Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230847/3/WEI/Eg/An

Linz, 18.11.2004

 

 

 VwSen-230847/3/WEI/Eg/An Linz, am 18. November 2004

DVR.0690392
 
 
 
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des L Z, geb., c Staatsangehöriger, vertreten durch Mag. M R, Rechtsanwalt in G, H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 4. August 2003, Zl. Sich96-52-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 107 Abs 1 Z 4 iVm § 31 Abs 1 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 (BGBl I Nr. 75/1997, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 134/2002 [Strafrechtsänderungsgesetz]) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 29 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG; § 64 Abs 1 und 2 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie halten sich als c Staatsangehöriger und somit als Fremder im Sinne des § 1 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich, und zwar an der Adresse in S, T auf, da Sie seit 23.10.2002 nicht mehr auf Grund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind und Sie nicht Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind und Ihnen nicht eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt."

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 107 Abs. 1 Zi. 4 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002"

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde "gemäß § 107 Abs. 1 Zi. 4 FrG" eine Geldstrafe in Höhe von 145 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 14,50 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 7. August 2003 zugestellt wurde, richtet sich die rechtsfreundlich verfasste Berufung, die am 21. August 2003 noch rechtzeitig mittels Telefax bei der belangten Behörde eingebracht worden ist und mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 13. März 2003, Zl. Sich 40-8054, wurde der Bw von der Einleitung des Ausweisungsverfahrens und dem dafür maßgeblichen Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Nach den Unterlagen der belangten Behörde reiste der Bw am 28. Juli 2002 illegal über den Flughafen W in Österreich ein. In der Folge stellte er am 5. September 2002 einen Asylantrag. Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, rechtskräftig seit 22. Oktober 2002, abgewiesen. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 endete daher mit 22. Oktober 2002. Seither halte sich der Bw nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf und habe er somit Österreich zu verlassen. Zum Privat- oder Familienleben des Bw teilte die belangte Behörde ihren Kenntnisstand mit, dass der Bw einer Beschäftigung nachginge (Beschäftigungsbewilligung vom 8.11.2002 bis 7.11.2003 für C Z) und in Österreich keine Familienangehörigen lebten.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. März 2003, Zl. Sich 96-52-2003, zugestellt durch Hinterlegung am 17. März 2003, hat die belangte Behörde dem Bw die Verwaltungsübertretung wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Daraufhin langte am 26. März 2003 die Vertretungsanzeige des Rechtsvertreters mit Antrag auf Akteneinsicht ein. Die belangte Behörde übermittelte dem Rechtsvertreter mit Schreiben vom 9. April 2003 Kopien des Fremden- und Strafaktes.

 

In der rechtsfreundlich vertretenen Stellungnahme zum Tatvorwurf vom 30. April 2003 wird zunächst als richtig zugestanden, dass das Asylverfahren des beschuldigten Bw abschlägig entschieden wurde und er keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 19 AsylG mehr besitzt. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass der Bw in seinem Heimatland einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei und würde eine Abschiebung in sein Heimatland bedeuten, dass er zudem auch einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des § 57 FrG ausgesetzt wäre. In der Stellungnahme vom 24. April 2003 im Ausweisungsverfahren habe der Bw darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, seine Freundin, eine österreichische Staatsbürgerin, zu ehelichen und nach Erhalt der entsprechenden Urkunden auch die Ehe im Bundesgebiet einzugehen. In Anbetracht dessen, dass unter Zugrundelegung der maßgeblichen Judikatur des VwGH eine Abschiebung des Bw in sein Heimatland Gründe im Sinne des § 37 FrG entgegenstünden, könne ihm sohin nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er sich weiterhin im Bundesgebiet aufhalte. Auch unter Zugrundelegung des Umstandes, dass der Bw in seinem Heimatland einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei, komme ihm die gesetzliche Bestimmung des § 6 VStG zu Gute, sodass eine Bestrafung im gegenständlichen Fall nicht möglich sei. Als Beweis führt der Bw seine Einvernahme und die Einvernahme der Freundin an, wobei die ladungsfähige Anschrift und der Name umgehend bekannt gegeben würden.

 

2.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juli 2003, Zl. Sich 40-8054, wurde der Bw aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich auf der Rechtsgrundlage des § 33 Abs 1 FrG 1997 ausgewiesen.

