Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230633/2/Kei/Shn

Linz, 25.01.1999

VwSen-230633/2/Kei/Shn Linz, am 25. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Claus L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 25. November 1997, Zl. Sich96-647-1996-Hol, zu Recht:

I. Der Berufung wird insoferne Folge gegeben als gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 21 Abs.1 und § 51 Abs.1 VStG. II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26. August 1996, Zl. Sich96-647-1996, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil er "am 28.7.1996 im Schnellzug EC 29 'Prinz Eugen' im Zuge einer Einreisebewegung die österreichisch-deutsche Grenze überschritten" habe, "ohne ein gültiges Reisedokument mitzuführen". Der Bw habe dadurch eine Übertretung des "§ 2 Abs.1 Ziff.1 Paßgesetz" begangen, weshalb er "gemäß §§ 24/1 Ziff.1 Paßgesetz" zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen diese Strafverfügung wurde fristgerecht ein "Einspruch wegen der Strafhöhe" erhoben. Der Bw brachte in diesem Einspruch im wesentlichen vor (wörtliche Wiedergabe):

Begründung: "1) Ich war bis 27.7.1996 in der BRD als Handelsvertreter für den Deutschen Naturschutzbund beschäftigt. Ich war mit mehreren anderen österr. Studenten in einer Pension untergebracht. In dem Durcheinander, das dort herrschte, kam mir mein Reisepaß abhanden. Da ich damit rechnete, daß er bald wieder auftauchen würde, unternahm ich nichts, um mir einen neuen zu beschaffen. Abgesehen davon war ich den ganzen Tag auf Provisionsbasis tätig und hätte mir keine Amtswege leisten können. Am 27.7.1996 wurde ich überraschend gekündigt und hatte daher das Dienstquartier zu räumen. Da ich über keine finanziellen Mittel verfügte, konnte ich nicht in Deutschland bleiben, um mir einen neuen Paß ausstellen zu lassen. Ich war daher gezwungen, nur mit meinem Studentenausweis nach Österreich einzureisen. Inzwischen erhielt ich einen Brief meines Vorgesetzten, in dem er mir mitteilt, daß sich mein Paß gefunden hätte. Beweis: Michael S, 2) Ich bin Student, werde von meinen Eltern erhalten und verfüge über keinerlei Einkommen, abgesehen von Gelegenheitsjobs, wobei ich bemerken möchte, daß ich in der BRD gekündigt wurde, weil ich trotz größter Anstrengungen nicht genügend Spenden werben konnte. Beweis: Mein Vater, Dr. Harald L, Richter, a.o.a.O. Ich sehe ein, daß ich gegen das Paßgesetz verstoßen habe. Da ich aber einerseits durch die Umstände dazu gezwungen war und andererseits S 500,-- für mich eine bedeutende Einbuße darstellen, ersuche ich um angemessene Strafminderung." 2.1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Bescheides lautet: "Ihrem Einspruch vom 10.09.1996 gegen das Strafausmaß der mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.08.1996 zu Sich96-647-1996 festgesetzten Geldstrafe von S 500,--, im Uneinbringlichkeitsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, wird keine Folge gegeben und dieser Einspruch abgewiesen. Ferner haben Sie S 50,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je 1 Tag Freiheitsstrafe wird gleich S 200,-- angerechnet) zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 550,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG). Rechtsgrundlage:

