Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240015/2/Gf/Kf

Linz, 21.11.1991

VwSen - 240015/2/Gf/Kf Linz, am 21. November 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 1991, Zl. MBA23-06/086/0/Str, zu Recht erkannt:

Gemäß § 66 Abs.4 AVG und § 45 Abs.1 lit.a VStG wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Dezember 1991, Zl. MBA23-06/086/0/Str, wurde über den Beschwerdeführer nach dem Lebensmittelgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er falsch bezeichnete kosmetische Mittel durch Lagern in Verkehr gebracht hat.

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.2. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 1991, Zl. MBA23-06/086/0/Str, wurde dieser Einspruch nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens abgewiesen und über den Beschwerdeführer neuerlich eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er mit gesundheitsbezogenen Angaben falsch bezeichnete Kosmetika (Haarwasser) durch Lagerung in Hörsching () in Verkehr gebracht hat.

1.3. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 15. Oktober 1991 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Oktober 1991 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis unter Übernahme des Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17.

Juni 1991, Zl. 175/91, begründend aus, daß sich die Angabe "Wirkt Entzündungen entgegen" nicht auf eine pharmakologische, sondern auf eine heilmittelartige Wirkung des Kosmetikums beziehe, weil es sich bei Entzündungen um Krankheiten handle; derartige Hinweise seien aber nach § 9 Abs. 1 lit. a des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987 (im folgenden: LMG), absolut unzulässig. Außerdem enthielte das vorliegende Kosmetikum gar keine Stoffe, die gegen Entzündungen, sondern nur solche, die gegen Hautreizungen wirken.

Schließlich sei die Anpreisung "Zur Gesunderhaltung des Haarbodens" in dieser Allgemeinheit irreführend, weil ein Kosmetikum den Haarboden schon deshalb nicht gesunderhalten könne, da es auch solche Erkrankungen des Haarbodens gebe, die ein Kosmetikum nicht verhindern könne.

Aus diesen Gründen liege daher eine falsche Bezeichnung vor, weshalb der Beschwerdeführer zu bestrafen gewesen sei.

2.2. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, daß das in Rede stehende Kosmetikum Stoffe enthalte, die Hautreizungen entgegenwirken würden und dementsprechend die als Hinweis auf eine pharmakologische Wirkung zu verstehende Angabe "Wirkt Entzündungen entgegen" nicht irreführend sei; zwischen einem "Entzündungen" und einem "Hautreizungen" entgegenwirkenden Effekt sei überdies kein Unterschied erkennbar. Gleiches gelte für die Angabe "Zur Gesunderhaltung des Haarbodens", da die gesunderhaltende lediglich eine Erscheinungsform der pharmakologischen Wirkung und somit zulässig sei, weil das Kosmetikum unbestreitbar Stoffe enthalte, die eine pharmakologische Wirkung zeitigen würden.

Schließlich verfüge die GmbH, als deren handelsrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer fungiert, darüber hinaus über zwei weitere Geschäftsführer, wobei diese ihre Zuständigkeiten untereinander in der Weise aufgeteilt hätten, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern einer der beiden anderen Geschäftsführer für die lebensmittel- und kennzeichenrechtliche Verkehrsfähigkeit der in Rede stehenden kosmetischen Produkte verantwortlich sei, weshalb die Strafbarkeit des Beschwerdeführers von vornherein nicht gegeben sei.

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wien zu Zl. MBA23-06/081/Str; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen derjenige strafrechtlich verantwortlich, der zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und nicht ein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ; das Lebensmittelgesetz, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987 (im folgenden: LMG), enthält auch keine dem § 9 Abs. 1 VStG derogierende Sonderregelung und seitens der GmbH wurde der Behörde gegenüber kein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt. Der Beschwerdeführer ist daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die GmbH durch mehrere Geschäftsführer vertreten wird, weil in diesem Fall jeden dieser Geschäftsführer die volle Verantwortlichkeit trifft; eine gesellschaftsinterne Zuständigkeitsaufteilung ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, solange diese nicht gemäß § 9 Abs. 2 VStG auch der Behörde gegenüber in Erscheinung tritt (vgl. dazu auch die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 755 ff).

