Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240010/2/Gf/Kf

Linz, 12.11.1991

VwSen - 240010/2/Gf/Kf Linz, am 12. November 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. Oktober 1991, Zl. SanRB96/822/1991, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird stattgegeben.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, am 18. Juli 1991 im Zuge der in seiner Betriebsstätte in W durchgeführten lebensmittelpolizeilichen Kontrolle die Entnahme von zwei Speiseeisproben verweigert zu haben; er hat hiedurch die Verwaltungsübertretung des § 74 Abs.4 i.V.m. § 39 Abs.1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987, begangen und wird hiefür mit einer Geldstrafe von 7.500 S bestraft. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden verhängt.

II. Für das Strafverfahren in I. Instanz ist gemäß § 64 Abs.2 VStG ein Kostenbeitrag von 750 S zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Am 18. Juli 1991 wurde im Betrieb des Beschwerdeführers eine Nachschau gemäß § 37 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987 (im folgenden: LMG), gehalten. Im Zuge dieser Kontrolle war die Ziehung von zwei Speiseeisproben geplant. Die Entnahme dieser Proben wurde den einschreitenden Organen jedoch vom Beschwerdeführer nicht gestattet.

1.2. Wegen dieser Weigerung wurde über den Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Straferkenntnis vom 14. Oktober 1991, Zl. SanRB96/822/1991, eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) verhängt.

1.3. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 17. Oktober 1991 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 31. Oktober 1991 - und damit rechtzeitig - bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebrachte und ausdrücklich nur gegen die Höhe der verhängten Strafe gerichtete Beschwerde.

2.1. Bezüglich der Strafhöhe führt die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis begründend aus, daß bei der Strafbemessung die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers für seine Gattin sowie dessen steuerbehördlich festgestellte Einkünfte berücksichtigt worden seien. Milderungsgründe seien keine hervorgekommen, während der Umstand, daß der Beschwerdeführer die Probenahme trotz der Tatsache verweigerte, daß ihm von den einschreitenden Organen die maßgebliche Rechtslage wiederholt eingehend dargelegt wurde, als erschwerend hätte gewertet werden müssen. Außerdem entspreche die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat, sodaß spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

2.2. Demgegenüber bringt der Beschwerdeführer vor, daß sein Fehlverhalten deshalb nur als geringfügig anzusehen wäre, weil die Kontrolle seitens der Behörde nicht zuvor angekündigt und überdies gerade während der Hauptgeschäftszeit durchgeführt worden sei. Außerdem sei es eine Erfahrungstatsache, daß die behördliche Strafe nicht so hoch ausgefallen wäre, wenn er die Probenahme zugelassen hätte und in der Folge bloß an den Proben ein Mangel festgestellt worden wäre. Aus diesen Gründen wird beantragt, die Strafhöhe so weit wie möglich herabzusetzen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Zl. SanRB96/822/1991; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und sich die vorliegende Berufung überdies nur gegen die Strafhöhe richtet, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 4 Z. 3 i.V.m. § 39 Abs. 1 LMG begeht derjenige, der die Entnahme von Proben verweigert, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren - um ein solches handelte es sich im vorliegenden Fall überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen; bei der Strafbemessung ist überdies auf das Ausmaß der Schuld besonders Bedacht zu nehmen und sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

4.2. Die in Rede stehende Strafbestimmung dient offensichtlich der Effektivität der Lebensmittelpolizei: Ohne Kontrolle und der Möglichkeit der Probenziehung im Rahmen derselben kann die im Vergleich zu anderen Ländern hohe Qualitätsanforderung an die in Österreich zum Verkehr zugelassenen Lebensmittel nicht sichergestellt werden. Dieser Aspekt kommt vornehmlich dadurch zum Ausdruck, daß gemäß § 74 Abs. 4 LMG für die Verweigerung der Probeentnahme explizit und damit ganz bewußt dieselbe Strafdrohung wie für die schweren und schwersten Verstöße gegen das LMG (vgl. § 74 Abs. 1 bis 3) festgesetzt wurde (vgl. demgegenüber die Delikte des § 74 Abs. 5 LMG, wo die Höchststrafe nur mit 25.000 S normiert ist). Der unabhängige Verwaltungssenat kann daher keine Rechtswidrigkeit darin erblicken, wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund die Strafe mit 10.000 S festgesetzt hat, weil diese ohnedies bloß im untersten Fünftel der gesetzlichen Höchststrafe angesiedelt ist.