 

Begründend führte die belangte Behörde zum Sachverhallt aus, dass der Bw am 28. Juli 2002 illegal über den Flughafen W nach Österreich eingereist sei. In der Folge habe er am 9. September 2002 einen Asylantrag gestellt, welcher vom Bundesasylamt, Außenstelle Graz, rechtskräftig (seit 22. Oktober 2002) abgewiesen worden sei. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung sei somit am 22. Oktober 2002 geendet und halte sich der Bw seither nicht mehr rechtmäßig in Österreich auf.

 

Mit Schreiben vom 24. April 2003 habe der Rechtsvertreter des Bw angegeben, dass der Bw einer geregelten Beschäftigung nachgehe und finanziell abgesichert sei. Weiters sei er laut eigenen Angaben weder verwaltungsbehördlich noch strafrechtlich in Erscheinung getreten, sodass sein weiterer Verbleib im Bundesgebiet keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle. Überdies sei er mit einer österreichischen Staatsbürgerin eng befreundet und sei auch eine Verehelichung beabsichtigt.

 

Die belangte Behörde veranlasste in der Folge Erhebungen durch den Gendarmerieposten G. Laut Gendarmeriebericht vom 21. Juni 2003 wurde der Bw am 18. Juni 2003 im China-Restaurant unter der Adresse G, R, angetroffen. Über Befragen habe er angegeben, dass er keine Freundin in Österreich habe. Warum sein Rechtsvertreter in der Stellungnahme vom 24. April 2003 anführte, dass er eine Österreicherin heiraten würde, könne er nicht sagen.

 

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass sich der Bw seit 23. Oktober 2002 nicht mehr rechtmäßig in Österreich aufhält und daher ausgewiesen werden könne. Der Bw halte sich bereits über 8 Monate illegal in Österreich auf und würde ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt die öffentliche Ordnung in hohem Maße gefährden, weshalb die Ausweisung zur Wahrung der öffentlichen Ordnung gemäß § 37 Abs 1 FrG 1997 dringend geboten sei. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde nach Österreich begeben und nach Auslaufen des Einreisetitels oder nach negativem Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht wieder verlassen. Das Ausweisungsverfahren sei in einem solchen Fall erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte.

 

Hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens sei bekannt, dass er derzeit einer Beschäftigung nachgehe, er jedoch keine Bewilligung nach dem Fremdengesetz 1997 zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit habe und in Österreich keine Familienangehörigen lebten. Bei Abwägung seiner privaten Interessen und den öffentlichen Interessen sei im Hinblick auf den bereits länger andauernden nicht rechtmäßigen Aufenthalt den öffentlichen Interessen der Vorzug zu geben gewesen.

 

2.3. Im angefochtenen Straferkenntnis vom 4. August 2003 ging die belangte Behörde vom oben dargestellten Sachverhalt aus.

 

Dem Vorbringen der Stellungnahme vom 30. April 2003, wonach der Bw im Heimatland einer asylrelevanten Verfolgung und einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des § 57 FrG 1997 ausgesetzt wäre, entgegnete die belangte Behörde, dass bereits das Bundesasylamt, Außenstelle Graz, mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt habe, dass die Abschiebung des Bw in sein Heimatland zulässig ist. Von einer asylrelevanten Verfolgung sei somit nicht auszugehen. Auch das Vorbringen, wonach der Bw eine österreichische Staatsbürgerin ehelichen wolle, deren Namen er bislang jedoch nicht bekannt gegeben habe, ändere nichts an seinem unrechtmäßigen Aufenthalt. Der Bw habe daher gegen die einschlägigen Strafbestimmungen des Fremdengesetzes schuldhaft verstoßen.

 

2.4. Die Berufung bekämpft das gegenständliche Straferkenntnis wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Erstbehörde hätte keine amtswegigen Ermittlungen in die Wege geleitet. Die in der Stellungnahme vom 30. April 2003 vom Bw gestellten Beweisanträge seien von der Behörde aus unerklärlichen Gründen nicht aufgenommen worden, weshalb der belangten Behörde eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung anzulasten sei, die den Verwaltungsverfahrensgesetzen fremd sei.

