Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230849/10/BMa/Be

Linz, 28.10.2003

 

 

 VwSen-230849/10/BMa/Be Linz, am 28.Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des Herrn K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 11. August 2003, Zl. Sich96-849-2002, wegen einer Übertretung des Meldegesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 24 VStG iVm. § 66 Abs.4 AVG; § 45 Abs.1 Z.1, 1.Alt VStG;

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom
11. August 2003, Zl. Sich96-849-2002, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil ihm als Bevollmächtigter der Unterkunftsgeberin der R bekannt gewesen sei, dass diese ihre Unterkunft in ("Haus R"), am 13. Februar 2001 aufgegeben habe, ohne sich bei der Meldebehörde abgemeldet zu haben, und er es unterlassen habe, diese Tatsache binnen 14 Tagen beim Meldeamt der Gemeinde G mitzuteilen. Dieser Sachverhalt sei am 4. März 2002 festgestellt worden; dadurch habe er eine Übertretung des § 8 Abs.2 Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992 idF. BGBl. II Nr. 66/2002 (im Folgenden: MeldeG), begangen, weshalb er nach § 22 Abs.2 MeldeG zu bestrafen gewesen sei.

 

1.2. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die dem Rechtsmittelwerber angelastete Tat sei aufgrund der amtlichen Wahrnehmungen der vom Gendarmeriepostenkommando E eingeschrittenen Organe als erwiesen anzusehen und vom Rechtsmittelwerber auch nicht bestritten worden. Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd gewertet worden; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.3. Gegen dieses seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter am 10. September 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, mit 9. September 2003 (also mit einem Zeitpunkt vor dem Zustelldatum) datierte Berufung, die am 10. September 2003 - und damit rechtzeitig - zur Post gegeben wurde.

 

 

1.4. Darin führt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen aus, er sei nie Bevollmächtigter der Unterkunftsgeberin der Christine-Maria Rühle in der Unterkunft, gewesen. Sollte eine entsprechende Vollmacht vorliegen, so würde es sich um eine unrichtige Urkunde handeln, bei der möglicherweise auch die Unterschrift bzw. der Name des Einschreiters gefälscht sei. Dem Berufungswerber seien die handelnden Personen vollkommen unbekannt.

 

Daher wird eine mündliche Verhandlung mit Aufnahme zusätzlicher Beweise und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

2. Am 20. Oktober 2002 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Berufungswerber in rechtsfreundlicher Vertretung, der Vertreter der belangten Behörde sowie die Zeugen H (die angebliche Vollmachtgeberin) und der anzeigende Beamte Insp. B erschienen sind.

 

2.1. Der Zeuge Insp. B gab im Wesentlichen an, die Vermutung, der Berufungswerber sei Bevollmächtigter der Unterkunftsgeberin H, stütze sich auf eine schriftliche Vollmacht der H, die er von der Gemeinde G übermittelt bekommen habe, wonach Herr K bevollmächtigt sei, sie in Meldeangelegenheiten zu vertreten. Das Bestehen der Vollmacht sei aufgrund der bei der Gemeinde aufliegenden Vollmachtsurkunde vom 8. Mai 2000 als bestehend angenommen und nicht weiter geprüft oder hinterfragt worden. Auf dem von ihm ebenfalls in Kopie vorgelegten Meldezettel betreffend die Anmeldung der Frau Rühle Christine-Maria sei die Unterschrift des Berufungswerbers, Herrn K, ersichtlich. Der Meldezettel der Frau Rühle sei nicht der einzige, der als Unterkunftsgeber von Herrn K unterzeichnet worden sei und bei der Gemeinde aufliege. Zum Beweis dafür wurden noch weitere drei Meldezettel in Kopie, auf denen die Unterschrift des Berufungswerbers ersichtlich ist, vorgelegt.

 

2.2. Die Zeugin H, die vermutliche Vollmachtgeberin, führte im Wesentlichen aus, sie könne sich nicht mehr daran erinnern, wie es zu der Vollmacht vom 8. Mai 2000 gekommen sei, sie habe Herrn K bevollmächtigt, wenn er sie um eine Vollmacht gebeten habe. Sie könne das aber im Konkreten nicht mehr nachvollziehen. Sie wisse nicht, wie die Unterschrift des Herrn K auf den Meldezettel der Frau R gekommen sei, sie habe mit dem Meldevorgang der betreffenden jeweiligen Prostituierten des Hauses R, deren Besitzerin sie sei, nichts zu tun. Die Unterschrift auf der Vollmachtsurkunde vom 8. Mai 2000 sei ihre eigene, sie könne sich jedoch nicht mehr daran erinnern, ob sie die Vollmacht bei der Gemeinde deponiert habe oder diese mit Herrn K besprochen habe. Eine Erinnerung fehle ihr auch daran, Herrn K bevollmächtigt zu haben und sie könne auch nichts über den Umfang der Vollmacht aussagen. Sie könne weiters nicht angeben, warum sie die Vollmacht unterschrieben habe, und wisse auch nicht mehr, ob der Berufungswerber diese jemals angenommen habe.

 

2.3. Der Berufungswerber selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, es sei richtig, dass er die Zeugin H bereits seit Jahren kenne, seine Angabe in der Berufungsschrift, wonach ihm die handelnden Personen vollkommen unbekannt seien, erkläre er damit, dass diese Aussage sich auf die im Haus R tätigen Mädchen beziehe, die jeweils in diesem Haus Gemeldeten kenne er tatsächlich nicht. Er habe nie Meldungen für die Unterkunftnehmerinnen des Hauses R vorgenommen. Die Unterschrift auf den Meldezetteln, auch auf jenem der Frau R, sei seine Unterschrift, die Angabe seines Namens in Blockbuchstaben auf den Meldezetteln stamme ebenfalls von ihm. Er erkläre das damit, dass er nicht ausgefüllte Meldezettel mit seiner Unterschrift im C Club in Salzburg in der Garderobe aufliegen habe, damit sich die Damen selbst anmelden können. Es bestehe die Möglichkeit, dass eine Dame vom Personal des Ca Clubs sich ein paar Meldezettel mitgenommen habe und diese dann für die Anmeldung im Haus R verwendet habe. Er stehe in keinen Geschäftsbeziehungen zu Frau H und habe mit dem Haus R selbst auch nichts zu tun. Er habe von der Vollmacht vom 8. Mai 2000 keine Kenntnis gehabt, diese Vollmacht sei nicht von ihm gegengezeichnet, sie enthalte weder sein Geburtsdatum noch seine Meldeadresse und hätte in dieser Form eigentlich von jeder Person für ihn ausgestellt werden können. Er habe Blankounterschriften auf zahlreichen Meldezetteln gefertigt, da er mehrere Wohnungen in Salzburg angemietet habe und diese den im C Club beschäftigten Damen zur Verfügung stelle. Er befinde sich sehr oft im Ausland, die Damen hätten sich innerhalb von drei Tagen behördlich anzumelden und zu diesem Zweck würden diese "Blankoformulare" aufliegen.

 

Obwohl die Vollmacht vom 8. Mai 2000 stamme und ein weiterer Meldezettel, der anlässlich der mündlichen Verhandlung von Insp. B vorgelegt worden sei, ebenfalls mit 8. Mai datiert sei, halte er fest, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht in G aufhältig gewesen sei, da er sich am, seinem Geburtstag, immer in Gran Canaria aufhalte.

 

Die Meldezettel seien mit verschiedenen Schriftarten ausgefüllt (handschriftlich und auch mit Schreibmaschine); außer der Unterschrift stamme jedoch kein Eintrag auf diesen Meldezetteln von ihm. Die auf den Zetteln angeführten Personen seien ihm unbekannt.

 

Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen mache er keine Angaben.

 

2.4. In der abschließenden Stellungnahme beantragte der Vertreter der belangten Behörde die Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses, dies insbesondere, weil sich anlässlich der mündlichen Verhandlung erwiesen habe, dass die Meldezettel vom Berufungswerber unterzeichnet worden seien. Die Rechtfertigung des Berufungswerbers sei lediglich als Schutzbehauptung anzusehen. Auch die Zeugin Hinterleiter habe geäußert, sie habe eine Vollmacht nur ausgestellt, wenn sie darum gebeten worden sei. Der Berufungswerber habe die Meldemodalitäten für Frau H als Unter-kunftgeberin auf sich genommen, um diese zu entlasten.

 

2.5. Vom Berufungswerber wurde abschließend die Einstellung des Verfahrens beantragt und ergänzend ausgeführt, das Motiv zur Ausstellung der Vollmacht der Frau Hinterleiter sei darin gelegen, von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung in Meldeangelegenheiten abzulenken. Die Vollmacht vom 8. Mai 2000 sei nicht vollständig und daher nicht unbedenklich. Letzteres gelte auch für die anlässlich der mündlichen Verhandlung vorgelegten Meldezettel, da teilweise Änderungen auf diesen vorgenommen worden seien bzw. konkret der Meldezettel der Frau Rühle zum Teil mit Schreibmaschine und teilweise handschriftlich ausgefüllt worden sei. Überdies sei auffällig, dass die bei der mündlichen Verhandlung vorgelegten Meldezettel nach dem Datum auf der Vollmacht ausgerichtet worden seien, würden doch alle vorliegenden Meldezettel nach dem 8. Mai 2000 datieren. Weiters sei entscheidend, dass der Umfang der Vollmacht nicht bestimmt sei und die Vollmacht überdies keinen Auftrag enthalte, dass der Berufungswerber die Unterkunftsgeberin tatsächlich zu vertreten habe.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 22 Abs.2 Z.5 MeldeG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 360 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 1.090 Euro, zu bestrafen, unter anderem, wer als Unterkunftsgeber gegen § 8 Abs.2 MeldeG verstößt.

