Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230677/8/Fra/Ka

Linz, 05.08.1998

VwSen-230677/8/Fra/Ka Linz, am 5. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn M., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 4.6.1998, Sich96-20-4-1998-Dr.H/Na, betreffend Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insofern mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten: "Sie haben sich als paßpflichtiger Fremder (ägyptischer Staatsangehöriger) am 17.2.1998 in A., W, angemeldet und hielten sich ab diesem Tag als paßpflichtiger Fremder zumindest bis 20.3.1998, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes gewesen zu sein, im Bundesgebiet der Republik Österreich auf." Der Berufung wird hinsichtlich der Strafe insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Der Berufungswerber wird jedoch gemäß § 21 Abs.1 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ermahnt. II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu zahlen. Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21 Abs.1, 24 und 44a Z1 VStG; zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung der §§ 2 und 107 Abs.1 Z3 Fremdengesetz 1997 gemäß § 107 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 S (EFS 48 Stunden) verhängt, weil er sich als ägyptischer Staatsangehöriger am 17.2.1998 in A, angemeldet und sich ab diesem Tag als paßpflichtiger Fremder zumindestens bis 20.3.1998 ohne Reisepaß rechtswidrigerweise im Bundesgebiet Österreich aufgehalten hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben. I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte im Grunde des § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden. I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

