Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230873/4/BMa/WW/Ka

Linz, 13.10.2004

 

 

 VwSen-230873/4/BMa/WW/Ka Linz, am 13. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung der M K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. P L und Dr. M S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 19. Februar 2004, Zl. Sich96-1559-2003, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes zu Recht erkannt:

 

 

 

I. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsgrundlage:
 
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 iVm §§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002.
 

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe:
72 Stunden) verhängt, weil sie sich seit 19. Oktober 2003 zumindest bis zum
21. Oktober 2003 im österreichischen Bundesgebiet aufhalte, obwohl sie keinen von einer Behörde erteilten Aufenthaltstitel besitze. Dies sei am 21. Oktober 2003 um 17.00 Uhr von Beamten des Gendarmeriepostens Mattighofen festgestellt worden. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 107 Abs.1 Z.4 iVm § 31 Abs.1 Z2 Fremdengesetz 1997 (im Folgenden: FrG) begangen, weshalb sie gemäß § 107 Abs.1 Schlusssatz zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, die Bw sei Staatsangehörige der Republik Serbien und Montenegro und somit Fremde im Sinne des § 1 Abs.1 FrG. Laut ihren eigenen Angaben beim GP Mattighofen am 30. Oktober 2003 sei sie am 19. Juli 2003 nach Österreich eingereist und habe sich laut dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister am
22. Juli 2002 mit Hauptwohnsitz in 5230 Mattighofen, angemeldet. An dieser Adresse sei sie bis 26. September 2002 wohnhaft gewesen. Dann habe sie Österreich verlassen und sei erst wieder am 22. Juli 2003 nach Österreich eingereist und habe sich an der gleichen Adresse wieder angemeldet. Sie sei zum Zeitpunkt der neuerlichen Wiedereinreise im Besitz eines deutschen Aufenthaltstitels gewesen, ausgestellt vom Landeseinwohneramt Berlin, gültig vom 13. Jänner 2003 bis 12. Februar 2004.

Als Staatsangehörige der Republik Serbien und Montenegro sei sie nicht zur sichtvermerksfreien Einreise nach Österreich berechtigt, sondern benötige ein Visum oder einen gültigen Aufenthaltstitel. Sie sei zum Zeitpunkt der Einreise im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels der Bundesrepublik Deutschland gewesen und hätte sich gemäß Artikel 21 Abs.1 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen höchstens bis zu drei Monaten, innerhalb eines Zeitraumes von einem halben Jahr, in Österreich aufhalten dürfen. Dass sie - wie sie eingewendet habe - ihren Aufenthalt in Österreich immer wieder durch Aufenthalte in Deutschland unterbrochen habe, widerspreche den Aufzeichnungen aus dem Zentralen Melderegister, da sie durchgehend seit 22. Juli 2003 polizeilich gemeldet gewesen sei.

Erst am 29. Oktober 2003, als bereits ein unrechtmäßiger Aufenthalt in Österreich bestanden habe, habe sie dem Bundesministerium für Inneres Erhebungsformulare für die Beratung zur Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs.4 FrG 1997 übermittelt. Diese habe sie mit der Begründung angeregt, dass ihr Ehemann bereits seit 1989 in Österreich lebe und sie in ihrem Herkunftsstadt keinerlei Verwandte oder Freunde habe. Außerdem erwarte sie ihr 2. Kind für März 2004, was eine Ausreise aus Österreich zusätzlich erschwere. Diese Ausführungen würden jedoch laut Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 9. Jänner 2004 keine humanitären Aspekte beinhalten, die zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs.4 FrG 1997 herangezogen werden könnten, sondern seien in erster Linie wirtschaftlicher Natur.

