.

(2) Für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder für einen 30 Tage übersteigenden Aufenthalt im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates ist ein Sichtvermerk erforderlich .....

4.2. Zum Kriterium des Aufenthaltes zum Erwerbszweck:

Für den Erwerbszweck bedarf im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum inhaltsgleichen Kriterium "Gewerbsmäßigkeit" der Absicht der Täterin, sich durch öftere Wiederholung "der die Strafbarkeit des Aufenthaltes begründende Handlung durch Tanzauftritte bzw. als Animierdame" eine, wenn auch nicht dauernde und wenn auch nicht regelmäßige Einkommensquelle zu schaffen (Erkenntnis Slg. 9770 A/19890; Hinweis auf das zum Vorarlberger Sittenpolizeigesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1992, Zl. 91/10/0175). Im zweitgenannten Erkenntnis hat der Gerichtshof unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung ausgeführt, daß das Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit wohl auch bei einer einmaligen Tathandlung als erfüllt angesehen werden kann, sofern diese in der Absicht ausgeführt wird, sich dadurch eine ständige oder doch für längere Zeit wirkende (zusätzliche) Einkommensquelle zu verschaffen, und dies in der einen Tathandlung zum Ausdruck kommt (VwGH 24.5.1993, 93/10/0014). Das Vorliegen des Kriteriums des Aufenthaltes der Bw zum Erwerbszweck ist eine der Voraussetzungen, um die Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes der Bw im Bundesgebiet zu begründen. Im Hinblick auf das Kriterium Aufenthalt zum Erwerbszweck hat die belangte Behörde keine Feststellungen vorgenommen. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, daß durch die belangte Behörde keine niederschriftlichen Einvernahmen von Personen - weder von allfälligen Zeugen noch der Bw selbst - erfolgt ist. Die Bw bestritt das Vorliegen eines Aufenthaltes zum Erwerbszweck dezidiert. Dieses Vorbringen kann nicht ignoriert werden. Für den O.ö. Verwaltungssenat liegt der begründete Verdacht dahingehend, daß die Bw die ihr vorgeworfene Übertretung begangen hat, vor. Es kann der Erstbehörde gefolgt werden, daß aus der Lebenserfahrung ein Schluß auf die Entgeltlichkeit des Wirkens der Bw gezogen werden kann. Die Erstbehörde maß im gegenständlichen Zusammenhang aber diesem Erfahrungssatz einen so hohen Stellenwert bei, daß sie das Tatverhalten im Sinne eines Beweises der Erwerbstätigkeit zu "unterstellen" können glaubte. Insgesamt ist das Vorliegen eines Aufenthaltes der Bw im Bundesgebiet zum Erwerbszweck und das Vorliegen der der Bw vorgeworfenen Übertretung nicht mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen und es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat die Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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