I.3.1. Es ist unbestritten, daß der Bw als paßpflichtiger Fremder im Tatzeitraum nicht im Besitze eines gültigen Reisedokumentes (Reisepasses) war. Aus der Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9.3.1998, Sich40-124-41-1995-Ma/Bau, geht hervor, daß sich der Bw am 17.2.1998 an der ggst. Adresse angemeldet hat. Im Zuge dieser Vernehmung gab er an, daß er über Aufforderung der Staatsbürgerschaftsabteilung beim Amt der O.ö. Landesregierung, Herrn S, seinen ägyptischen Reisepaß beim Ägyptischen Konsulat in Wien abgegeben hat (eine entsprechende Bestätigung wurde der Bezirkshauptmannschaft Eferding vorgelegt). Weiters gab er an, bereits im Oktober 1995 die österr. Staatsbürgerschaft beantragt zu haben. Es sei richtig, daß er sich derzeit als Fremder ohne Reisedokument und Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhält. Er habe sich längere Zeit in Deutschland aufgehalten; daß bei der Neuanmeldung "zugezogen von Ägypten" angeführt wurde, liege daran, daß bei der Abmeldung auch Ägypten als Zielland eingetragen wurde. Tatsächlich sei er aber aus Deutschland gekommen und wiederum nach A zurückgekehrt, wo ihn sein Bruder G angemeldet habe. I.3.2. Der Bw bringt im wesentlichen folgendes vor: Sein Bruder G, geb. am 2.11.1964, lebe seit 1986 ohne Unterbrechung in Österreich und er ist - wie seine anderen Geschwister zum Teil auch - zwischenzeitig österreichischer Staatsbürger. Sein Vater sei bereits 1992 verstorben. Aufgrund einer chronischen Erkrankung seiner Mutter, die ihre Obsorgepflichten nicht mehr erfüllen konnte, sei die Obsorge auf seinen Bruder G übertragen worden. Am 17.1.1995 habe er einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthalts-bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz beim österr. Generalkonsulat in München gestellt. Dieser Antrag sei am 19.1.1995 beim Amt der O.ö. Landesregierung eingelangt und von diesem zur Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Eferding weitergeleitet worden, wo er am 9.2.1995 eingelangt ist. Nachdem diese Behörde über einen Zeitraum von über einem Jahr keinerlei Aktivitäten gesetzt habe, habe er am 14.2.1996 einen Devolutionsantrag gestellt. Diesem sei vom Bundesministerium für Inneres stattgegeben worden. Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sei jedoch abgewiesen worden, im wesentlichen mit der Begründung, daß er mit einem Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist sei und er sich noch immer dort aufhalte. In weiterer Folge sei am 21.10.1996 vom Ausland aus - er habe sich aufgrund dieser Umstände von Österreich abmelden müssen - der Erstantrag auf Erteilung der Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz beim Konsulat der Republik Österreich in München gestellt worden. Ungeachtet dessen habe die Bezirkshauptmannschaft Eferding in weiterer Folge binnen der Sechsmonatsfrist wiederum nicht entschieden, sodaß neuerlich ein Devolutionsantrag gestellt werden mußte. Tatsache sei jedenfalls, daß keine positive Bescheiderledigung zu seinen Gunsten ergangen ist. In diesem Zusammenhang weist der Bw auch darauf hin, daß er zum Zeitpunkt der Antragstellungen - dies gelte auch für das Staatsbürgerschaftsverfahren - noch minderjährig war, insbesondere nach ägyptischem Recht, unabhängig davon haben die bisherigen Behörden immer wieder verkannt, daß keiner seiner Verwandten mehr in Ägypten lebt und seine gesamte Familie (inkl. der kranken Mutter) in Österreich wohnhaft ist, sodaß er gar keine andere Möglichkeit habe, als hier in Österreich zu wohnen und er würde in Ägypten völlig auf sich allein gestellt sein. Seitens der Botschaft der Arabischen Republik Ägypten in Wien sei ihm die Auskunft erteilt worden, daß eine Rückgabe des Reisepasses notwendig ist, um überhaupt die Möglichkeit seitens der Ägyptischen Republik zu haben, die österr. Staatsbürgerschaft zu beantragen. Die diesbezügliche Erlaubnis erfolge nach seinem Wissensstand bzw den ihm zugekommenen Informationen durch die Zurücklegung des Passes und müsse gesondert genehmigt werden (der Bw legte diesbezüglich ein Schreiben der Botschaft der Arabischen Republik Ägypten, datiert mit 25.2.1997, dem Berufungsschreiben bei, wonach ihm bestätigt wird, daß er um die Erlaubnis angesucht habe, sich um die Zuerkennung der österr. Staatsbürgerschaft zu bewerben und das Innenministerium der Arabischen Republik Ägypten mit Entscheid Nr.189 vom 28.1.1997 dieses Ansuchen genehmigt habe; weiters wird bestätigt, daß sein ägyptischer Reisepaß sowie seine ägyptischen Dokumente bereits im Ägyptischen Konsulat eingelangt sind). I.3.3. Aufgrund des oa Vorbringens hat der O.ö. Verwaltungssenat ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und die O.ö. Landesregierung als Staatsbürgerschaftsbehörde gebeten, den entsprechenden Staatsbürgerschaftsakt zur kurzfristigen Einsichtnahme zu übermitteln. Weiters wurde gebeten, zu den Berufungsargumenten eine Stellungnahme abzugeben. Mit Schreiben vom 7.7.1998, Gem(StB)-401353/17-1998-Se, teilte die zuständige Abteilung des Amtes der O.