Die belangte Behörde kam daher zu dem Ergebnis, dass die Bw gegen die einschlägigen Strafbestimmungen des Fremdengesetzes schuldhaft verstoßen habe, was als Verwaltungsübertretung strafbar sei.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien im Strafverfahren trotz Aufforderung nicht bekannt gegeben worden. Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat könne nicht als gering gewertet werden, da die österreichische Rechtsordnung der Beachtung fremdenpolizeilicher und passrechtlicher Vorschriften eine besondere Bedeutung beimesse. Das Verschulden sei jedenfalls als grobfahrlässig zu qualifizieren. Bei dem vorgegebenen Strafrahmen (bis zu 726 Euro) erscheine die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat angepasst und auch schuldangemessen.

1.3. Gegen dieses ihren Rechtsvertretern am 26. Februar 2004 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende am 11. März 2004 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung.

1.4. Darin bringt die Bw im Wesentlichen vor, sie sei wohl seit 22. Juli 2003 in Österreich angemeldet, hier jedoch nicht durchgehend aufhältig gewesen, da sie immer wieder ihren Aufenthalt in Österreich unterbrochen habe und nach Deutschland gereist sei. Die Bw verfüge über ein deutsches Visum. Der Verwaltungsgerichtshof habe in mehreren Erkenntnissen festgestellt, dass bei der Frage, ob sich eine Person tatsächlich in Österreich aufgehalten habe, nicht allein auf die Tatsache der Meldung abzustellen sei. Die Bw habe sich somit nicht länger als drei Monate durchgehend in Österreich aufgehalten, weshalb die Voraussetzungen des § 107 Abs.1 Z4 iVm § 31 Abs.1 Z2 FrG 1997 nicht gegeben seien.

Es sei richtig, dass die Bw am 29. Oktober 2003 einen entsprechenden Antrag um Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen gestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sie keineswegs voraussehen können, dass das Bundesministerium für Inneres zweieinhalb Monate später feststellen werde, dass keine humanitären Aspekte im Sinne des § 10 Abs.4 FrG 1997 herangezogen werden könnten. Es könne daher kein grobfahrlässiges Handeln vorliegen. Hinsichtlich der Hintergründe der Antragsstellung sei auszuführen, dass die Eltern der Bw derzeit noch in Deutschland wohnen würden. Die Bw selbst habe über eine Aufenthaltserlaubnis für Österreich verfügt und ihr Ehegatte habe eine Niederlassungsbewilligung für jegliche Zwecke, er gehe hier auch einer Erwerbstätigkeit nach. Am 27. August 2002 sei in Österreich die gemeinsame Tochter T M geboren worden und sei die Bw sodann verhalten worden, Österreich mit dem minderjährigen Kind zu verlassen. Bei ihrer Einreise in Deutschland habe sie jedoch feststellen müssen, dass aufgrund der Geburt des Kindes in Österreich eine Erlangung eines Aufenthaltstitels in Deutschland nicht möglich gewesen sei. Aus diesem Grund sei die minderjährige T M in Österreich bei ihrem Vater geblieben. Eine gemeinsame Ausreise mit dem minderjährigen Kind nach Jugoslawien sei für die Bw nicht möglich gewesen, weil sie in ihrer jugoslawischen Heimat keine Verwandte mehr habe und bereits im Alter von 6 Monaten Jugoslawien verlassen habe, sodass sie weder die Sprache noch den Lebensstil ihrer jugoslawischen Abstammung kenne. Sie habe immer wieder Österreich aufgesucht, um hier Kontakt mit ihrem minderjährigen Kind zu haben. Seit Juli 2003 sei die Bw nunmehr zum 2. Kind schwanger. Aufgrund dieser besonderen Situation sei vereinbart worden, dass ein humanitäres Visum für die Bw und ihre minderjährige Tochter eingebracht werde.

Aus diesen Gründen wurde daher die Durchführung einer öffentlich-mündlichen Verhandlung, in deren Zuge die Bw M K sowie deren Ehegatte D K einzuvernehmen seien, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit und die Einstellung des Verfahrens, allenfalls unter Anwendung des § 21 VStG, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß, beantragt.