4.3. Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit regelmäßig fahrlässiges Verhalten; dieses ist bei bloßen Ungehorsamsdelikten - wie § 74 Abs. 4 Z. 3 i.V.m. § 39 Abs. 1 LMG eines darstellt - dann ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Tat subjektiv der - irrigen - Meinung war, sein spezielles Speisseis ("Eisparfait") unterliege nicht dem LMG, schließt zwar wegen des sonach fehlenden Unrechtsbewußtseins eine vorsätzliche Tatbegehung, nicht aber eine schuldhafte Verletzung der Verwaltungsvorschrift aus: Denn zum einen wurde ihm wiederholt von den einschreitenden Organen eine entsprechende Rechtsbelehrung erteilt und zum anderen wird von der Rechtsordnung gefordert, daß sich jeder Gewerbetreibende mit den für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften vertraut zu machen hat (vgl. z.B. VwGH v. 27.3.1990, Zl. 89/04/0226). Wird jemandem von einem Amtsorgan die Rechtslage erläutert und verhält sich dieser in der Folge trotzdem rechtswidrig, ohne für seine Rechtsmeinung überzeugende Gründe vorbringen zu können, so liegt im Sinne des § 5 Abs.1 Satz 2 VStG sogar eine grob fahrlässige Tatbegehung und damit eine gesteigerte Schuldform im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 VStG vor. Daran vermag auch der Umstand, daß die Nachschau nicht zuvor angekündigt und zur Hauptgeschäftszeit durchgeführt wurde, nichts zu ändern, weil dies weder durch § 37 Abs. 2 LMG noch durch § 37 Abs.4 LMG gehindert ist und demgemäß ein Gastgewerbetreibender während der üblichen Geschäfts- und Betriebsstunden jederzeit mit lebensmittelpolizeilichen Kontrollen rechnen muß.

4.4. Anders als die belangte Behörde ist der unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung, daß dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall allerdings doch ein Milderungsgrund zugute kommt. Denn weder aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses noch aus dem Verwaltungsakt geht hervor, daß über den Beschwerdeführer zuvor bereits entsprechende Verwaltungsstrafen verhängt worden wären, sodaß aufgrund dieser Sachlage von seiner bisherigen einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen ist. Hingegen konnte das Geständnis des Beschwerdeführers nicht als strafmildernd gewertet werden, weil dieses nicht schon im erstbehördlichen Verfahren, sondern erst mit der vorliegenden Beschwerde abgegeben wurde und daher nicht den Charakter eines echten Geständnisses, sondern mehr das Einbekenntnis eines (erst) nunmehr gegebenen Unrechtsbewußtseins aufweist.

4.5. Schließlich trifft auch die Auffassung der belangten Behörde nicht zu, die Uneinsichtigkeit des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt als Erschwerungsgrund zu werten; die trotz zweimaliger Rechtsbelehrung erfolgte Weigerung, der behördlichen Aufforderung zu entsprechen, begründet vielmehr - wie zuvor unter 4.3. dargelegt bereits ein gesteigertes Verschulden und darf daher - weil dies schon (und zwar primär) gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 VStG zu berücksichtigen ist - nicht gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 VStG nochmals in Rechnung gestellt werden.

4.6. Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, des gesteigerten Grades des Verschuldens des Beschwerdeführers, seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sowie des Vorliegens des Milderungsgrundes der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit und des Nichtvorliegens von Erschwerungsgründen gelangt daher der unabhängige Verwaltungssenat im Ergebnis zu der Auffassung, daß die Geldstrafe in Höhe von 7.500 S als angemessen festzusetzen war. Dementsprechend und in Berücksichtigung der durch § 74 Abs. 4 LMG i.V.m. § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation war die Ersatzfreiheitsstrafe mit 50 Stunden festzusetzen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in I. Instanz in Höhe von 10% der verhängten Strafe, d.s. 750 S, vorzuschreiben; infolge der teilweisen Stattgabe der Beschwerde hatte dagegen die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu unterbleiben.

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 12. November 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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