ö. Landesregierung dem O.ö. Verwaltungssenat mit, daß eine Aufforderung zur Abgabe des Reisepasses an ägyptische Staatsbürger-schaftswerber grundsätzlich nur dann erfolgt, wenn sich der Stand des Staatsbürgerschaftsverfahrens im Stadium der Verleihung befindet und die vorangegangenen Erhebungen positiv abgeschlossen werden konnten. Eine Aufforderung an Herrn M zur Abgabe des ägyptischen Reisepasses ist seitens der Staatsbürgerschaftsbehörde nie erfolgt, zumal er noch nie bei dieser Behörde vorgesprochen hat. Es wurde auch der Staatsbürgerschaftsakt und der Bescheid vom 2.6.1998, Gem(StB)-401353/15-1998/Gru, mit dem das Ansuchen des Bw um Verleihung der österr. Staatsbürgerschaft abgewiesen wurde, übermittelt. I.3.4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat keine Veranlassung, der Mitteilung der Staatsbürgerschaftsbehörde keinen Glauben zu schenken. Er wertet daher die in der oa Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9.3.1998 vom Bw gemachten Angaben dahingehend, daß er über Aufforderung der Staatsbürgerschaftsabteilung beim Amt der O.ö. Landesregierung, Herrn S, seinen ägyptischen Reisepaß beim Ägyptischen Konsulat in Wien abgegeben hat, als Schutzbehauptung. Wenn daher der Bw dennoch seinen ägyptischen Reisepaß an die Botschaft der Arabischen Republik Ägypten retourniert hat, ist dieser Umstand nicht geeignet, daß Nichtvorliegen der von ihm bestrittenen subjektiven Tatseite anzunehmen. Der Bw hat es auch unterlassen, die von ihm aufgestellte Behauptung, es sei ihm zumindest in der Botschaft der Arabischen Republik Ägypten in Wien die Auskunft erteilt worden, daß eine Rückgabe des Reisepasses notwendig ist, um überhaupt die Möglichkeit seitens der Ägyptischen Republik zu haben, die österr. Staatsbürgerschaft zu beantragen, durch Vorlage entsprechender Unterlagen zu untermauern. Nicht zielführend ist auch das Argument des Bw, daß - wenn überhaupt - eine gesonderte Strafbarkeit im ggst. Fall nicht zulässig sei, weil es sich maximal um ein Dauerdelikt handle, sodaß eine neuerliche Bestrafung schon durch die seinerzeitige Bestrafung konsumiert sei und daher nicht mehr angebracht erscheine. Dem ist entgegenzuhalten, daß die vorhergehenden Bestrafungen andere Tatzeiträume betrafen, weshalb schon deshalb nicht gegen das Verbot der mehrfachen Bestrafung verstoßen wurde. Eine Konsumtion kommt schon logischerweise nicht in Betracht, weil nicht zwei Deliktstatbestände vorliegen. Die Berufung war daher aus den genannten Gründen in der Schuldfrage abzuweisen. I.3.5. Der Spruch war dem gesetzlichen Straftatbestand anzupassen, wonach ein paßpflichtiger Fremder strafbar ist, der sich im Bundesgebiet aufhält, ohne im Besitze eines gültigen Reisedokumentes zu sein. Gemäß § 1 Abs.4 Fremdengesetz 1997 sind folgende Dokumente als Reisedokumente anzusehen: Reisepaß, Paßersatz oder ein sonstiger durch Bundesgesetz, Verordnung oder aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen für Reisen anerkanntes Dokument. Als Reisedokument gemäß § 107 Abs.1 Z3 Fremdengesetz 1997 kommen somit auch andere Dokumente als Reisepässe in Frage, weshalb dem Bw tatumschreibend vorzuwerfen ist, daß er nicht im Besitze eines gültigen REISEDOKUMENTES war. Andernfalls ist er rechtlich nicht davor geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden, weil ihm (theoretisch) neuerlich zur Last gelegt werden könnte, nicht im Besitze eines Paßersatzes etc. gewesen zu sein. Es ist daher der Oberbegriff "Reisedokument", wie dies § 107 Abs.1 Z3 Fremdengesetz 1997 fordert, zu verwenden. Da die Verfolgungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist, war der O.ö. Verwaltungssenat im Grunde des § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 44a Z1 verpflichtet, den Spruch entsprechend zu modifizieren. I.4. Strafbemessung:

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG kommt nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Solches kann auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters der Fall sein, allerdings nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat wie zB. Unbesonnenheit, dringende Notlage etc. diesen Schluß rechtfertigen (VwGH 31.1.1990, 89/03/0084, 27.5.1992, 92/02/0167, uva.) Aus dem oben dargestellten Berufungsvorbringen geht hervor, daß sich der Bw zweifellos in einer persönlichen Notlage befindet, welcher die Schuld des Bw geringfügig erscheinen läßt. Bedeutende Folgen der Übertretung sind nicht evident. Der O.ö. Verwaltungssenat hielt daher die tatbestandliche Voraussetzung des § 21 Abs.1 VStG für gegeben, weshalb dieses Rechtsinstitut angewendet wurde. Aufgrund des Vorliegens zweier einschlägiger Vorstrafen ist jedoch der Ausspruch einer Ermahnung aus präventiven Gründen erforderlich. zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. F r a g n e r

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