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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230667/2/Kei/Shn

Linz, 26.04.1999

VwSen-230667/2/Kei/Shn Linz, am 26. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der Dobrila H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 27. März 1998, Zl. Sich96-2097-1997-Bu, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z3 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie hielten sich als Fremde (jug. StA.) jedenfalls am 14.10.1997 um ca. 20.35 Uhr in M 125 und somit im Bundesgebeit der Republik Österreich auf, ohne im Besitz eins Sichtvermerkes bzw. einer Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes gewesen zu sein. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet war daher nicht rechtmäßig." Die Berufungswerberin (Bw) habe dadurch "§ 15 Abs.1 Ziff.2 iVm. § 82 Abs.1 Ziff.4 Fremdengesetz 1992, BGBl.Nr.838/1992 idgF." übertreten, weshalb sie gemäß "§ 107 Abs.1 Ziff.4 Fremdengesetz 1997, BGBl.Nr.75/1997" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Die Bw brachte in der Berufung vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

Das Straferkenntnis wird seinem ganzen Umfang nach angefochten. Es wird ein mangelhaftes Verfahren, unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Schließlich wurde mir, zuerst in der Strafverfügung vom 29.10.1997, eine Verletzung des § 15 Abs.1 Ziff.2 in Verbindung mit § 82 Abs.1 Ziff 4 FremdenG 1992 vorgeworden. § 15 Abs.1 Ziff.2 FrG 1992 sagt aus, daß Fremde sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des AufenthaltsG oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde. Ein auf diese Bestimmung gestützter Schuldvorwurf ist nicht geeignet, ein strafbares Verhalten darzutun. Vielmehr ist die entsprechende Regelung in § 82 Abs.1 Ziff.4 FrG 1992 enthalten. Nur ein Verstoß gegen die dort aufgeführten Normen würde eine Verwaltungsübertretung darstellen. Es liegt daher auch diesbezüglich Rechtswidrigkeit des Bescheides vor, weil ein geeigneter Schuldvorwurf fehlt.

Die Bw beantragt, daß der Berufung Folge gegeben und nach Behebung des erstinstanzlichen Bescheides das wider sie geführte Verfahren eingestellt wird.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. April 1998, Zl. Sich96-2097-1997-Bu, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im folgenden Angeführte zu berücksichtigen (zitiert aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, 1996 Linde Verlag, S 969 und S 970):

Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 - 5 festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, wo- runter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, hat sowohl in der Praxis der Behörden als auch in der Judikatur des VwGH manchmal zu Unsicherheiten geführt. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984 Slg 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung  a l l e r  Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Daß es im Bescheidspruch zufolge der Z1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern daß die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

Den oben angeführten Erfordernissen entspricht die im gegenständlichen Straferkenntnis angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), nicht. Es wird insbesondere auch auf die Bestimmung des § 15 Abs.1 FrG hingewiesen. (In der Bestimmung des § 82 Abs.1 Z4 FrG wird ausdrücklich auf § 15 FrG hingewiesen). Eine Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses war wegen der eingetretenen Verfolgungungsverjährung nicht möglich. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick auf die angeführte Thematik im Erkenntnis vom 23. Juni 1998, Zl. 96/21/0507, ua zum Ausdruck gebracht: "Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes kommt rechtens nur in Betracht, wenn keine der in § 15 Abs.1 (Z.1 bis 3) FrG angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben ist. Demnach kann als übertretene Norm nicht eine der Z.1 bis 3, sondern allein § 15 Abs.1 FrG (insgesamt) herangezogen werden." Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat die Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage

Dr. Keinberger

 

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