Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230685/2/Fra/Ka VwSen230686/2/Fra/Ka

Linz, 09.10.1998

VwSen-230685/2/Fra/Ka VwSen-230686/2/Fra/Ka Linz, am 9. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufungen des Herrn S und der Frau C, beide vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. U gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 8.9.1998, Zl. Sich96-310-5-1997, und vom 8.9.1998, Zl.Sich96-310-1997, betreffend Übertretungen des § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz, zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird stattgegeben. Die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und die Verwaltungsstrafverfahren werden eingestellt; die Berufungswerber haben keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1a. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit Straferkenntnis vom 8.9.1998, Zl.Sich96-310-5-1997, über Herrn S wegen Übertretung des § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz eine Geldstrafe von 1.000 S (EFS 36 Stunden) verhängt, weil er durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hat, indem er am 21.11.1997 in der Zeit von ca. 5.30 Uhr bis 9.00 Uhr den Lenker des mit 26.000 kg Soja-Schrott beladenen Silo-Sattelkraftfahrzeuges MAN des P am Wegfahren von der neben der B 138 gelegenen Tankstelle - A gehindert hat bzw. blockierte und das zum Stillstand gebrachte Sattelkraftfahrzeug besetzte und an der Weiterfahrt hinderte. 1b. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit Straferkenntnis vom 8.9.1998, Zl.Sich96-310-1997, über Frau C wegen Übertretung des § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz eine Geldstrafe von 1.000 S (EFS 36 Stunden) verhängt, weil sie durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hat, indem sie am 21.11.1997 in der Zeit von ca. 5.30 Uhr bis 9.00 Uhr den Lenker des mit 26.000 kg Soja-Schrott beladenen Silo-Sattelkraftfahrzeuges MAN des P am Wegfahren von der neben der B 138 gelegenen T gehindert hat bzw. blockierte und das zum Stillstand gebrachte Sattelkraftfahrzeug besetzte. 2. Dagegen richten sich die fristgerecht durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachten Berufungen. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. - als nunmehr belangte Behörde - legte die Rechtsmittel samt bezughabende Verwaltungsstrafakten dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Die Bw bringen ua vor, daß die Tatumschreibung nicht den Kriterien des § 44a Z1 VStG entspreche, weil es das Tatbestandsmerkmal des "besonders rücksichtslosen Verhaltens", welches die Behörde annimmt, erfordert, die Tatumschreibung unter Einbezug der Umstände zu formulieren und sie als rücksichtsloses Verhalten gegenüber den Einschreitern auszuweisen. Damit sind die Bw im Ergebnis im Recht. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Tatumschreibungserfordernissen nach § 44a Z1 VStG (Hinweis auf VwGH, verstärkter Senat, vom 13.6.1984, Slg.11466A) ist der Vorschrift des § 44a Z1 VStG dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Der Spruch ist so hinreichend zu konkretisieren, daß über den Inhalt dessen, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird, kein Zweifel bestehen kann. Durch die Bescheidbegründung kann die Umschreibung der im Spruch als erwiesen angenommenen Tat hinsichtlich der einzelnen Sachverhaltselemente nicht ersetzt oder ergänzt werden (vgl. VwGH 13.1.1982, 81/03/0203 uva).

Im konkreten Fall kann vermutet werden, daß die belangte Behörde das besonders rücksichtslose Verhalten des Herrn S darin sieht, daß dieser mit einem Thermoanzug bekleidet unter das ggstl. Kraftfahrzeug geklettert ist und sich dort angekettet hat (vgl. das Schreiben der Strafbehörde vom 16.3.1988, Sich96-310-5-1997). Weiters kann vermutet werden, daß die Strafbehörde das besonders rücksichtslose Verhalten der Frau C darin sieht, daß diese durch das Abstellen ihres Fahrzeuges den Fahrer des in Rede stehenden Sattelkraftfahrzeuges am Weiterfahren gehindert hat (vgl. das Schreiben vom 16.3.1998, Sich96-310-1997). Ausreichende, im Sinne der oa Kriterien erforderliche Tatumschreibungen gehen jedoch weder aus den beeinspruchten Strafverfügungen noch aus den angefochtenen Straferkenntnissen hervor, weshalb sich der Oö. Verwaltungssenat wegen Verfolgungsverjährung zu entsprechenden Spruchergänzungen nicht befugt sieht. Aus den genannten Gründen müßte nicht noch näher untersucht werden, ob durch das den Berufungswerbern angelastete Verhalten auch das Tatbestandsmerkmal der "ungerechtfertigten Ordnungsstörung", welches ein Erfolgsdelikt ist, verwirklicht wurde. Dennoch sei bemerkt, daß dies nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates nicht der Fall ist, weil die Intention der Beschuldigten nicht darauf abstellte. Der "Erfolg" dieses Tatbestandsmerkmales besteht darin, daß der normale Ablauf an einem öffentlichen Ort beeinträchtigt wird; diese Beeinträchtigung ist nach objektiven Kriterien zu messen. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß unter "Ordnung an öffentlichen Orten" nur der Zustand des gewöhnlichen Verhältnisses der Dinge der Außenwelt zueinander verstanden werden kann, eine Ordnung, die etwa durch Aufsehen oder durch einen Massenauflauf gestört und in der Folge wieder hergestellt werden kann, somit die äußerlich öffentliche Ordnung. Es muß durch das inkriminierte Verhalten der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise gestört worden sein (VfSlg. 4813/1964). Daß derartiges durch das Verhalten der Bw bezweckt oder bewirkt worden wäre, ist durch kein Beweisergebnis evident. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden, ohne daß noch auf den Einwand der Bw, sie entschuldige ein übergesetzlicher Notstand, einzugehen gewesen wäre. 3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. F r a g n e r

 

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