Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230903/4/Ste/Da

Linz, 15.03.2005

 

 VwSen-230903/4/Ste/Da Linz, am 15. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des G H, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Steyr vom 15. Dezember 2004, Zl. S 7344/ST/04, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verfahren wird eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs. 1 Z. 1 und § 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Steyr vom 15. Dezember 2004, Zl. S 7344/ST/04, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt, weil er am 14. Oktober 2004 zwischen 23.00 und 24.00 Uhr im Landeskrankenhaus Steyr durch Beschimpfen und Belästigen des diensthabenden Personals im Einzelnen genannter Abteilungen, somit durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten, die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hätte. Dadurch habe er eine Übertretung des § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes begangen, weshalb er nach der genannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen lediglich der oben zitierte Spruch und der Gesetzestext wiederholt und darauf hingewiesen, dass der nunmehrige Bw einem Beschuldigtenladungsbescheid unentschuldigt keine Folge leistete, sodass das weitere Verfahren ohne seine Anhörung durchgeführt wurde. Erschwerend wurden von der Behörde erster Instanz zwei rechtskräftige Vormerkungen gemäß § 81 Abs. 1 SPG gewertet.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 22. Dezember 2004 zugestellt wurde, richtet sich die am 23. Dezember 2004 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde mündlich zu Protokoll gegebene Berufung.

Zur Begründung wird darin angeführt, dass sich der Bw an einen Vorfall vom 14. Oktober 2004 nicht erinnern könne. Er müsse starke Schmerzmittel einnehmen und könne sich deshalb an nichts mehr erinnern. Sollte er tatsächlich jemanden beschimpft haben, dann bestimmt nicht mit Absicht. Mehr könne er dazu nicht anführen.

Abschließend wird die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

2. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.1. Über Auftrag des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 24. Jänner 2005 hat die Bundespolizeidirektion Steyr das Ermittlungsverfahren in einigen Punkten ergänzt und die Ergebnisse mit Schreiben vom 10. März 2005 vorgelegt.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde zu Zl. S 7344/ST/04 sowie die dazu ergänzend eingeholten Beweismittel. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte schon gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG entfallen.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Am 14. Oktober 2004 wurde der Bw von einem Einsatzteam des Roten Kreuzes Oberösterreich um 22.48 Uhr in das Landeskrankenhaus Steyr eingeliefert. Um 22.50 Uhr wurde er in der Aufnahmestation untersucht, wobei als Diagnose "Alkoholisierung" angegeben wurde. In weiterer Folge tauchte der Bw in verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses auf (Gynäkologie, Unfallabteilung 3 und Unfallambulanz) und störte dort in unterschiedlicher - letztlich aber nicht konkret nachvollziehbarer - Art und Weise die Nachtruhe und beschimpfte jeweils einen diensthabenden Sanitätsgehilfen und den Portier des Krankenhauses.

Der Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt und insbesondere auch aus den ergänzenden Ermittlungsergebnissen.

Davon abgesehen konnten jedoch keine weiteren Sachverhaltsdetails mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit bewiesen werden. Abgesehen von den Widersprüchen, die sich aus den verschiedenen Aussagen und Dokumenten ergeben (so verlief laut Ausführungen der einschreitenden Polizeiorgane in der Anzeige die Fahndung "negativ", wohingegen der Sanitätsgehilfe in seiner Aussage davon spricht, dass die Polizei den Mann "im Keller antreffen konnte"; der Portier spricht von einer "Aufnahmeärztin", wohingegen die Personalstelle des Krankenhauses als diensthabenden Aufnahmearzt einen Mann nennt) konnten sich einige Zeuginnen an den Vorfall überhaupt nicht mehr erinnern, sodass insgesamt eine Rekonstruktion des Sachverhalts nicht (mehr) möglich war.

Diese Widersprüche und Unklarheiten im Ermittlungsverfahren, verschärft durch zumindest unklare Angaben der Krankenhausleitung (die vom Unfallsekretariat ausdrücklich als diensthabend genannte Ärztin gab bei ihrer Zeugeneinvernahme an, an diesem Tag mit einem Kollegen "Dienst getauscht" zu haben) und der Zeugen konnten auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit vertretbarem Aufwand nicht saniert werden. Es wäre wohl auch vor dem Hintergrund der gebotenen Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (vgl. § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG iVm. § 24 VStG) in erster Linie Angelegenheit der belangten Behörde gewesen, die entsprechenden Sachverhaltsdetails zu erheben und (erst) dann ihre Entscheidung zu treffen. Dies betrifft im Übrigen auch noch weitere Punkte des Sachverhalts, die im Einzelnen im Auftrag des Unabhängigen Verwaltungssenat zur Ergänzung des Sachverhalts aufgezählt sind, wie etwa die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Bw im Zeitpunkt der Tat.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. Nr. 151/2004, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bw ein besonders rücksichtsloses Verhalten an den Tag gelegt hat, da insbesondere die Störung der Nachtruhe in den Abteilungen des Krankenhauses nicht näher konkretisiert und belegt werden konnte. Da jedoch nicht jede Störung der Nachtruhe in einer Abteilung eines Krankenhauses an sich als besonders rücksichtsloses Verhalten qualifiziert werden kann, durfte und konnte auf dieser (ungeklärten Sachverhalts-)Basis eine Bestrafung nicht erfolgen. Gleiches gilt im Ergebnis für die Beschimpfungen, die - selbst wenn sie mit dem von den Zeugen angegebenen Wortlaut erfolgten - für sich alleine in der gegebenen psychischen und physischen Situation des Bw und im gegebenen Umfeld ebenfalls nicht als besonders rücksichtsloses Verhalten eingestuft werden können.

 

3.2. Es zeigt sich im Ergebnis somit, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bw eine Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1 SPG zu verantworten hat.

 

Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund dieser Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einstellen.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht sich noch dazu veranlasst, die belangte Behörde auch darauf hinzuweisen, dass nach § 60 AVG (der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist) in der Begründung von Bescheiden (Straferkenntnissen) "die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen" sind. Das Straferkenntnis vom 15. Dezember 2004 entspricht diesen Vorgaben nicht, enthält es doch weder eine Feststellung des genauen Sachverhalts, von dem die Behörde erster Instanz bei ihrer Entscheidung ausging, noch eine Beweiswürdigung oder einen entsprechenden Versuch einer Subsumtion. Insbesondere reicht dazu die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes oder der Rechtslage in ihren Grundzügen nicht aus, dem Gebot des § 60 AVG zu entsprechen. Im Detail darf dazu z.B. auf die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Aufl., zu § 60 AVG zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

 
 

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