Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230716/7/Fra/Ka

Linz, 14.07.1999

VwSen-230716/7/Fra/Ka Linz, am 14. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 16.4.1999, Zl. III/S-9702/98, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1.7.1999, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 49 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Strafverfügung vom 6.11.1998, Zl.III/S-9702/98/S, über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 82 Abs.1 SPG eine Geldstrafe von 1.000 S (EFS 48 Stunden) verhängt. Diese Strafverfügung wurde laut Nachweis (Rückschein) am 10.11.1998 zugestellt. Die Übernahme der Sendung ist durch Anführung des Datums und der Unterschrift des Bw bestätigt.

Der dagegen erhobene Einspruch wurde laut Poststempel auf dem entsprechenden Briefkuvert am 26.11.1998 der Post zur Beförderung übergeben. Diesen Einspruch hat die BPD Wels - als nunmehr belangte Behörde - mit dem angefochtenen Bescheid als verspätet zurückgewiesen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung, über die der Oö. Verwaltungssenat, weil in der beeinspruchten Strafverfügung eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 1.7.1999 - diese war, weil sie der Vertreter des Bw ausdrücklich verlangt hat, gemäß § 51e Abs.3 VStG durchzuführen - erwogen:

Die verspätete Einbringung des Einspruches gegen die Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wels vom 6.11.1998, Zl.III-S-9.702/98/S, wird seitens des Bw nicht bestritten. Unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach die Behörde davon ausgehe, daß eine gesetzmäßige und somit wirksame Zustellung der Strafverfügung per 10.11.1998 vorliege und aufgrund der Strafmündigkeit sowie des Alters des Beschuldigten nach dem Zustellgesetz kein Zustellmangel erblickbar sei, bringt der Bw vor, daß es sich bei der Zustellung um einen Rechtsakt handelt, der zu seiner Wirksamkeit der Prozeßfähigkeit des Betroffenen (§ 9 AVG) bedarf, die mit der Handlungsfähigkeit gleichzusetzen sei und erst mit Vollendung des 19. Lebensjahres eintritt. Die ihm gegenüber vorgenommene "Zustellung" der Strafverfügung sei daher rechtswidrig und wirkungslos, sodaß auch die Einspruchsfrist nicht zu laufen begann bzw weiter offen ist.

Diesem Vorbringen steht die maßgebliche Rechtslage wie folgt entgegen:

Gemäß § 9 AVG ist, insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, diese von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Gemäß § 4 Abs.1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat das 14. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hat. Gemäß § 4 Abs.2 leg.cit. wird, wenn der Täter zur Zeit der Tat zwar 14, aber noch nicht 19 Jahre alt war (Jugendlicher), ihm die Tat nicht zugerechnet, wenn er aus besonderen Gründen noch nicht reif genug war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Aus diesen Bestimmungen folgt, daß Personen mit Vollendung des 14. Lebensjahres strafmündig und daher grundsätzlich auch deliktsfähig sind. Diese Personen sind nach dem VStG auch grundsätzlich voll handlungsfähig. Daß beim Bw, der zur Tatzeit und auch zum Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung zwar über 14 aber noch nicht 19 Jahre alt war, wegen mangelnder Reife die Strafbarkeit im Sinne des § 4 Abs.2 VStG ausgeschlossen wäre, ist durch keinen Anhaltspunkt belegt und wird vom Bw auch nicht behauptet.

§ 4 Abs.2 VStG spricht die sogenannte "verzögerte Reife" an. Die Unreife muß, soll sie schuldausschließend wirken, in der durch besondere Umstände ungünstig beeinflußten Entwicklung des Jugendlichen ihre Ursache haben und das normale Maß übersteigen. Handelt es sich nicht um eine entwicklungsbedingte Unreife, sondern sind die Voraussetzungen des § 3 VStG gegeben (Zurechnungsunfähigkeit), so kommt § 3 VStG zur Anwendung (vgl. Anmerkung 4 zu § 4 VStG in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage). Gemäß § 58 Abs.2 VStG darf über Jugendliche, die zur Tatzeit das 16. Lebensjahr nicht vollendet haben, eine Freiheitsstrafe nicht verhängt werden. Über andere Jugendliche darf eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen verhängt werden, wenn dies aus besonderen Gründen geboten ist; der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe, die gleichfalls zwei Wochen nicht übersteigen darf, wird dadurch nicht berührt.

Aus dieser Bestimmung folgt, daß gegen Jugendliche auch die Erlassung von Strafverfügungen zulässig sind.

Da keine Anhaltspunkte vorgekommen sind, aus denen geschlossen werden könnte, daß der Bw die Tragweite des Verfahrens und die von ihm gesetzten Verfahrenshandlungen nicht zu erkennen vermochte, ist vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage von der Prozeß- und Handlungsfähigkeit des Bw auszugehen. Eine Sachwalterbestellung liegt auch nicht vor. Die Ausführungen des Bw sind daher nicht zielführend und dem angefochtenen Bescheid haftet keine Rechtswidrigkeit an.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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