Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230877/5/STE/Eg

Linz, 10.05.2004

VwSen-230877/5/STE/Eg Linz, am 10. Mai 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des F J, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 2. Februar 2004, Zl. Sich96-199-2003, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 14,40 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.
zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 2. Februar 2004, Zl. Sich96-199-2003, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 33 Stunden) verhängt, weil er sich zumindest seit dem 27. November 2003 als (vermutlich) nigerianischer Staatsangehöriger und somit als passpflichtiger Fremder im Bundesgebiet der Republik Österreich, und zwar an der Adresse in Bad Schallerbach, Schönauer Straße 13, aufgehalten habe, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein.

Dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 107 Abs. 1 Z. 3 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002 (im Folgenden: FrG), begangen, weshalb er nach § 107 Abs. 1 Z. 3 FrG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer laut eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger sei. Laut niederschriftlicher Angabe vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, sei er am 8. Oktober 2003 illegal über "Unbekannt" nach Österreich eingereist. Die Bestimmung des Art. 31 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention könne deshalb nicht zum Tragen kommen, weil der Fremde nicht "direkt" aus einem Gebiet komme, wo sein Leben oder seine Freiheit bedroht war. Konkret stelle die in Rede stehende Konventionsbestimmung nicht auf ein ohne Umwege und/oder Aufenthalte gestaltetes Durchreisen, sondern allein darauf ab, aus welchem Gebiet der Fremde "direkt" (unmittelbar) in einen Vertragsstaat (hier: Österreich) eingereist sei. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Außerdem erfolge die Bestrafung nicht wegen illegaler Einreise oder Anwesenheit, sondern auf Grund der Tatsache, dass der Bw am 8. Oktober 2003 in das Bundesgebiet eingereist sei und sich im Bundesgebiet ohne gültiges Reisedokument aufhalte.

Darüber hinaus habe er bei der Einvernahme beim Bundesasylamt am 8. Oktober 2003 behauptet, von der "O Gruppe" einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die Frage, ob er je Probleme mit der Polizei oder den Behörden seines Heimatlandes hatte, habe er verneint.

Hinsichtlich der Strafbemessung seien keine Milderungs- und Erschwerungsgründe hervorgekommen. Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse sei die Behörde davon ausgegangen, dass der Bw derzeit über kein eigenes Einkommen verfüge.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 6. Februar 2004 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. Februar 2004 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingegangene Berufung.

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass § 2 FrG nicht auf Asylwerber anzuwenden sei. Die Behörde begründe das Straferkenntnis damit, dass der Bw über ein sicheres Drittland eingereist sei und es ihm daher zumutbar gewesen wäre, in einem anderen Land Asyl zu beantragen. In der Folge wäre es ihm daher auch zumutbar gewesen, die Verwirklichung des Delikts zu vermeiden. Die Behörde spreche in unzulässiger Weise über sein Asylverfahren ab, was eine Kompetenzüberschreitung bedeute. Die Entscheidung darüber obliege den für das Asylverfahren zuständigen Behörden.

Hinsichtlich Art. 31 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention müsse auf den Zweck der Regelung Rücksicht genommen werden und sei die Einreise bzw. der Aufenthalt ohne gültiges Reisedokument jedenfalls unter Art. 31 Z. 1 zu subsumieren. Ohne jegliche Begründung behaupte die Behörde die Voraussetzungen des Art. 31 Z. 1 seien im vorliegenden Fall nicht gegeben und liege deshalb eine mangelhafte Bescheidbegründung vor.

Eine weitere Begründung der Behörde laute, es wäre dem Bw in Nigeria sehr wohl möglich gewesen einen Reisepass zu beantragen und daher die Verwaltungsübertretung in Österreich zu vermeiden. Dazu gibt der Bw an, dass der, der sein Heimatland aufgrund von Gefahr gegen Leib und Leben fluchtartig verlassen müsse, nicht vorher darum kümmere in den Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu gelangen, nur um in dem Staat, in welchem er Asyl beantrage, keine Verwaltungsübertretung zu begehen. In Nigeria sei es nicht üblich, dass jeder Staatsbürger im Besitz eines Reisepasses sei.

Zur Widerlegung seines Verschuldens führt der Bw an, dass die Behörde nicht von der Richtigkeit, sondern von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache zu überzeugen sei. Schlüssig und nachvollziehbar habe er ausgeführt, was ihn an der Einhaltung der Vorschriften betreffend die Passpflicht gehindert habe.