§§ 49 Abs.2 und 64 Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl.Nr. 52, i.d.g.F: (VStG)." 2.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung, die fristgerecht erhoben wurde. Der Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor (wörtliche Wiedergabe): "1) Ich verweise auf mein Vorbringen im Einspruch vom 10.9.1996 gegen die Strafverfügung vom 26.8.1996 und erhebe es zum Inhalt dieser Berufung. 2) Ergänzend führe ich aus, dass ich vor meiner Entlassung in der Gegend von Cloppenburg eingesetzt war. Ich verfügte damals über keinerlei Geldmittel und hatte somit keine Möglichkeit, nach Hannover zu fahren und mir am dortigen Österr. Generalkonsulat ein Ersatzdokument zu besorgen. Meine Eltern waren ebenfalls auf Urlaub und für mich nicht erreichbar. Ich war somit gezwungen, mit meiner Rückfahrkarte die Heimreise anzutreten, sofern ich nicht gegen das deutsche Landstreichereigesetz verstoßen wollte, und befand mich daher in einem entschuldigenden Notstand. Der angefochtene Bescheid setzt sich damit in keiner Weise auseinander und wirft mir zwar ein Fehlverhalten vor, ohne jedoch eine zumutbare Möglichkeit aufzuzeigen, wie ich mich gesetzestreu verhalten hätte können. Darin wird eine Mangelhaftigkeit zu erblicken sein. Beweis: wie bisher. 3) Wie ich bereits im Einspruch ausgeführt habe, war ich im Besitz eines Studentenausweises, somit eines behördlichen Identitätsdokuments, und habe diesen den Grenzkontrollbeamten vorgewiesen. Der angefochtene Bescheid setzt sich auch damit nicht auseinander, was gleichfalls eine Mangelhaftigkeit bedeutet. Beweis: wie bisher, zusätzlich ev. Anfrage an das Rektorat der Universität Wien, zum Beweis dafür, dass ich Inhaber eines Studentenausweises war, weiters die intervenierenden Beamten, denen ich den Ausweis vorgewiesen habe. 4) Warum den Bestimmungen des Passgesetzes 'erhöhte Bedeutung für die Ein- und Ausreisebewegungen österreichischer Staatsangehöriger' zukommen sollte, ist angesichts der Entwicklung innerhalb der EU (Schengener Abkommen!) unverständlich, und es kann dieses Argument jedenfalls nicht als Begründung für die Strafhöhe herangezogen werden. Ich beantrage daher, a) entweder den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, oder b) meine Geldstrafe auf ein Maß zu mindern, das einem allfälligen Unrechtsgehalt meiner Verfehlung sowie meiner Vermögenslage entspricht und nicht jede Relation zur europäischen Rechtsentwicklung vermissen lässt; in eventu c) die Sache an die erste Instanz rückzuverweisen und dieser aufzutragen, sich mit den aufgezeigten Gesichtspunkten auseinanderzusetzen." 3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. Dezember 1997, Zl. Sich96-647-1996, Einsicht genommen. 4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 2 Abs.1 erster Satz Paßgesetz 1992 lautet: Österreichische Staatsbürger (Staatsbürger) bedürfen zur Ausreise aus dem Bundesgebiet und zur Einreise in dieses eines gültigen Reisedokumentes (Reisepaß oder Paßersatz), soweit nicht etwas anderes durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird oder internationalen Gepflogenheiten entspricht. § 24 Abs.1 Z1 Paßgesetz 1992 lautet: Wer rechtswidrig ein- oder ausreist (§ 2) begeht, sofern die Tat nicht eine gerichtlich strafbare Handlung darstellt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30000 S oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Im Wiederholungsfall sind bei Vorliegen erschwerender Umstände Geldstrafe und Freiheitsstrafe nebeneinander zu verhängen.

4.2. Mit dem Einspruch gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 26. August 1996, Zl. Sich96-647-1996, wurde nur das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten. Der Schuldspruch der Strafverfügung der belangten Behörde vom 26. August 1996, Zl. Sich96-647-1996, ist in Rechtskraft erwachsen. Der Oö. Verwaltungssenat sieht keinen Grund auf Grund dessen es geboten wäre, dem (oben wiedergegebenen) Vorbringen des Bw im Hinblick auf seine Situation zur verfahrensgegenständlichen Zeit keinen Glauben zu schenken. Das diesbezügliche Vorbringen des Bw wird durch den Oö.Verwaltungssenat als glaubhaft beurteilt. Dem Bw war im gegenständlichen Zusammenhang ein rechtmäßiges Verhalten nur schwer zuzumuten. Das tatbildmäßige Verhalten des Bw ist hinter dem in der Strafdrohung des § 24 Abs.1 Z1 Paßgesetz 1992 typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in vielen Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht, daß dann, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt, die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist (z.B. Zl. 86/18/0059 vom 12. September 1986, Zl. 87/04/0070 vom 20. Oktober 1987, Zl. 86/08/0073 vom 14. Jänner 1988 uva Erkenntnisse). Das Verschulden des Bw wird zwar als Vorsatz aber als geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG beurteilt. Die Folgen der Übertretung werden als unbedeutend qualifiziert. Da beide in § 21 Abs.1 VStG normierten Voraussetzungen vorliegen, war in Entsprechung dieser Bestimmung von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Das Vorliegen eines Notstands wird verneint. Es wird bemerkt: Auch wenn - wie oben angeführt wurde - der Schuldspruch der gegenständlichen Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen ist, so ist ein Absehen von der Strafe nach § 21 Abs.1 VStG durch den Oö. Verwaltungssenat rechtlich möglich. Durch den Oö. Verwaltungssenat war nämlich eine Beurteilung im Hinblick auf die Bestimmung des § 19 VStG vorzunehmen und es ist gemäß § 19 Abs.2 VStG auch bei der Strafbemessung auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen. Es war aus den angeführten Gründen spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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