Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230909/6/BMa/Be

Linz, 18.05.2005

 

 

 VwSen-230909/6/BMa/Be Linz, am 18. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Strafberufung des A M, vertreten durch Dr. B W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 16. Februar 2005, Zl. Sich96-267-2004, wegen Übertretung des Fremdengesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Strafberufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf den Betrag von 90 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird.

 

  1. Der Berufungswerber hat im erstinstanzlichen Strafverfahren einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 9 Euro zu leisten. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Kostenbeitrags.

 

 

Rechtsgrundlagen:
 
zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG
 
zu II.: §§ 64 ff VStG
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) zur Last gelegt, er sei serbischer Staatsangehöriger und unterliege für die Einreise und den Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet der Sichtvermerkspflicht. Als solcher habe er sich seit Rechtskraft der negativen Asylbescheide gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz und der dagegen eingebrachten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, dem in dieser Sache ergangenen abweisenden Beschluss des VwGH vom 29. Juni 2004, somit zumindest seit 30. Juni 2004 bis einschließlich 1. August 2004 (am 2. August 2004 habe er einen Antrag gemäß § 14 Abs.2 letzter Satz FrG eingebracht) im österreichischen Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufgehalten, da er nicht im Besitze einer gültigen Berechtigung für den Aufenthalt in Österreich sei. Hiedurch habe er die Rechtsvorschrift des § 107 Abs.1 Z 4 iVm § 31 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr.75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 126/2002 - FrG verletzt und es werde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 180 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden gemäß § 16 VStG iVm § 107 FrG verhängt.

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, auf Grund des im Spruch angeführten Sachverhaltes stehe fest, dass für ihn günstigenfalls eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung bis zum rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens - die Rechtskraft der Asylbescheide gem. §§ 7 und 8 des Asylgesetzes sei mit 12. Februar 2003 eingetreten - bestanden habe. Der im Spruch bezeichnete Zeitraum seines unbefugten Aufenthaltes in Österreich sei zutreffend, da lediglich durch eine Aufhebung der beim Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Asylbescheide eine asylrechtliche Verfahrensverlängerung und eine damit verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz hätte zustande kommen können. Andere gültige Berechtigungen für einen Aufenthalt habe er nicht nachgewiesen. Sein Antrag vom 2. August 2004 gemäß § 19 Abs.6 iVm § 14 Abs.2 FrG auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen sei mit Bescheid vom 9. November 2004 abgewiesen worden.

Bei der Strafbemessung sei von einem Verdienst in Höhe von 1.200 Euro (gemeint monatlich), keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen ausgegangen worden. Der vorgeworfene unbefugte Aufenthalt in Österreich sei wider besseres Wissen vorsätzlich in Kauf genommen worden; Milderungs- und Erschwerungsgründe würden nicht vorliegen.

 

1.3. Gegen dieses, ihm am 22. Februar 2005 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. März (und damit rechtzeitig) zur Post gegebene Berufung.

 

1.4. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, mit Beschluss des Verwaltungsgerichts-hofes vom 25. März 2003 sei dem Antrag auf aufschiebende Wirkung mit der Maßgabe stattgegeben worden, dass dem Antragsteller die Rechtsstellung zukomme, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides gehabt habe. Dies bedeute, dass der Aufenthalt in Österreich bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes legal bleibe. Es stelle sich lediglich die Frage, ob der Aufenthalt bereits mit Zustellung des abweisenden Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes am 12. Juli 2004 oder erst mit der Verständigung des Fremden durch den Rechtsvertreter rechtswidrig geworden sei. Der Bw habe die Mitteilung des ablehnenden Beschlusses des VwGH frühestens am 13. Juli 2004, wahrscheinlich aber erst am 14. Juli 2004 erhalten; man könne nicht von ihm erwarten, dass er sofort alles liegen und stehen lasse, um die Grenze zu überschreiten. Rechtswidrig sei daher eine relative kurze Zeitspanne gewesen, wofür eine verhängte Geldstrafe von 180 Euro unbillig sei.

Im Straferkenntnis seien die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung berücksichtigt worden, nicht jedoch die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses. Durch die Ausreise habe der Bw den Arbeitsplatz verloren und sei nunmehr von seinem Vater abhängig, der Staatsbürgerschaftswerber sei. Die Strafe entspreche daher in keiner Weise den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Bw.

 

Daher wird die Abänderung des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend beantragt, dass lediglich ein geringerer Zeitraum für strafbar erklärt und die Geldstrafe herabgesetzt wird.

In einer Mitteilung vom 11. Mai 2005 wurde klargestellt, dass sich die Berufung lediglich gegen die Höhe der über ihn verhängten Geldstrafe sowie gegen das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe richtet.

 

2. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden

(§ 51 c 1. Satz VStG). Da sich bereits aus dem vorgelegten Akt der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Aufgrund zusätzlicher Erhebungen wurde vom Rechtsvertreter des Bw am
11. April 2005 der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 25. März 2003 per Fax übermittelt und im Rahmen des Parteiengehörs der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht.

In ihrer Stellungnahme vom 18. April 2005 vertrat diese die Annahme, die Entscheidungen des VwGH würden umgehend per Telefax zugestellt werden, daher sei sie von der Zustellung des VwGH - Beschlusses am 30. Juni 2004 ausgegangen. Gegenteilige Nachweise seien vom Rechtsvertreter des Bw nicht vorgelegt worden.

Der Argumentation des Bw könne hinsichtlich der Strafhöhe nicht gefolgt werden. Der Strafbetrag ziele vor allem auf eine die öffentliche Ordnung herstellende Wirkung bei illegal aufhältigen Fremden ab. Eine Aliquotierung hinsichtlich der Aufenthaltsdauer siehe das FrG nicht vor.

 

3. 1. Folgende Feststellungen werden getroffen:

 

3.1.1. Der Berufungswerber ist serbischer Staatsangehöriger und unterliegt für die Einreise und den Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet der Sichtvermerkspflicht. Gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 28. Jänner 2003, Zl. 220.424/10-III/12/03, betreffend Asylgewährung hat der Bw Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Mit Beschluss vom 25. März 2003 wurde dem Antrag gemäß § 30 Abs.2 VwGG mit der Wirkung stattgegeben, dass dem Antragsteller die Rechtsstellung zukommt, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte, wobei damit im Besonderen jede Zurück- oder Abschiebung der antragstellenden Partei aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist.

Mit Beschluss vom 29. Juni 2004, Zl. 2003/01/0139, hat der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde abgelehnt. Dieser Beschluss wurde dem Rechtsvertreter des Bw am 12. Juli 2004 zugestellt und durch diesen an den Bw weitergeleitet. Nicht festgestellt werden kann, ob der Bw den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes am 13.7.2004 oder erst am 14.7.2004 erhalten hat.

 

3.1.2. Der festgestellte Sachverhalt wurde aus dem Akteninhalt und den ergänzenden Erhebungen des Unabhängigen Verwaltungssenats abgeleitet.

 

3.1.3. Der der Entscheidung der belangten Behörde zugrundeliegende Sachverhalt wird hinsichtlich des Vorliegens des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 2003, mit dem dem Bw in seinem Asylverfahren hinsichtlich seiner erhobenen Beschwerde an den VwGH die aufschiebenden Wirkung zuerkannt wurde, ergänzt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

3.2.1. Zur Darstellung der relevanten Normen der §§ 107 Abs.1 Z.4 und 31 FrG wird auf das bekämpfte Straferkenntnis verwiesen.

 

3.2.2. Gemäß § 30 Abs.3 VwGG hat die Behörde im Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung den Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Verfügungen zu treffen.

 

Im konkreten Fall war durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den VwGH der Vollzug des negativen Bescheides des Bundesasylsenates bis zur Entscheidung durch den VwGH in der Sache selbst aufgeschoben.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass lediglich durch eine Aufhebung der beim Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Asylbescheide eine asylrechtliche Verfahrensverlängerung und eine damit verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz hätte zustande kommen können. Von der belangten Behörde wurde dabei aber nicht berücksichtigt, dass der Berufungswerber bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er von dem ablehnenden Beschluss des VwGH vom 29. Juni 2004 Kenntnis erlangt hat, vermeinte, sich unter dem Titel des Vollstreckungsaufschubs, der ihm durch den VwGH mit Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erteilt wurde, im österreichischen Bundesgebiet rechtmäßig aufzuhalten. Eine Übermittlung dieses Beschlusses per Fay ist nicht ersichtlich, sodass von den diesbezüglichen Angaben des Vertreters des Bw (Eingangsstempel der Kanzlei mit Datum 12. Juli 2004) auszugehen war.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw die Übertretung des §107 FrG in einer bestimmten Dauer vorgeworfen. Der Handlungsunwert bei Dauerdelikten wird auch durch den inkriminierten Zeitraum bestimmt. Unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe des §32 StGB reduziert sich der Handlungsunwert mit Verkürzung des Tatzeitraums entsprechend.

 

Die Berufung bringt vor, der Bw habe seinen Arbeitsplatz verloren und sein nunmehr von seinem Vater abhängig. Die Strafe entspreche somit in keiner Weise seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

Die Berufungsbehörde hat bei ihrer Entscheidung den im Zeitpunkt ihrer Erlassung bestehenden Sachverhalt der Entscheidung zugrunde zu legen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 (2003) Rz 541).

Insbesondere im Hinblick darauf, dass der Bw seinen Arbeitsplatz in der Republik Österreich verloren hat und aus dem österreichischen Bundesgebiet am 21. Dezember 2004 ausgereist ist, ist das diesbezügliche Vorbringen realitätsnah und bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

Im Hinblick darauf, dass dem Berufungswerber (lediglich) ein gegenüber dem Straferkenntnis der belangten Behörde eingeschränkter Tatzeitraum vorgeworfen werden kann (woraus ein reduzierter Handlungsunwert resultiert - siehe oben) und unter Berücksichtigung der Verschlechterung seiner Einkommensverhältnisse (obwohl vom Bw bereits vor Erlassung des bekämpften Straferkenntnisses geltend gemacht wurde, er verdiene nichts mehr, ging die belangte Behörde von einem Verdienst in Höhe von 1.200 Euro aus) war die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend zu reduzieren.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde nach § 64 Abs.1 und 2 VStG. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Mag. Bergmayr-Mann

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum