Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230719/2/Gf/Km

Linz, 30.07.1999

VwSen-230719/2/Gf/Km Linz, am 30. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des J K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 8. Juli 1999, Zl. Sich96-2752-1999-Bu, wegen einer Übertretung des EGVG zu Recht erkannt:

I.Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird. II.Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 8. Juli 1999, Zl. Sich96-2752-1999, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt, weil er am 19. Februar 1999 ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Entrichtung des festgesetzten Entgeltes benutzt habe; dadurch habe er eine Übertretung des Art. IX Abs. 1 EGVG begangen, weshalb er nach der genannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 9. Juli 1999 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. Juli 1999 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses führt die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß die dem Beschwerdeführer angelastete Tat aufgrund entsprechender Wahrnehmungen eines Kontrollorganes des Verkehrsunternehmens als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen, während Milderungs- oder Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber - zusammengefaßt - vor, daß er die ihm angelastete Tat nicht begangen habe und davon ausgehend nicht er seine Unschuld, sondern vielmehr die Strafbehörde ihm sein Verschulden nachweisen müsse, wobei letztlich Aussage gegen Aussage stehe.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Zl. Sich96-2752-1999; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt sowie ein entsprechender Antrag von den Verfahrensparteien nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Nach Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, der sich die Beförderung durch eine dem öffentlichen Verkehr dienende Einrichtung verschafft, ohne das nach den Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen dieser Einrichtung festgesetzte Entgelt zu entrichten.

4.2. Abgesehen davon, daß im gegenständlichen Fall der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Erfordernis des § 44a Z. 1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmungen durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat, schon insofern nicht gerecht wird, als mit diesem die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale nicht näher konkretisiert, sondern lediglich wiederholt werden (vgl. dazu W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1996, 970 f. m.w.N.) - so wäre jedenfalls anstelle der Wendung "ohne das dafür festgesetzte Entgelt ordnungsgemäß entrichtet zu haben" anzuführen gewesen, in welcher Höhe dieses festgesetzt und auf welche Art und Weise es zu entrichten ist -, kommt der vorliegenden Berufung auch aus folgenden Gründen Berechtigung zu:

Entgegen den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Sraferkenntnisses fußen die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde nicht auf einer "Anzeige" i.S.d. § 47 Abs. 1 VStG, weil es sich bei einem Kontrollorgan einer öffentlichen Verkehrseinrichtung nicht um ein "Organ der öffentlichen Aufsicht" im Sinne dieser Bestimmung handelt. Damit lagen aber schon die Voraussetzungen zur Erlassung der - das angefochtene Straferkenntnis tragenden - Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 21. April 1999, Zl. Sich96-2752-1999-Bu, nicht vor.

Im übrigen bleibt unverständlich, weshalb die belangte Behörde - allenfalls im Rechtshilfeweg - eine zeugenschaftliche Einvernahme jenes Kontrollorganes unterlassen hat, wenn der Rechtsmittelwerber bereits mit seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 14. Mai 1999 seine Tätereigenschaft bestritten hat.

Nicht zeugenschaftlich dokumentierte Angaben eines Kontrollorganes eines Verkehrsunternehmens allein vermögen sohin - insbesondere unter dem Aspekt des Art.  6 Abs. 2 MRK - eine Bestrafung wegen Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG nicht zu tragen.

4.3. Aus allen diesen Gründen, vornehmlich aber deshalb, weil dem Oö. Verwaltungssenat von Verfassungs wegen die Funktion eines unabhängigen Gerichtes (vgl. Art. 129 ff B-VG sowie Art. 6 Abs. 1 MRK; siehe dazu jüngst auch VfGH v. 2.  März 1999, B 3103/97: "Die Art. 129a f. B-VG gehen also davon aus, daß der UVS in allen ihm durch einfaches oder Verfassungsgesetz zur Entscheidung zugewiesenen Angelegenheiten als 'Tribunal' im Sinne des Art. 6 EMRK bzw. im Sinne des Art. 6 PersFrG zu entscheiden hat, mag auch die im Einzelfall zu beurteilende Sache nicht zu den von Art. 5 und 6 EMRK bzw. Art. 6 PersFrG erfaßten Angelegenheiten zählen.", sodaß die insoweit auf einer Fehlinterpretation des § 66 Abs. 4 AVG beruhende frühere Auffassung des VwGH, wonach der UVS bei offener Verfolgungsverjährungsfrist das Straferkenntnis nicht bloß aufheben darf [vgl. z.B. VwGH v. 4. September 1992, 92/18/0353], als überholt angesehen werden kann) und nicht jene einer Strafverfolgungsbehörde zukommt, war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

Ob bzw. in welcher Form das Strafverfahren weitergeführt wird, hat hingegen - im Hinblick auf die hier noch offene Verfolgungsverjährungsfrist - die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

 

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