 

Der Bescheiderlassung habe ein Ermittlungsverfahren vorauszugehen. Dieses sei jedoch keineswegs so zu gestalten, dass lediglich Beweise aufzunehmen seien, welche von den Parteien angeboten werden. Für das Ermittlungsverfahren gelten die Grundsätze der Amtswegigkeit und der Erforschung der materiellen Wahrheit. Nur ein nach den Bestimmungen der §§ 37 bis 55 AVG durchgeführtes Ermittlungsverfahren vermöge die Grundlage für eine einwandfreie Entscheidung zu bilden. Die Partei habe auch eine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes. Diese Pflicht habe jedoch dort ihre Grenze, wo die Partei zwar gewillt sei, der Behörde die entsprechenden Informationen zu erteilen, jedoch nicht in der Lage sei das Ermittlungsverfahren hinsichtlich für eine einzelne Person schwer zugängliche Fragen oder Details darzulegen.

 

Der Mitwirkungspflicht komme nur dort Bedeutung zu, wo es der Behörde nicht möglich sei von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden. Die Mitwirkungspflicht einer Partei könne nicht so weit gehen, dass sich die Behörde eine Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens hinsichtlich einer bestimmten Frage ersparen könne.

 

Im Übrigen stelle sich auch die Begründung im angefochtenen Erkenntnis als Formalbegründung dar, die den strengen Erfordernissen der §§ 58 bzw. 60 AVG nicht gerecht werden könne. Die Bw führt als Beweis die Einvernahme seiner Freundin an, deren Anschrift und Namen umgehend bekannt gegeben werde.

 

2.5. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat im Nachhang die auch dem Rechtsvertreter des Bw zugestellte Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich 23. Februar 2003, Z. St 200/03, vorgelegt. Mit diesem Berufungsbescheid wurde der Berufung gegen den Ausweisungsbescheid der belangten Behörde vom 2. Juli 2003, Zl. Sich 40-8054, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

2.5.1. Die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich ging in der Begründung ihres Berufungsbescheides von dem bereits oben dargestellten Sachverhalt aus. Zum Privat- und Familienleben brachte die Berufung im Ausweisungsverfahren vor, dass der Bw am 25. März 2003 in der Kanzlei seines Rechtsvertreters im Beisein eines Dolmetschers angegeben hätte, eine österreichische Freundin zu haben. Dem stehen die Erhebungen des Gendarmeriepostens G vom 21. Juni 2003 entgegen, wonach der Bw angegeben hätte, keine solche Freundin zu haben. Die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich würdigte diesen Widerspruch, indem sie dem Bw entgegenhielt, dass Angaben im Allgemeinen nicht als glaubwürdig angesehen werden, wenn der Bw im Verlauf des Verfahrens Tatsachen unterschiedlich und widersprüchlich darstellt und seine Angaben mit der Erfahrung entsprechender Geschehnisabläufe nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen und wenn er maßgebliche Tatsachen erst nach anwaltlicher Vertretung vorbringt.

 

In der Stellungnahme vom 24. April 2003 stellte der Bw den Beweisantrag auf Einvernahme seiner Freundin, wobei er deren Namen und eine ladungsfähige Anschrift umgehend bekannt geben wollte. Da es dem Bw zum Zeitpunkt der Stellungnahme aber nicht möglich war, zumindest den Namen seiner Freundin zu nennen, hielt die Sicherheitsdirektion den Hinweis auf eine österreichische Freundin für nicht glaubwürdig. Nach dem Bericht des Gendarmeriepostens G vom 21. Juni 2003 ergaben die am 26. Mai 2003 durchgeführten Erhebungen bei der Hausbesitzerin der Wohnanschrift des Bw, dass er bei ihr im Chinarestaurant in G als Koch beschäftigt sei und auch bei ihr wohne. Überdies hätte diese angeführt, dass der Bw alleine in Österreich sei und keine Freundin habe. Jedenfalls habe sie den Bw noch nie mit einer Frau gesehen und wohne auch an der Wohnanschrift keine Frau bei ihm. Bei einer weiteren Erhebung der Gendarmerie am 18. Juni 2003 sei der Bw an der Arbeitsstelle angetroffen worden und habe in Gegenwart der Restaurantbesitzerin als Dolmetscherin gegenüber den Exekutivorganen angegeben, keine Freundin in Österreich zu haben. Zudem habe er angegeben, nicht sagen zu können, weshalb sein Rechtsanwalt behaupten könne, er würde eine Österreicherin heiraten.

 

Diese Angaben hielt die Sicherheitsdirektion für absolut glaubwürdig und in sich schlüssig. Es sei kein Grund ersichtlich gewesen, weshalb der Bw frei von jedem äußeren Einfluss wahrheitswidrige Angaben gemacht haben sollte. Es bestünde kein Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser beiden übereinstimmenden Angaben. Nicht einmal in der Berufung wäre es dem Bw möglich gewesen, eine österreichische Freundin namhaft zu machen.

 

2.5.2. In rechtlicher Hinsicht nahm die Sicherheitsdirektion ebenfalls an, dass die Aufenthaltsberechtigung des Bw nach Abschluss des Asylverfahrens mit 22. Oktober 2002 endete und er sich daher seit 23. Oktober 2002 illegal in Österreich aufhielt. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet nach und trotz rechtskräftiger Abweisung eines Sichtvermerksantrages gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, weshalb die Ausweisung demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei (Hinweis auf VwGH-Erk. vom 30.9.1993, Zl. 93/18/0419). Auch dem Einwand des Bw, eine Ausweisung bzw. ein Eingriff in sein Familienleben sei nur dann als gerechtfertigt anzusehen, wenn schwere Straftaten vorliegen, könne aus den angeführten Gründen nicht gefolgt werden. Zudem würde durch diese Rechtsansicht das Fremdenrecht und dessen Vollziehung, insbesondere die für die Einreise und den Aufenthalt maßgeblichen Normen, ad absurdum geführt.

 

Schon nach den persönlichen Verhältnissen des Bw (längerer illegaler Aufenthalt mit Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung nach FrG 1997, keine Familienangehörigen in Österreich) würde es sich erübrigen zu erörtern, ob die Ausweisung im Sinne des § 37 Abs 1 FrG 1997 dringend geboten ist, da nicht in relevanter Weise in das Privat- und Familienleben des Bw eingegriffen werde (Hinweis auf VwGH-Erk. vom 14.4.1993, Zl. 93/18/0112). Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ebenso, wenn Fremde nach Auslaufen eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verlassen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (Hinweis auf VwGH-Erk. vom 30.9.1993, Zl. 93/18/0310). Vor diesem Hintergrund hätte auch von der Ermessensbestimmung des § 33 Abs 1 FrG 1997 Gebrauch gemacht werden müssen. Von der Aufnahme weiterer Beweise hätte insofern Abstand genommen werden können, als der entscheidungsrelevante Sachverhalt ausreichend ermittelt worden wäre.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage davon aus, dass der auch im gegenständlichen Strafverfahren entscheidungswesentliche Sachverhalt durch das fremdenbehördliche Ausweisungsverfahren hinreichend und mängelfrei geklärt worden ist. Die wesentlichen Umstände sind ohnehin unstrittig. Lediglich unter dem Aspekt des Schutzes des Privat- und Familienlebens nach § 37 FrG 1997 behauptet der Bw, eine Österreicherin heiraten zu wollen. Insofern schließt sich das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats vollinhaltlich der überzeugenden Beweiswürdigung der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich an (vgl oben unter Punkt 2.5.1). Es handelt sich bei diesem Vorbringen offensichtlich um eine bloße Schutzbehauptung, weil der Rechtsvertreter weder in der vorliegenden Berufung vom 21. August 2003 noch im Berufungsverfahren bis dato den Namen sowie eine ladungsfähige Anschrift der angeblichen österreichischen Freundin des Bw bekannt geben konnte.

Damit erweist sich aber auch die Verfahrensrüge des Bw als unbegründet. Der Bw wäre im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gehalten gewesen, jene Umstände seines Privatlebens bekannt zu geben, aus denen er rechtliche Vorteile ableiten möchte. Deshalb hätte er seine Lebenssituation konkret schildern und entsprechende Beweismittel benennen müssen. Da er dies unterlassen hat, liegt gar kein geeigneter Beweisantrag zu einem relevanten Beweisthema vor. Deshalb geht auch der der belangten Behörde gemachte Vorwurf der antizipierenden Beweiswürdigung ins Leere.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen.

 

4.1. Gemäß § 107 Abs 1 FrG 1997 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in den Fällen der Z 1 und Z 2 mit Geldstrafe bis 726 Euro oder Freiheitsstrafe bis zu 14 Tagen, sonst mit Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, wer

 

nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist oder

einem Aufenthaltsverbot zuwider unerlaubt in das Bundesgebiet zurückkehrt oder

sich als passpflichtiger Fremder, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokuments zu sein, im Bundesgebiet aufhält, oder

sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 31).

Nach § 31 FrG 1997 halten sich Fremde in Österreich rechtmäßig auf,

  1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder
  2. wenn sie auf Grund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene (§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind oder
  3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind oder
  4. solange ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt.