4.2. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt; gemäß § 26 Abs. 2 i.V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

4.3. Es gilt daher zu prüfen, ob es sich im vorliegenden Fall bei einer der Angaben "Wirkt Entzündungen entgegen" oder "Zur Gesunderhaltung des Haarbodens" in Verbindung mit einem Haarwasser um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

Dies trifft im Ergebnis jedoch nicht zu.

4.3.1. Im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17.6. 1991, Zl. 175/91, wird zugestanden, daß das vorliegende Kosmetikum Stoffe enthält, die gegen Hautreizungen wirken. Derartige Stoffe unterliegen der Kosmetikverordnung BGBl.Nr. 534/1990 (im folgenden: KosmetikVO), wie sich aus der Anlage 2 Z. 14 zu dieser Verordnung ergibt; gemäß Anlage 1 Z. 2.9 zur KosmetikVO sind unter Stoffen, die Hautreizungen entgegenwirken, solche pharmakologisch wirksame Stoffe zu verstehen, die leichte Reizerscheinungen der Haut lindern und demgemäß insbesondere der Pflege der durch physikalische oder chemische Krankheitsursachen sowie durch Staub- und Schmutzeinwirkung beanspruchten und angegriffenen Haut dienen.

Unter Entzündung ist eine Abwehrreaktion des Organismus und seiner Gewebe gegen verschiedenartige schädigende Reize zu verstehen; das Ziel der Entzündung liegt in der Regel darin, die Schädigung und ihre Folgen zu beseitigen (vgl. W. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 255. Auflage, Berlin 1986, 448 f).

Insgesamt besehen besteht daher die pharmakologische Wirkung der iSd KosmetikVO Hautreizungen entgegenwirkenden Stoffe darin, die Reize als Auslöser von Entzündungen der Haut womöglich gar nicht entstehen zu lassen bzw. diese zumindest zu lindern und so Entzündungen überhaupt zu verhindern, damit aber auf diesem Weg und gleichsam anstelle der oder in Unterstützung zur körpereigenen Abwehrreaktion die Schädigung zu eliminieren.

Vor diesem Hintergrund und unter dem Aspekt, daß eine Entzündung - anders als nach Auffassung der belangten Behörde - selbst (dem Fieber vergleichbar) jedenfalls keine Krankheit darstellt, kann somit weder gefunden werden, daß die Angabe "Wirkt Entzündungen entgegen" im vorliegenden Fall heilmittelbezogen und deshalb verboten ist, noch, daß diese Angabe irreführend ist, weil die der Hautreizung entgegenwirkenden Stoffe wie ausgeführt ja tatsächlich entzündungshemmend wirken, indem sie schon den Reiz als Ursache der Entzündung verhindern.

4.3.2. Auch die Tatsache, daß es solche Arten von Erkrankungen des Haarbodens gibt, die ein bloß Hautreizungen entgegenwirkende Stoffe enthaltendes Kosmetikum nicht verhindern kann, belegt nicht, daß dieses Produkt völlig ungeeignet wäre, wenigstens in spezifischen Bereichen zur Gesunderhaltung des Haarbodens beizutragen; dies wird auch im obzitierten Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung nicht in Abrede gestellt. Die belangte Behörde meint vielmehr nur, daß der Hinweis "Zur Gesunderhaltung des Haarbodens" in seiner Allgemeinheit unzulässig wäre.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die in Rede stehende Wendung in ihrem Gesamtzusammenhang betrachtet keineswegs allgemein gehalten ist, sondern daß sich daraus ergibt, daß zur Gesunderhaltung des Haarbodens durch die im gegenständlichen Kosmetikum enthaltenen durchblutungsfördernden Stoffe - nämlich Menthol (vgl. Anlage 2 Z. 8.2.4 zur KosmetikVO) beigetragen werden soll. Daß aber ein durchblutungsfördernder Stoff generell dazu geeignet ist, zur Gesunderhaltung beizutragen, kann als unbestritten gelten.

4.4. Handelte es sich damit aber im vorliegenden Fall im Ergebnis jedenfalls nicht um eine Falschbezeichnung iSd § 74 Abs. 1 LMG, so war das angefochtene Straferkenntnis mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hatte gemäß § 64 Abs. 1 bis 3 VStG auch die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in I. Instanz und zum Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sowie die Auferlegung des Ersatzes der Barauslagen für die Untersuchungskosten zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 21. November 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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