Darüber hinaus könne sein Verschulden nicht als grob fahrlässig qualifiziert werden, da er kein tatbestandsmäßiges Verhalten gesetzt habe und ihn keinerlei Verschulden treffe. Die objektiv geforderte Sorgfalt sei ihm nicht zumutbar gewesen, da er aus begründeter Furcht vor Verfolgung geflohen sei. Hinsichtlich der Bemessung der Geldstrafe gibt der Bw an mittellos zu sein, weshalb es ihm auch nicht möglich sei die verhängte Geldstrafe zu bezahlen.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Grieskirchen zu Zl. Sich96-199-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 107 Abs. 1 Z. 3 FrG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, der sich als passpflichtiger Fremder, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, im Bundesgebiet aufhält.

Im Art. 31 Abs. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1995 (im Folgenden: Genfer Flüchtlingskonvention - GFK/FK) ist geregelt, dass die vertragschließenden Staaten wegen unrechtmäßiger Einreise oder Aufenthalts keine Strafen gegen Flüchtlinge verhängen werden, die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne von Art. 1 bedroht waren und die ohne Erlaubnis in das Gebiet der vertragsschließenden Staaten einreisen oder sich dort aufhalten, vorausgesetzt, dass sie sich unverzüglich bei den Behörden melden und Gründe darlegen, die ihre unrechtmäßige Einreise oder ihren unrechtmäßigen Aufenthalt rechtfertigen.

3.2. Im vorliegenden Fall wird auch vom Beschwerdeführer selbst gar nicht bestritten, dass er sich nach dem 8. Oktober 2003 im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten habe, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokuments zu sein.

Er hat sohin tatbestandsmäßig im Sinne des angelasteten Vorwurfs gehandelt.

3.3. Auf der Verschuldensebene ist davon auszugehen, dass der Bw einen Asylantrag gestellt hat und das Asylverfahren derzeit noch nicht abgeschlossen ist. Dass er zumindest über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung i.S.d. Asylgesetzes verfügen würde, wird von ihm selbst gar nicht vorgebracht. Seitens des Bw wird zunächst jedoch eingewendet, dass nach Art. 31 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention über Fremde, die direkt aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht war, keine Strafe wegen illegaler Einreise oder Aufenthalts verhängt werden soll.

Selbst wenn man mit dem Bw davon ausginge, dass diese Bestimmung auch die Notwendigkeit der Passpflicht umfasst, ändert dies aber nichts daran, dass sie stets nur dann zum Tragen kommt, wenn die Einreise direkt aus dem Verfolgerstaat erfolgte. Dies liegt jedoch im vorliegenden Fall, wo er nach seinen eigenen Angaben auf dem Landweg - nämlich per LKW - über "Unbekannt" nach Österreich gelangte, unzweifelhaft nicht vor.

Darüber hinaus hat der Bw während des gesamten Verfahrens nie behauptet einer unmittelbaren Verfolgung durch die Behörden seines Heimatstaates ausgesetzt gewesen zu sein. Vielmehr gab er lediglich an, dort von der "O Gruppe" - offenbar einer (privaten) Gesellschaft - verfolgt zu werden.

Dafür, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein sollte vor seiner Ausreise aus seinem Heimatstaat ein gültiges Reisedokument zu besorgen, hat der Bw im gesamten Verfahren kein glaubwürdiges Argument vorgebracht. Der Bw hätte die Möglichkeit gehabt, sich über die einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften zu informieren und sich um die Besorgung eines gültigen Reisedokumentes bemühen müssen. Dies hat er jedoch unterlassen und hat daher zumindest fahrlässig und somit auch schuldhaft im Sinne des § 107 Abs. 1 Z. 3 FrG gehandelt.

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.4. Als Strafausschließungsgrund wird Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführt. Diese Bestimmung kommt jedoch im vorliegenden Fall deshalb nicht zur -Anwendung, weil der Bw nicht "direkt" im Sinne des Art 31 Z. 1 GFK aus Nigeria nach Österreich eingereist ist.

4. Der Oö. Verwaltungssenat ist weiters der Ansicht, dass die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung eingeräumte Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat, da sie ohnehin eine im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen verhängt hat.

Davon ausgehend findet es daher der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe mit 72 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation mit 33 Stunden festzusetzen.

5. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw weder im Hinblick auf den Schuldspruch noch bezüglich der Straffestsetzung in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb diesbezüglich die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

6. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 19.10.2004, Zl.: 2004/21/0181-6

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