 

4.2. Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass das Asylverfahren des Bw rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde und die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG 1997 am 22. Oktober 2002 endete. Seit dem 23. Oktober 2002 hatte der Bw keinen Aufenthaltstitel mehr und hielt sich dennoch weiterhin unrechtmäßig in Österreich auf.

Die belangte Strafbehörde hat der ohne jede Faktengrundlage vorgebrachten Behauptung des Bw einer asylrelevanten Verfolgung in seinem Heimatland mit Recht entgegengehalten, dass im abweisenden Asylbescheid gemäß § 8 AsylG 1997 auch die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 57 FrG 1997 in das Heimatland des Bw festgestellt worden ist. Diese rechtskräftig geklärte Frage ist damit grundsätzlich abgeschlossen und kann nicht neuerlich aufgeworfen werden. Nachträglich hervorgekommene Verfolgungsgründe hat der Bw nicht einmal ansatzweise vorgebracht.

4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein gesetzlicher Strafausschließungsgrund gemäß § 6 VStG in Bezug auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Tatbestand des § 107 Abs 1 Z 4 FrG 1997 (früher § 82 Abs 1 Z 4 FrG 1992) angenommen werden, wenn der - im Verwaltungsstrafverfahren als Vorfrage zu prüfenden - Zulässigkeit einer hypothetischen Ausweisung des Fremden eine zu seinen Gunsten ausfallende Interessenabwägung nach § 37 FrG 1997 (früher § 19 FrG 1992) im Wege steht (vgl u.A. VwGH 27.1.2004, Zl. 2002/21/0203; VwGH 26.6.2002, Zl. 99/21/0041; VwGH 7.4.2000, Zl. 97/21/0351; VwGH 6.11.1998, Zlen. 97/21/0085 und 98/21/0065). Im Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2002/21/0214, hat der Verwaltungsgerichtshof die Ausweisung eines wegen Körperverletzung straffällig gewordenen jugoslawischen Staatsangehörigen, der sich beinahe zehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet mit seiner Ehegattin und zwei Kindern aufhielt, im Hinblick auf einen sehr schweren und komplizierten Herzfehler des Sohnes nicht als zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und damit nach § 37 Abs 1 FrG 1997 als unzulässig betrachtet.

Abgesehen davon, dass die Frage der Zulässigkeit der Ausweisung nach § 33 Abs 1 iVm § 37 Abs 1 FrG 1997 durch die Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich mittlerweile zum Nachteil des Bw geklärt worden ist und sich eine Vorfrage iSd § 37 Abs 1 FrG 1997 daher gar nicht mehr stellt, ist aus den oben zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes abzuleiten, dass für eine Höherbewertung der privaten Interessen von Fremden gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Beendigung unrechtmäßigen Aufenthalts eine gefestigte soziale Integration durch einen langjährigen Aufenthalt mit intensiven familiären Interessen im Bundesgebiet erforderlich wäre. Davon könnte beim Bw auch dann keine Rede sein, wenn man von dem pauschal gehaltenen Berufungsvorbringen ausginge, wonach er eine österreichische Freundin zu heiraten beabsichtigte. Denn diese Absicht eines erst Ende Juli 2002 illegal eingereisten Fremden, der sich nach bloß vorläufiger asylrechtlicher Aufenthaltsberechtigung bereits seit 23. Oktober 2002 wieder ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhält, könnte nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats sicher nicht höher bewertet werden, als das dringende öffentliche Interesse an seiner Außerlandesschaffung.

4.4. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass beim gegebenen Sachverhalt kein Strafausschließungsgrund iSd § 6 VStG in Betracht kommt. Die belangte Behörde hat daher den Bw zu Recht schuldig gesprochen. Hinsichtlich der Strafbemessung wird auf die zutreffenden Gründe im angefochtene Straferkenntnis verwiesen. Auch der Unabhängige Verwaltungssenat hält den Unrechtsgehalt für erheblich und das Verschulden des Bw zumindest für grob fahrlässig. Die verhängte Geldstrafe von 145 Euro (67 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) erscheint beim Strafrahmen bis 726 Euro dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und den angenommenen persönlichen Verhältnissen des Bw angemessen und war auch aus general- und spezialpräventiven Grund erforderlich, um künftiges Wohlverhalten zu erzielen. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw nach § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. W e i ß
 
 

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