Unabhängiger Verwaltungssenat
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VwSen-240032/16/Gf/La

Linz, 29.11.1993

VwSen-240032/16/Gf/La Linz, am 29. November 1993 DVR.0690392

B e s c h l u s s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlaß der Berufung des E B, vertreten durch die RAe Dr. H E und Dr. T W, vom 16. Juni 1992 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 1. Juni 1992, Zl. SanLP96/439/1990/B, beschlossen:

Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 iVm § 51 Abs. 7 VStG. Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 1. Juni 1992, Zl. SanLP96/439/1990/B, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von je 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je 12 Stunden) verhängt, weil er am 10. August 1990 vorverpackte Ware geliefert habe, ohne daß auf der Packung der Name und Sitz der erzeugenden Unternehmung, die empfohlene Aufbrauchfrist und der Zeitpunkt der Verpackung angebracht gewesen wäre; dadurch habe er eine Übertretung des § 3 Z. 2, des § 3 Z. 10 und des § 3 Z. 12 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr.

627/1973 (im folgenden: LMKV), iVm § 77 Abs. 1 Z. 19 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975 idF BGBl.Nr. 226/1988 (im folgenden: LMG), begangen, weshalb er jeweils gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 9. Juni 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Juni 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene, am 7. Juli 1992 beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Berufung.

2. Mit Beschluß des Oö. Verwaltungssenates vom 6. August 1992, Zl. VwSen-240032/2/Gf/Hm, wurde diese Berufung mangels eines begründeten Berufungsantrages als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat der Rechtsmittelwerber Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

3. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.

Dezember 1992, Zl. 92/10/0934, wurde dieser Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Beschluß des Oö.

Verwaltungssenates aufgehoben. Dieses Erkenntnis ist beim Oö.

Verwaltungssenat am 8. Februar 1992 eingegangen.

4. Mit Schreiben vom 8. Februar 1993, beim oö.

Verwaltungssenat eingegangen am 9. Februar 1993, ersuchten die Rechtsvertreter des Berufungswerbers den Oö.

Verwaltungssenat, den Bezirkshauptmann von Braunau zur Refundierung der angeblich mittlerweile bereits einbezahlten Strafbeträge zu veranlassen. Der Oö. Verwaltungssenat hat der belangten Behörde zuständigkeitshalber die Verfahrensakten am 12. Februar 1993 zur weiteren Veranlassung übermittelt. Eine entsprechende Refundierung wurde jedoch seitens der belangten Behörde nicht vorgenommen, weil der Rechtsmittelwerber den Strafbetrag tatsächlich noch gar nicht zur Einzahlung gebracht hatte.

5. Da eine neuerliche Aktenvorlage seitens der belangten Behörde nicht erfolgte, hat der Oö. Verwaltungssenat diese mit Schreiben vom 12. August 1993, Zl.

VwSen-240032/14/Gf/La, urgiert. Die Verfahrensakten wurden dem Oö. Verwaltungssenat daraufhin am 18. August 1993 vorgelegt.

6. Gemäß § 51 Abs. 7 VStG gilt das angefochtene Straferkenntnis dann als aufgehoben und ist das Verfahren einzustellen, wenn eine Berufungsentscheidung nicht innerhalb von 15 Monaten ab der Einbringung der Berufung erlassen wird.

Anders als in § 31 Abs. 3 VStG wird in der hier maßgeblichen Bestimmung nicht darauf Bezug genommen, ob die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof in diese Fünfzehnmonatsfrist einzurechnen ist oder nicht.

Mit der geplanten, derzeit allerdings erst im Vorstadium befindlichen VStG-Novelle (vgl. BKA v. 9. September 1993, Zl. 600127/9-V/2/93) ist beabsichtigt, dem § 51 Abs. 7 VStG folgenden Satz anzufügen: "Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem EFTA-Gerichtshof ist nicht in diese Frist einzurechnen".

In den Erläuterungen heißt es hiezu: "Während nach § 31 Abs.

3 VStG hinsichtlich der Strafbarkeitsverjährung und der Vollstreckungsverjährung die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in die Frist einzurechnen ist (wobei lege non distinguente davon auszugehen ist, daß auch das Verfahren gemäß Art. 139 und Art. 140 B-VG, nicht nur jenes nach Art.

144 B-VG, an welches vielleicht primär gedacht gewesen sein mag, umfaßt ist), fehlt in § 51 Abs. 7 VStG betreffend die Frist zur Entscheidung für den unabhängigen Verwaltungssenat über die Berufung in Verwaltungsstrafverfahren eine Bezugnahme auf diese Verfahren. Während ein verwaltungsgerichtliches Verfahren im vorliegenden Zusammenhang nicht in Betracht kommt, ist die Möglichkeit der Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshofes sehr wohl gegeben. Gemäß Art. 129a Abs. 3 B-VG gilt Art. 89 B-VG auch für die unabhängigen Verwaltungssenate. Diese haben daher im Falle von Bedenken gegen die im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Gesetze oder Verordnungen aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit bzw. Gesetzwidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung des Gesetzes bzw. der Verordnung zu stellen.

Es scheint daher geboten, § 51 Abs. 7 VStG in diesem Sinne zu ergänzen." Diese Sichtweise, wonach "im vorliegenden Zusammenhang ein verwaltungsgerichtliches Verfahren nicht in Betracht kommt", ein Bedarf nach Ergänzung der bestehenden Regelung also offensichtlich nicht besteht, bestätigt somit nur die Auffassung, daß - jedenfalls im Zweifel zugunsten des Beschuldigten (vgl. Art. 6 Abs. 2 MRK) - auch schon nach der derzeit geltenden Regelung die Dauer eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in die Frist gemäß § 51 Abs. 7 VStG einzurechnen ist (vgl. hiezu im übrigen in diesem Sinne auch bereits zB VwSen-100052 vom 19. Oktober 1993).

Die Frist zur Erlassung einer Berufungsentscheidung endete daher für den oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall am 16. September 1993. Daß bei einer erst knapp einen Monat zuvor erfolgten Aktenvorlage die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die - wie sich nach erfolgter Akteneinsichtnahme ergab - vorliegendenfalls jedoch erforderlich gewesen wäre (weil der Rechtsmittelwerber behauptet, daß nicht er, sondern eine andere Person für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich gewesen sei und entsprechende, diese Angaben bestätigende oder ausschließende Belege nicht im Akt enthalten sind), schon angesichts der in § 51e Abs. 4 VStG vorgegebenen Ladungsfristen nicht mehr möglich gewesen wäre, liegt auf der Hand.

7. Aus allen diesen Gründen war daher im gegenständlichen Fall gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 iVm § 51 Abs. 7 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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