 

Nach § 8 Abs.2 MeldeG ist der Unterkunftsgeber verpflichtet, der Meldebehörde binnen 14 Tagen eine Mitteilung zu machen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass für jemanden, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die Meldepflicht bei der Meldebehörde nicht erfüllt wurde, es sei denn, die Meldepflicht hätte ihn selbst getroffen.

 

Gemäß § 10 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr.51/1991 idF BGBl. I Nr. 117/2002 richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

3.1. Nach Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Braunau am Inn zu Zl. Sich96-849-2002 und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2003 kann es als erwiesen angesehen werden, dass Frau H als Unterkunftsgeberin mit Vollmacht vom 8. Mai 2000 Herrn K bevollmächtigt hat, sie in Meldeangelegenheiten betreffend das Haus, zu vertreten und als Unterkunftgeber am Meldezettel zu unterschreiben. Diese Vollmacht wurde bei der Gemeinde G hinterlegt. Die Unterschrift auf dem Meldezettel der Frau R stammt ebenfalls unstrittig von dem Berufungswerber K. Aufgrund der massiven Erinnerungslücken der Zeugin H konnte jedoch hinsichtlich des Umfangs der Vollmacht nur festgestellt werden, dass sie dem Berufungswerber die Möglichkeit eingeräumt hat, melderechtliche Vorgänge für sie wahrzunehmen. Das Bestehen der Vollmacht wurde von Frau H nicht widerrufen, daher ist ein Fortbestand dieser Vollmacht anzunehmen. Dies auch deshalb, weil Meldezettel vom Berufungswerber unterfertigt wurden. Die entgegenstehende Behauptung des Berufungswerbers, er habe keine Kenntnis von der Vollmacht gehabt, ist lediglich als Schutzbehauptung zu werten. Dies gilt auch für das Vorbringen, er habe von ihm unterfertigte Meldezettel ohne weiteren Inhalt zur freien Entnahme für die im C Club beschäftigten Damen aufliegen gehabt und die Angestellten hätten bei einem Wechsel ihrer Arbeitsstätte die Meldezettel mitgenommen und zur Anmeldung im Haus R verwendet.

Ein derart leichtfertiger Umgang mit melderechtlichen Angelegenheiten im Nachtclubmilieu ist ebenso unglaubwürdig wie die Darstellung des freien Arbeitsplatzwechsels durch die Prostituierten selbst.

 

3.2. Nach der Rechtsprechung des OGH ist ein Bevollmächtigungsvertrag ein Vertrag, durch den der Bevollmächtigte nicht nur ermächtigt, sondern auch verpflichtet wird, im Namen eines anderen Rechtshandlungen vorzunehmen. Es ist auch möglich, dass bloß die Ermächtigung zur Vertretung erteilt und auch angenommen wird, ohne die Verpflichtung hiezu aufzuerlegen (Dittrich/Tades, ABGB34 (1994), § 1002, E2).

Vorraussetzung für das Zustandekommen eines Bevollmächtigungsvertrages im Sinne des ABGB ist jedenfalls die Annahme durch den Bevollmächtigten selbst.

Auch wenn im gegenständlichen Fall eine Annahme der ihn berechtigenden Vollmacht durch den Bevollmächtigten aufgrund der von ihm unterzeichneten Meldezettel nachvollziehbar ist, so kann bei Bewertung der vorliegenden Indizien eine Verpflichtung des Bevollmächtigten, für die Unterkunftgeberin zu handeln, nicht abgeleitet werden. Das Bestehen einer derartigen Verpflichtung wurde vom Berufungswerber bestritten und von der belangten Behörde auch nicht behauptet.

 

4. Somit war dem Berufungswerber nicht nachzuweisen, dass er die Verantwortung zur Einhaltung der melderechtlichen Vorschriften für die Unterkunftsgeberin aufgrund der vorliegenden Vollmacht vom 8. Mai 2000 übernommen hat. Folglich ist auch der objektive Tatbestand des § 8 Abs.2 MeldeG durch den Berufungswerber nicht erfüllt bzw. konnte die Erfüllung des objektiven Tatbestandes diesem nicht nachgewiesen werden.

Das Verfahren war gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG einzustellen.

 
5. Die Kostenentscheidung ist in § 66 Abs.1 VStG gesetzlich begründet.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Mag. Bergmayr-Mann

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum