Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230910/2/Ste

Linz, 04.04.2005

 

 VwSen-230910/2/Ste Linz, am 4. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des L H, vertreten durch Mag. S T, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 31. Jänner 2005, Zl. III/S-11.653/04-2 SE, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verfahren wird eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs. 1 Z. 1 und § 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 31. Jänner 2005,
Zl. III/S-11.653/04-2 SE, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt, weil er am 6. März 2004, um 14.45 Uhr in Linz, Geschäftsräume der Firma P & C, durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hätte, indem er im Verkaufsraum des dortigen Geschäftslokals gemeinsam mit anderen Personen Transparente entrollt und mit Trillerpfeifen gepfiffen habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes begangen, weshalb er nach der genannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen angemerkt, dass die angelastete Verwaltungsübertretung durch die Anzeige des einschreitenden Sicherheitswachebeamten vom 18. März 2004 sowie auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen sei. Im Übrigen wurden das bisherige Verfahren kurz dargestellt und die Strafbemessung näher begründet.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Vertreters am
4. Februar 2005 zugestellt wurde, richtet sich die am 16. Februar 2005 - und somit rechtzeitig - der Post zur Beförderung übergebene und bei der belangten Behörde am 18. Februar 2005 eingelangte Berufung.

Darin werden eine unrichtige Tatsachenfeststellung, eine unrichtige Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt. Insbesondere sei nicht konkretisiert, ob der Bw tatsächlich gepfiffen hätte; Pfeifen als solches sei auch nicht ohne weitere Voraussetzungen als erhebliche Störung einzustufen. Die Behörde erster Instanz stütze sich auf bloße Mutmaßungen.

Abschließend wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

2. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde zu Zl. III/S-11.653/04-2 SE. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte schon gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG entfallen.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Am 6. März 2004 um ca. 14.45 Uhr betrat eine Personengruppe von 15 bis 20 Personen das Geschäft des Unternehmens P & C in Linz, Landstraße. Einige Personen entrollten Transparente, einige machten mit Trillerpfeifen und Sprechchören, unterstützt durch ein Signalhorn, auf sich aufmerksam. Im Geschäft herrschte reger Kundenverkehr. Die Personen wurden vom Hausdetektiv des Hauses verwiesen und trennten sich dort. Eine Gruppe von Personen wurde vom Hausdetektiv weiter verfolgt.

Auf Grund einer telefonischen Verständigung rückten Beamte des Wachzimmmers Landhaus kurz vor 15.00 Uhr Richtung Taubenmarkt aus. Sie sichteten dabei eine Personengruppe auf der sogenannten Promenade, die sich Richtung Herrenstraße bewegte. Die Personen - darunter auch der Bw - wurden angehalten und in das Wachzimmer gebracht. Eine Personendurchsuchung erbrachte zwei Trillerpfeifen, eine Treibgashupe sowie Prospekt- und Propagandamaterial.

Der Geschäftsführer von P & C erstattete Anzeige.

Der Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt.

2.3. Davon abgesehen konnten jedoch keine weiteren Sachverhaltsdetails mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit bewiesen werden. Abgesehen davon, dass in keiner Weise bewiesen ist, ob der in der Herrenstraße angetroffene Bw sich tatsächlich vorher auch im Geschäft aufgehalten hat, wäre auch damit nicht von vorneherein bewiesen, dass er dort Transparente entrollt und mit Trillerpfeifen gepfiffen hätte. Wenn die belangte Behörde zwischen den beiden Tatsachen (Aufenthalt und Ruhestörung im Geschäft und Festnahme in der Herrenstraße) für die Person des Bw einen Zusammenhang herstellt, hätte sie dafür entsprechende Beweise erbringen müssen. Darüber hinaus ergeben sich auch offensichtliche Widersprüche, wenn die belangte Behörde zumindest vier Personen vorwirft mit Trillerpfeifen gepfiffen und Transparente entrollt zu haben, wobei bei der Personendurchsuchung am Wachzimmer bei diesen vier Personen (wem genau?) (nur) zwei Trillerpfeifen und kein Transparent vorgefunden wurden. Die belangte Behörde hat damit schon in diesen Punkten insgesamt in wesentlichen Fragen genauere Erhebungen unterlassen, die aber als Grundlage für ein Strafverfahren notwendig wären.

Diese Widersprüche und Unklarheiten im Ermittlungsverfahren konnten auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit vertretbarem Aufwand nicht saniert werden, wobei zu beachten war, dass keine besonderen general- oder spezialpräventiven Gründe gegeben waren, die einen solchen Aufwand notwendig gemacht hätten. Es wäre wohl auch vor dem Hintergrund der gebotenen Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (vgl. § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG iVm. § 24 VStG) in erster Linie Angelegenheit der belangten Behörde gewesen, die entsprechenden Sachverhaltsdetails zu erheben und (erst) dann ihre Entscheidung zu treffen. Dies betrifft im Übrigen auch noch weitere Punkte des Sachverhalts, wie etwa die Frage der Dauer der Tat, die Frage der Qualifizierung des vorgeworfenen Verhaltens als besonders rücksichtslos oder die Vernehmung des Hausdetektivs als Zeugen.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. Nr. 151/2004, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bw diese Tat begangen hat, weil die ihm zur Last gelegte Tat nicht erwiesen ist. Abgesehen davon kann - ohne nähere Erhebungen insbesondere zur Dauer (eine Minute?) oder zur Intensität (besonders laut oder schrill?) des Pfeifens - ein besonders rücksichtsloses Verhalten nicht ohne weiteres angenommen werden. Da jedoch nicht jede Störung des normalen Ablaufs in einem Geschäftslokal an sich als besonders rücksichtsloses Verhalten qualifiziert werden kann, durfte und konnte auf dieser (ungeklärten Sachverhalts-)Basis eine Bestrafung nicht erfolgen. Gleiches gilt im Ergebnis auch für das vorgeworfenen kurzfristige Entrollen eines Transparents, das für sich alleine ebenfalls nicht als besonders rücksichtsloses Verhalten eingestuft werden kann.

 

3.2. Es zeigt sich im Ergebnis somit, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bw eine Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1 SPG zu verantworten hat.

 

Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund dieser Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einstellen.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

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