Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230806/2/Gf/La

Linz, 13.12.2001

VwSen-230806/2/Gf/La Linz, am 13. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der B H, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. November 2001, Zl. III/S-29944/01-2-SE, wegen einer Übertretung des Versammlungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. November 2001, Zl. III/S-29944/01-2-SE, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt, weil sie am 27. Juli 2001 in Linz eine Versammlung mitveranstaltet habe, ohne diese zuvor bei der Behörde schriftlich anzuzeigen; dadurch habe sie eine Übertretung des § 2 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes, BGBl. Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 98/2001 (im Folgenden: VersG), begangen, weshalb sie nach § 19 VersG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihr am 12. November 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26. November 2001 - und damit rechtzeitig - mittels Telefax eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der der Rechtsmittelwerberin angelastete Sachverhalt auf Grund entsprechender dienstlicher Wahrnehmungen der einschreitenden Sicherheitsorgane als erwiesen anzusehen sei. Hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation sei im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 4.12.1999, B 1518/98, davon auszugehen, dass eine unangemeldete Versammlung von den jeweiligen Teilnehmern zumindest mitveranstaltet werde.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin als mildernd zu werten gewesen; ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 10.000 S, kein Vermögen, keine Sorgepflichten).

2.2. Dagegen wendet die Berufungswerberin sinngemäß (nur) ein, dass ihr von Verfassungs wegen ein Recht darauf zukomme, an einer Demonstration teilzunehmen, ohne sich zuvor vergewissern zu müssen, ob diese auch ordnungsgemäß angemeldet wurde.

Da sie an der gegenständlichen Versammlung bloß teilgenommen, diese aber nicht i.S.d. § 2 Abs. 1 VersG "veranstaltet" habe, wird - erschließbar - mangels Vorliegens eines strafbaren Verhaltens die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BPD Linz zu Zl. III/S-29944/01; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 19 i.V.m. § 2 Abs. 1 VersG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 5.000 S zu bestrafen, der eine Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, ohne dies wenigstens 24 Stunden vor der Abhaltung dieser Versammlung der Behörde schriftlich angezeigt zu haben.

4.2. Vorliegendenfalls bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, an der verfahrensgegenständlichen Versammlung teilgenommen zu haben; sie rügt lediglich die rechtliche Qualifikation der belangten Behörde, wonach sie zumindest als Mitveranstalterin im Sinne der vorzitierten Bestimmung aufgetreten sei.

4.2.1. Diesbezüglich geht die BPD Linz davon aus, dass bereits die Teilnahme an einer unangemeldeten Versammlung dazu hinreicht, um als Mitveranstalter derselben zu gelten, und beruft sich hiezu auf das Erkenntnis des VfGH vom 4. Dezember 1999, B 1518/98.

4.2.2. Damit ist sie jedoch nicht im Recht:

Denn dieser Entscheidung lag zum einen ein Sachverhalt zugrunde, wo die Versammlungsteilnehmer - anders als im gegenständlichen Fall - ihrer Qualifikation als "Mitveranstalter" bereits in erster Instanz nicht entgegengetreten sind; und zum anderen hat sich der VfGH - wie die belangte Behörde selbst erkennt - zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Person als Veranstalter einer Versammlung i.S.d. § 2 Abs. 1 VersG anzusehen ist, eben nicht dezidiert geäußert.

Demgegenüber hat das Höchstgericht in seinem - zeitlich früheren - Erkenntnis vom 28. Februar 1998, B 1453, u.a. ausdrücklich ausgesprochen, dass es dem UVS Vorarlberg nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, "ohne zusätzliches Ermittlungsverfahren den Beschwerdeführer als Täter angesehen" zu haben, wenn dieser den Umstand, dass er "als Versammlungsverantwortlicher betrachtet wird", in seiner Berufung nicht gerügt hat.

Insgesamt folgt daraus aber e contrario, dass eine Person, die dieser Qualifikation (noch dazu von Anfang an) ausdrücklich widersprochen hat, letztlich nur dann als Veranstalter einer Versammlung i.S.d. § 2 Abs. 1 VersG belangt werden kann, wenn von der Behörde auch dementsprechend konkrete Sachverhaltsfeststellungen getroffen werden konnten.

Da dies im gegenständlichen Fall jedoch nicht zutrifft, ist im Ergebnis auch keine Strafbarkeit der Beschwerdeführerin gegeben.

Die bloße Teilnahme an einer unangemeldeten Versammlung ist daher nach der derzeit maßgeblichen Gesetzeslage - vom Ausnahmefall des § 9 VersG abgesehen - nicht strafbar; vielmehr kann die Behörde bei einem bloßen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 VersG allenfalls mit einer Auflösung der Versammlung (§ 13 VersG) vorgehen.

4.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren mangels Vorliegens eines strafbaren Verhaltens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. G r o f

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