1.5. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 10. August 2004 wurde eine Fallübersicht zum Fremdengesetz (betr. die Bw) übermittelt und darauf hingewiesen, dass die Bw ihr Hauptlebensinteresse in den Jahren 1993 bis 2003 im Ausland gehabt habe.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn, Sich96-1559-2003. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG. Es war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde
(§ 51c VStG).

 

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 107 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 126/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 31).

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FrG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des zweiten Hauptstückes und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind (Z. 1) oder wenn sie auf Grund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene (§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind (Z. 2) oder wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind (Z. 3) oder solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt (Z. 4).
 

Würde durch eine Ausweisung gemäß den §§ 33 Abs. 1 oder 34 Abs. 1, 2a, 2b
und 3 oder durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 37 Abs. 1 FrG ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention - MRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 37 Abs. 2 FrG darf eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1, 2a oder 2b oder ein Aufenthaltsverbot jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

  1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.

 

Gemäß Art 21 Abs. 1 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, BGBl III Nr. 90/1997 - SDÜ, können sich Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.

Gemäß Art 21 Abs.2 leg. cit. gilt das gleiche für Drittausländer, die Inhaber eines von einer der Vertragsparteien ausgestellten vorläufigen Aufenthaltstitels und eines von dieser Vertragspartei ausgestellten Reisedokuments sind.

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Strafbarkeit in ähnlich gelagerten Fällen bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. zuletzt VwGH 27.1.2004, 2002/21/0203), dass bezüglich des Tatbestandes des § 107 Abs.1 Z4 FrG ein gesetzlicher Strafausschließungsgrund gemäß § 6 VStG angenommen werden müsse, wenn der - im Verwaltungsstrafverfahren als Vorfrage zu prüfenden - Zulässigkeit einer (hypothetischen) Ausweisung des Fremden eine zu seinen Gunsten ausfallende Interessenabwiegung nach § 37 FrG im Wege steht.

Wie aus dem Verfahrensakt hervorgeht, wurde die Bw am 19. Juli 1984 in Cuprija (Jugoslawien) geboren und hielt sich in der Folge nach eigenen - glaubwürdigen - Angaben vom 9. Jänner 1985 bis 5. November 1994 in Österreich auf und absolvierte hier die Volksschule in Schalchen (Bezirk Braunau/Inn), wobei sie - wie aus einer von der belangten Behörde übermittelten Fallübersicht zum Fremdengesetz hervorgeht - jedenfalls vom 27. Februar 1989 bis zum 11. Februar 1995 über eine Aufenthaltsberechtigung verfügte. Daraufhin hielt sie sich mehrere Jahre lang in Deutschland auf, ehe sie im Jahr 2002 zurückkehrte und vom 22. Juli 2002 bis 26. September 2002 sowie vom 22. Juli 2003 bis 22. April 2004 und nunmehr aufrecht seit 28. Juni 2004 in Österreich, Ludwig-Vogl-Straße 9, 5230 Mattighofen, polizeilich gemeldet ist.

Solche Umstände (insbesondere der Volksschulbesuch und der langjährige Aufenthalt in Österreich bzw. Deutschland) lassen neben hinreichenden Deutschkenntnissen auch eine Vertrautheit mit den Grundwerten der österreichischen Gesellschaft erwarten. Es war nicht davon auszugehen, dass der Integration der Bw Hindernisse im Weg stehen würden.

Zudem gilt es hervorzuheben, dass die Bw über einen deutschen Aufenthaltstitel, gültig vom 13. Jänner 2003 bis 12. Februar 2004 verfügte, womit - ungeachtet der Problematik der in Artikel 21 Abs.1 SDÜ getroffenen Regelung - zum Ausdruck kommt, dass ein Vertragsstaat des Schengener Übereinkommens keine Bedenken hinsichtlich des Aufenthaltes der Bw in seinem Hoheitsgebiet hatte. Abgesehen davon verfügt die Bw mittlerweile ohnedies über einen (österreichischen) Aufenthaltstitel (Niederlassungsbewilligung: Bewilligungsdatum 8. Juni 2004; Gültigkeitsdatum: 8. Juni 2005). Dementsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Aufenthalt der Bw im Bundesgebiet im Tatzeitraum für die österreichische Gesellschaft mit untragbaren Risiken oder Gefahren verbunden gewesen wäre.

Weiters war zu berücksichtigen, dass die Bw am 12. Juli 2002 den jugoslawischen Staatsbürger D K (geb. 30. August 1982) ehelichte, der nach dem Berufungsvorbringen seit 1989 dauernd in Österreich niedergelassen ist. Es wurde glaubwürdig versichert, dass D K über einen Befreiungsschein verfügt und seit März 2002 bei der Firma K-K GmbH in beschäftigt ist und durch seine Tätigkeit monatlich im Durchschnitt 960 Euro verdient. Er ist bei der Oö. Gebietskrankenkasse krankenversichert und die Bw sowie ihre minderjährige Tochter sind über Herrn K mitversichert. Am 27. August 2002 wurde die Tochter der Bw geboren. Zum Zeitpunkt der Berufungseinbringung war die Bw schwanger, der voraussichtliche Geburtstermin wurde für März 2004 berechnet.

Infolge der Heirat am 12. Juli 2003, des Zusammenlebens mit ihrem Ehemann und der Erlangung eines Versicherungsschutzes war nicht zu befürchten, dass der Unterhalt der Bw nicht gedeckt sei und sie den Sozialhilfeträgern zur Last fallen würde. Gleichzeitig ist damit hinlänglich erwiesen, dass im Tatzeitraum starke familiäre Bindungen im Inland vorhanden waren. Auch ist es angesichts der Tatsache, dass die Bw im Tatzeitraum ein Kleinkind zu versorgen hatte und schwanger war, nicht verwunderlich, dass sie vorerst über einen Antrag nach § 10 Abs.4 FrG, welcher im Inland gestellt werden kann, einen Aufenthaltstitel zu erwerben versuchte und nicht bereit war, ins Ausland zu gehen, um dort eine Niederlassungsbewilligung zu beantragen.

Die nach § 37 FrG gebotene Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Bw aus. Somit ist eine Ausweisung der Bw im Tatzeitraum ausgeschlossen. Die Auswirkungen einer solchen Ausweisung auf die Lebenssituation der Bw und ihrer Familie hätten zweifellos schwerer gewogen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Ausweisung der Bw unumgänglich war, um die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit in Österreich aufrecht zu erhalten.

Auch hat die belangte Behörde eine Ausweisung der Bw nicht in Erwägung gezogen, denn es wurde kein Ausweisungsbescheid erlassen. Mittlerweile verfügt diese ohnehin über einen Aufenthaltstitel (Niederlassungsbewilligung).

Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Strafbarkeit der Bw für dieses Verhalten - selbst wenn sie den objektiven Tatbestand des § 107 Abs.1 Z4 verwirklicht hat - gemäß § 6 VStG ausgeschlossen ist.

3.3. Darüber hinaus wäre der angefochtene Bescheid bereits aus formellen Gründen aufzuheben: Im gegebenen Zusammenhang war zu berücksichtigen, dass eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nach § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG rechtens nur in Betracht kommt, wenn keine der im § 31 Abs. 1 FrG angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben ist bzw. die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes gemäß § 31 Abs. 3 FrG geendet hat. Im Spruch des Straferkenntnisses ist die als erwiesen angenommene Tat daher, um den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG zu entsprechen, durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes oder - im Fall des § 31 Abs. 3 FrG - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. VwGH 17.6.2003, 2002/21/0205). Dies hat die belangte Behörde verkannt, indem sie der Bw lediglich zur Last gelegt hat, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, obwohl sie keinen von einer Behörde erteilten Aufenthaltstitel besitze. Damit wurden nicht alle Alternativen des § 31 Abs. 1 FrG angesprochen und gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG verstoßen. Eine Konkretisierung im Sinne der Judikatur des VwGH kann wegen Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) nicht nachgeholt werden.

Somit war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 
 

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