Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230866/2/SR/Ri

Linz, 08.01.2004

 

 

 VwSen-230866/2/SR/Ri Linz, am 8. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des J S G, vertreten durch Rechtsanwalt J F, D N, Astraße, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 18. November 2003, Zl. Sich96-99-2003, wegen Übertretung nach dem Grenzkontrollgesetz, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat: "Sie haben am 8. Mai 2003, um ca. 16.30 Uhr, im Bereich des Grenzsteines I/60, Gemeinde B L, die Bundesgrenze von Österreich nach Tschechien überschritten, obwohl der Grenzübertritt nur über einen Grenzübergang erfolgen darf".

 

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben. Die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe wird aufgehoben und statt dessen eine Ermahnung erteilt.

 

II. Ein Beitrag zu den Kosten entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben am 08.05.2003 um ca. 16.30 Uhr in B L, im Bereich des Grenzsteines

  1. Sie haben zum oa. Zeitpunkt im Bereich des Grenzsteines I/60, Gemeinde Bad Leonfelden die Bundesgrenze von Österreich nach Tschechien überschritten, obwohl der Grenzübertritt nur über einen Grenzübergang erfolgen darf.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 16 Abs.1 Zif. 2 i.V.m. § 10 Abs.1 Grenzkontrollgesetz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

 

Geldstrafe von

 

36€

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

12 Stunden

gemäß

 

§ 16 Abs.1 Zif2 Grenzkontrollgesetz

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

3,60 € Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 14,50 € angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 39,60 Euro."

2. Gegen dieses der Rechtsvertreterin des Bw am 27. November 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz durch den nunmehrigen Rechtsvertreter rechtzeitig eingebrachte Berufung.

2.1. Die Behörde erster Instanz führte im Wesentlichen begründend aus, dass der Bw die ihm zur Last gelegte Tat nicht bestritten habe. Er habe sich im Einspruch lediglich darauf bezogen, dass er die Tat nicht vorsätzlich begangen habe. Weiters sei der Bw der Auffassung gewesen, dass der tschechische Grenzbeamte autorisiert sei, beim Überschreiten der Grenze am Schlagbaum die entsprechende Identitätskontrolle vorzunehmen oder den Grenzübertritt zu unterbinden. Da das Vorbringen des Bw keinen Schuld- bzw. Strafausschließungsgrund darstellen würde, sei bei bewiesenem Tatbestand spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.2. Dagegen hat der Rechtsvertreter des Bw ausgeführt, das er den vorgeworfenen Sachverhalt nicht vorsätzlich verwirklicht habe. Der durch mehrere Umstände herbeigeführte Irrtum müsste zu einer deutlich geringeren Sanktionierung führen.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Sich96-99-2003, und nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen hinreichend geklärt erscheint.

 

3.2. Auf Grund der Aktenlage steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Der Bw hat entsprechend der Anlastung außerhalb einer Grenzübergangsstelle die Bundesgrenze von Österreich nach Tschechien überschritten. Die Grenze wurde in Sichtweite tschechischer Grenzbeamten überschritten, um mit ihnen Kontakt zwecks eines Grenzübertrittes außerhalb einer Grenzübergangsstelle aufzunehmen.

 

Der angelastete Grenzübertritt steht unbestritten fest. Die Verantwortung des Bw ist glaubwürdig.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Grenzkontrollgesetz (im Folgenden: GrekoG) darf die Außengrenze, abgesehen von den Fällen, in denen anderes internationalen Gepflogenheiten oder zwischenstaatlichen Vereinbarungen entspricht, nur an Grenzübergangsstellen überschritten werden.

 

Wer den Grenzübertritt entgegen der Vorschrift des § 10 leg. cit. vornimmt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 leg.cit. von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Der Versuch ist außer in den Fällen der Z. 5 und 6 strafbar.

4.2. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Wie unter Punkt 3.2. dargestellt, ist unbestritten, dass der Grenzübertritt nicht an einer Grenzübergangsstelle erfolgt ist. Da die übertretene Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts bestimmt, somit vorsätzliches Verhalten nicht gefordert ist, genügt zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten. Der Bw konnte jedenfalls durch sein Vorbringen - Befragung des in der Nähe befindlichen tschechischen Grenzbeamten - nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auf Grund der besonderen Umstände ist aber von leicht fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

Der Bw hat daher tatbestandsmäßig und indem er es unterließ, sich über die maßgeblichen Vorschriften zu informieren, auch fahrlässig und damit schuldhaft i.S.d. § 10 Abs. 1 V.m. § 16 Abs. 1 Z 2 GrekoG gehandelt.

 

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

4.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Das festgesetzte Strafausmaß wäre grundsätzlich vertretbar. Aus Gründen der Generalprävention bedürfte es einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintanzuhalten. Im gegenständlichen Fall sind die Umstände jedoch so gelagert, dass es keiner Bestrafung bedarf, um den Bw zur Einsicht und zur zukünftigen Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen.

 

4.4. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im Gegensatz zum grundsätzlich typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt der übertretenen Normen bleibt die Schuld hier erheblich zurück. Das Verhalten des Bw zeigt auch deutlich, dass es aus Gründen der Spezialprävention keiner Geldstrafe bedurfte und mit einer Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens das Auslangen gefunden werden konnte. Es bestand daher ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG und der unabhängige Verwaltungssenat hatte von der Verhängung einer Strafe abzusehen und die Ermahnung auszusprechen.

 

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

 
 

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