Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230926/6/Ste

Linz, 02.08.2005

 

 

 

VwSen-230926/6/Ste Linz, am 2. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des O K, vertreten durch Dr. J P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Ried im Innkreis vom 6. Juni 2005, Zl. Sich96-194-2005, wegen einer Übertretung des Meldegesetzes 1991 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben.

 

II. Der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wird abgewiesen.

 

III. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

zu II: § 45 VStG;

zu III: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Ried im Innkreis vom 6. Juni 2005, Zl. Sich96-194-2005, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 und § 3 Abs. 1 des Meldegesetzes 1991 eine Geldstrafe von 50 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, verhängt, weil er "seit 8. Februar 2005 in 4910 Ried im Innkreis, Kirchenplatz 6/3/3, mit Nebenwohnsitz Unterkunft genommen und es zumindest bis zum 17. März 2005 unterlassen habe, sich innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden".

 

Begründend führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass die Tat auf Grund des Erhebungsergebnisses erwiesen sei; zudem habe der nunmehrige Bw der Aufforderung zur Rechtfertigung keine Folge geleistet. Nach Erwägungen zum Verschulden, schließt die Behörde erster Instanz ihre Begründung mit Ausführungen zur Strafbemessung.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 8. Juni 2005 zugestellt wurde, richtet sich die am 22. Juni 2005 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung. Darin verweist der Bw in erster Linie auf die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 2 (gemeint wohl: Abs. 3) Z. 1 des Meldegesetzes 1991; im Übrigen habe er sich lediglich zum Zweck der Nächtigung in der besagten Wohnung aufgehalten. Der Mittelpunkt seiner privaten Lebensinteressen liege in Schalchen, der Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen Lebensinteressen liege am Sitz seines Büros in Ried.

 

Abschließend wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis. Darüber hinaus wurde mit Schreiben vom 11. Juli 2005 Frau B als Zeugin eingeladen, konkret genannte Fragen zu beantworten. Diese beantwortete sie mit Schriftsatz vom 20. Juli 2005 wörtlich wie folgt:

"Seit Oktober 2001 war Herr K ca. 3mal wöchentlich sporadisch, unregelmäßig und nicht hintereinander seit Beginn der Beziehung bei mir in der Wohnung. Bei entfernteren Terminen, übernachtete Herr K auswärts und am Wochenende meist in Schalchen.

Benutzt wurde von ihm Schlafzimmer, mit wenigen Ausnahmen nur nachts und dies unentgeltlich."

 

Diese Aussage wurde dem Bw mit Schreiben vom 21. Juli 2005 im Rahmen des Parteiengehörs mit der Einladung zur Kenntnis gebracht, dazu binnen acht Tagen seinerseits Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme ist bis dato nicht eingelangt.

 

Wie eine Abfrage aus dem Zentralen Melderegister ergibt, hat sich der Bw am 1. Juli 2005 in 4910 Ried im Innkreis, Kirchenplatz 6, in der Wohnung der B mit Nebenwohnsitz angemeldet.

 

2.3 Da sich bereits aus den bisher vorliegenden Unterlagen in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung entfallen.

 

 

3. Über die Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 2 Abs. 1 des Meldegesetzes 1991 - MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 151/2004, ist derjenige, der in einer Wohnung Unterkunft nimmt, grundsätzlich zu melden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung entfällt in bestimmten Fällen die Meldepflicht zur Gänze; Abs. 3 sieht Ausnahmen von der Meldepflicht für Menschen vor, sofern diese nach den Bestimmungen des MeldeG schon anderswo gemeldet sein. Abs. 3 Z. 1 sieht eine solche Ausnahme für Menschen vor, "denen in einer Wohnung nicht länger als zwei Monate unentgeltlich Unterkunft gewährt wird".

 

Nach § 3 Abs. 1 MeldeG ist derjenige, der in einer Wohnung Unterkunft nimmt, innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden. Nach § 22 Abs. 1 Z. 1 MeldeG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, wer die ihn ua. nach § 3 treffende Meldepflicht nicht erfüllt.

 

Im gesamten bisherigen Verwaltungsstrafverfahren wurde dem Bw vorgeworfen "seit 8. Februar 2005 in 4910 Ried im Innkreis, Kirchenplatz 6/3/3, mit Nebenwohnsitz Unterkunft genommen und es zumindest bis zum 17. März 2005 unterlassen zu haben, sich innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden". Unbestritten steht fest, dass der Bw jedenfalls seit 1. August 1983 und auch im vorgeworfenen Tatzeitraum in 5231 Schalchen, Oberlindach 65, gemeldet war. Dies war auch der belangten Behörde bekannt. Sie hätte daher im Zuge des Ermittlungsverfahrens nähere Erhebungen zu den Tatbestandsmerkmalen der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 3 Z. 1 MeldeG, wie etwa die Einvernahme der Zeugnis, machen müssen. Das Schweigen des Bw und seine fehlende Mitwirkung sowohl im Rahmen des Einspruchs als auch folgenden Ermittlungsverfahren entbinden die belangte Behörde nicht von der Verpflichtung, gesetzliche Ausnahmebestimmungen zumindest näher zu prüfen. Dass dies ohne weiteres und kurzfristig möglich gewesen wäre zeigt auch das Ermittlungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, der - ohne Probleme - von der Zeugin eine Auskunft einholen konnte.

 

Die von der belangten Behörde im gesamten Verfahren vorgenommene Tatzeitumschreibung (8. Februar bis 17. März) lässt erkennen, dass die Behörde erster Instanz die Frage der allfälligen Ausnahme nach § 2 Abs. 3 Z. 1 MeldeG tatsächlich völlig ungeprüft gelassen hat. In diesem Fall ist nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats auch eine Sanierung des Spruchs durch die Berufungsbehörde nicht zulässig, weil damit letztlich ein Tat bestraft werden würde, die dem Bw (noch) nicht vorgeworfen wurde.

 

3.2. Vor diesem Hintergrund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

 

3.3. Der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war abzuweisen, weil (derzeit) keine der im § 45 Abs. 1 VStG genannten Voraussetzungen vorliegen oder erwiesen sind.

 

3.4. Aus verfahrensökonomischen Gründen sieht sich der Oö. Verwaltungssenat noch zu folgenden Hinweisen veranlasst:

 

3.4.1. Bei der dem Bw vorgeworfenen Verwaltungsübertretung dürfte es sich um eine Dauerdelikt handeln (vgl. z.B. Verwaltungsgerichtshof [VwGH] vom 27. April 2004, 2003/05/0204, Oö. Verwaltungssenat vom 29. Jänner 1993, VwSen-230162/15), bei dem die Verjährung (erst) von dem Zeitpunkt an zu laufen beginnt, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (vgl. z.B. VwSlg. 15.503 A/2000). Dies wäre im vorliegenden Fall der 1. Juli 2005 (der Tag der vorgenommenen Meldung). Die Behörde erster Instanz hat daher innerhalb der ab diesem Zeitpunkt zu berechnenden Verjährungsfrist die Möglichkeit ein Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen.

 

3.4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sind bei einem Dauerdelikt Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheids anzuführen. Dabei wird es bei einem Vorwurf, dass jemandem "länger als zwei Monate Unterkunft gewährt wurde" (vgl. § 2 Abs. 3 Z. 1 MeldeG) schon aus logischen Gründen notwendig sein, dass der Tatzeitraum sich über mehr als diese zwei Monate erstreckt. Im vorliegenden Fall könnte dafür die Aussage der Zeugin ("seit Oktober 2001") ein geeignete Basis für weitere Erhebungen liefern.

3.4.3. In einem allenfalls neuerlichen Verwaltungsstrafverfahren wären von der Behörde erster Instanz - entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs - wohl auch ergänzende Erhebungen zur Frage der Unterkunftnahme (Unterkunftgewährung) notwendig. Dabei dürfte es - entgegen den Andeutungen des Bw in der Berufung - nach der Judikatur des VwGH nicht darauf ankommen, dass die Unterkunft nehmende Person in den als Wohnung dienenden Räumen ihr Wohnbedürfnis ständig oder ununterbrochen befriedigt (vgl. z.B. VwSlg. 15.503 A/2000), wesentlich scheint vielmehr, ob äußere Umstände (z.B. Befanden sich im fragliche Zeitraum persönliche Gegenstände des täglichen Gebrauchs des Beschuldigten in der Wohnung? Wurden Gegenstände des Beschuldigten dort verwahrt? Half der Beschuldigte bei der Hausarbeit mit oder verrichtete er in der Wohnung sonstige Arbeiten?) vorliegen, die dafür sprechen, dass der Beschuldigte eine Beziehung zur Unterkunft hat (vgl. auch dazu VwSlg. 15.503 A/2000). Abgesehen davon, dass die Zeugin auch eine Benutzung an (wenigen) Tagen einräumt ("... mit wenigen Ausnahmen nur nachts ..."), dürfte - entgegen der vom Bw in der Berufung geäußerten Ansicht - wohl auch eine Benutzung der Wohnung nur nachts (jedenfalls bei Hinzutreten von gerade angedeuteten zusätzlichen Merkmalen) dem Tatbestand der Unterkunftnahme (Unterkunftsgewährung) zu unterstellen sein.

3.4.4. Dem gegenüber wäre jedoch auch zu erwägen, welche öffentlichen Interessen im vorliegenden Fall tatsächlich in welchem Umfang verletzt sind, ob nicht das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung - auch vor dem Hintergrund der nunmehr erfolgten Anmeldung - unbedeutend sind und somit nach § 21 Abs. 1 oder 1a VStG vorgegangen werden könnte oder vorzugehen wäre.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Wolfgang Steiner

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