Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230813/9/Fra/Pe

Linz, 27.06.2002

VwSen-230813/9/Fra/Pe Linz, am 27. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn MZ, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 28.2.2002, Sich96-169-2000-Wam, betreffend Übertretung des § 32 Abs.2 Fremdengesetz (FrG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.6.2002, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 7,26 Euro, zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 32 Abs.2 Fremdengesetz gemäß § 108 Abs.1 Z2 FrG iVm § 16 VStG eine Geldstrafe von 36,34 Euro (EFS 24 Stunden) verhängt, weil er am 2. Februar 2000 um 10.45 Uhr in St. Peter am Hart auf der B 148 nächst Strkm. 30,050 sein Reisedokument nicht mit sich geführt oder in einer solchen Entfernung von seinem Aufenthaltsort aufbewahrt hat, dass seine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen hätte können.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Der Bw führt im Wesentlichen aus, dass der angefochtene Bescheid sowohl materiell - als auch verfahrensrechtlich verfehlt sei. Insbesondere habe die belangte Behörde keine Feststellung dahingehend getroffen, ob er üblicherweise seinen Personalausweis gemeinsam mit dem Führerschein in seiner Geldbörse verwahre. Es fehle auch die Feststellung, ob er zur Vorlage eines Reisedokumentes aufgefordert wurde. Diese Feststellungen seien allerdings entscheidungswesentlich. Die Behörde erster Instanz habe nicht einmal versucht, die Zeugin M oder ihn selbst einvernehmen zu lassen. Sie habe sich lediglich darauf beschränkt, den Inhalt der Anzeige vom 9. Februar 2000 ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen. Auch bei der Strafbemessung sei nicht nachvollziehbar, ob die erstinstanzliche Behörde spezial- bzw generalpräventive Überlegungen angestellt habe. Es bleibe auch dunkel, wieso ihm überhaupt ein Verschulden an der angeblichen Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werde. Er sei nicht zur Vorlage eines Reisedokumentes aufgefordert worden. Vielmehr sei es so gewesen, dass er zunächst zur Vorlage des Führerscheines aufgefordert wurde, welcher Aufforderung er ohne weiteres nachgekommen sei. Erst nachfolgend habe ihn RI W-H zur Vorlage des Fahrzeugscheines sowie des Schaublattes aufgefordert, welcher Aufforderung er ebenfalls nachgekommen sei. Ein darüber hinausgehendes Verlangen habe Herr RI W-H mit Sicherheit nicht gestellt. Er beantrage ausdrücklich die Einvernahme der Zeugin RM, sowie seine Einvernahme. Außerdem sei Verfolgungsverjährung eingetreten. Der Bw stellt den Antrag auf Abänderung des angefochtenen Bescheides - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - dahingehend, dass das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingestellt wird.

I.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers Herrn RI. W-H im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Obwohl der Bw bemängelt, dass er nicht einvernommen wurde, ist er zur Verhandlung nicht erschienen.

Der Oö. Verwaltungssenat ist aufgrund des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Bw die ihm zur Last gelegte Übertretung begangen hat. Der Oö. Verwaltungssenat folgt insofern den Aussagen des oa Zeugen. Dieser führte aus, den Bw mit Sicherheit aufgefordert zu haben, sein Reisedokument vorzuweisen. Die Aufforderung stelle er immer so, dass er zuerst den Führerschein und den Fahrzeugschein bzw Zulassungsschein verlangt. Handelt es sich um einen Ausländer, verlange er auch das Reisedokument. Der Beschuldigte habe ihm jedoch zur Antwort gegeben, er habe sein Reisedokument zu Hause vergessen. Auf die Frage an den Zeugen, weshalb er bei seiner Zeugenaussage am 10.9.2001 vor der belangten Behörde angegeben habe, der Bw habe beteuert, seinen Personalausweis im PKW in Deutschland vergessen zu haben, gab der Zeuge zur Antwort, dass wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt sein Erinnerungsvermögen noch besser gewesen sei, als zum Zeitpunkt seiner heutigen Einvernahme.

Beweiswürdigend ist festzustellen, dass der Oö. Verwaltungssenat keinen Anlass hat, an den Angaben des Zeugen zu zweifeln. Die Ausführungen des Zeugen waren gut nachvollziehbar und schlüssig. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Zeuge den Bw wahrheitswidrig belasten will. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Zeuge aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Position unter Wahrheitspflicht steht, bei deren Verletzung er mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte, während sich der Beschuldigte nach Opportunität verantworten kann, ohne deshalb Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Der Beweisantrag auf Einvernahme der Frau RM war aus folgenden Gründen abzulehnen:

Bereits in ihrer Stellungnahme vom 13.10.2001 an den Vertreter des Bw gab Frau M an, dass der Bw die Angewohnheit habe, sowohl seinen Führerschein wie auch seinen Personalausweis immer zusammen in seiner Geldbörse aufzubewahren. Es sei undenkbar, dass der Bw, wie behauptet wird, seinen Führerschein vorzeigte, seinen Personalausweis aber nicht vorzeigen konnte. Außerdem sei der Bw des Öfteren im Ausland sowohl innerhalb der EU wie auch außerhalb der EU unterwegs. Für viele dieser Länder benötige er einen Reisepass, den er ständig bei seinen Arbeitsunterlagen in seinem Aktenkoffer aufbewahrt, weil er oft kurzfristig in jene Länder fahren muss. Die Aussage des Herrn RI. W-H sei aus den besagten Gründen absurd.

Die oa Stellungnahme der Frau M ist durchaus nachvollziehbar, jedoch nicht geeignet, den Bw zu entlasten. Frau Ma konnte nämlich keine Aussage zum konkreten Vorfall machen. Zutreffend hat bereits die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis festgestellt, dass Frau M nur allgemeine Aussagen aus ihrer bisherigen Erfahrung mit dem Bw vorgebracht habe.

Der Oö. Verwaltungssenat folgt daher den Aussagen des Meldungslegers und stellt den spruchgemäßen Sachverhalt als erwiesen fest.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass der Bw damit den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat. Der Oö. Verwaltungssenat verweist - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis. Entgegen der Auffassung des Bw ist gegenständlich auch nicht Verfolgungsverjährung eingetreten. Es ist erwiesen, dass die erste Verfolgungshandlung, nämlich die Strafverfügung vom 21.7.2000 am 2.8.2000 - sohin am letzten Tag der Verfolgungsverjährungsfrist - zur Post gegeben wurde.

Dies ergibt sich aus dem Poststempel auf dem entsprechenden Briefkuvert. Die diesbezügliche Berufungsbehauptung ist sohin aktenwidrig. Entgegen der Behauptung des Bw ist die Behörde auch nicht verpflichtet, die Zustellung entsprechend dem Zustellungsersuchen gemäß dem Europäischen Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland zuzustellen. Es genügt eine nachweisliche Zustellung. Nur dann, wenn das Schriftstück nicht zugestellt werden kann, erfolgt die Zustellung mit dem oa Zustellersuchen.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung und zwar auch dann, wenn die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Bei der Strafverfügung vom 21.7.2000, Sich96-169-2000-G, handelt es sich um eine taugliche Verfolgungshandlung. Eine Verfolgungshandlung schließt die Verfolgungsverjährung dann aus, wenn sie innerhalb der Verjährungsfrist abgefertigt (zur Post gegeben) worden ist (VwGH 17.9.1986, 84/01/005 ua). Es ist nicht von Bedeutung, ob die Verfolgungshandlung dem Täter zur Kenntnis gelangt (hier: Zustellversuch). Die Verfolgungshandlung muss nur während der Verjährungszeit in irgendeiner Form nach außen in Erscheinung treten. Dies ist gegenständlich erfolgt. Nicht von Bedeutung ist es, ob die Verfolgungshandlung dem Täter zur Kenntnis gelangt ist. Dies ergibt sich bereits aus dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes (vgl. § 32 Abs.2 letzter Satz VStG). Entgegen der Behauptung des Bw ist sohin nicht Verfolgungsverjährung eingetreten.

Der Schuldspruch war daher zu bestätigen.

Die Strafe wurde nach den Kriterien des § 19 VStG bemessen. Der gesetzliche Strafrahmen wurde lediglich zu rd. einem Sechstel ausgeschöpft. Ein Ermessensfehler bei der Strafbemessung ist nicht zu konstatieren.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r