Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240051/8/Gf/Hm

Linz, 11.03.1993

VwSen-240051/8/Gf/Hm Linz, am 11. März 1993 DVR 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Mag. K, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 5. November 1992, Zl. 101-6/1, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben; das Strafverfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 5. November 1992, Zl. 101-6/1, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu verantworten habe, daß am 25. Februar 1992 Hirschschnitzelfleisch an einen Dritten geliefert und damit in Verkehr gebracht worden sei, das deshalb nicht den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 627/1973 (im folgenden: LMKV), entsprochen habe, weil jegliche Bezeichnung dieser Waren gefehlt habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 226/1988 (im folgenden: LMG) iVm § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. a LMKV begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 25. November 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 1. Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - unmittelbar beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mündlich eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß es sich bei den vom Lebensmittelaufsichtsorgan beanstandeten Proben um vorverpackte Waren gehandelt hätte, die den Bestimmungen der LMKV unterliegen würden. Nach der LMKV sei aber nicht nur die Überverpackung, sondern auch die in dieser befindliche und eigenständig in Vakuumfolie verpackte Ware kennzeichnungspflichtig. Da eine derartige Kennzeichnung jedoch nicht erfolgte, sei der Berufungswerber zu bestrafen gewesen.

2.2. Der Berufungswerber bringt dagegen vor, daß sich der von der belangten Behörde als solcher bezeichnete Überkarton tatsächlich als "die Verpackungseinheit" selbst darstelle. Daß sich in diesem noch vier einzelne vakuumverpackte Hirschschnitzelfleischteile befanden, sei produktionsbedingt zu erklären. Sohin bestehe auch keine gesonderte Kennzeichnungspflicht für diese Einzelteile mehr.

Aus diesen Gründen wird daher die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 101-6/1 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Partei der Berufungswerber erschienen ist.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am 25. Februar 1992 hat die GmbH des Berufungswerbers an einen Selbstbedienungsmarkt in 17,80 kg Hirschschnitzelfleisch geliefert. Die Lieferung bestand aus 1 Überkarton, in dem sich weitere 4 Einzelkartons befanden; jeder dieser 4 Einzelkartons enthielt wiederum - entsprechend den sogenannten vier "edlen" Teilen der Hirschkeule ("Oberschale", "Unterschale", "Eckstück" und "Nuß") 4 tiefgekühlte Vakuumpackungen Hirschfleisch. Unter "Hirschschnitzelfleisch" wird branchenüblich allgemein das nach der Herauslösung des Knochens und des Gulaschfleisches verbleibende Fleisch einer Hirschkeule verstanden, wobei im Zuge dieser Herauslösung eine Zerlegung der Hirschkeule in die vier genannten "edlen Teile" unumgänglich ist. Dieses Hirschschnitzelfleisch wurde von der GmbH des Beschwerdeführers aus Neuseeland importiert. Seitens dieses überseeischen Lieferanten werden nur der Überkarton und die 4 Einzelkartons, nicht jedoch die in diesen enthaltenen Vakuumpackungen gekennzeichnet. Die GmbH des Beschwerdeführers hat diesen Überkarton unverändert an den Selbstbedienungsmarkt übergeben. Dort wurden - jedenfalls aus dem Blickwinkel des Zeitpunktes der lebensmittelpolizeilichen Revision betrachtet - offensichtlich sowohl der Überkarton als auch die 4 Einzelkartons geöffnet und nur die einzelnen Vakuumpackungen zum Verkauf angeboten.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die zu den Feststellungen des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde ohnedies nicht im Widerspruch stehenden, glaubhaften, in sich widerspruchsfreien und schlüssigen Angaben des Berufungswerbers.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG begeht insbesondere derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der den Bestimmungen der in § 77 Abs. 1 Z. 19 angeführten und als Bundesgesetz in Geltung stehenden LMKV zuwiderhandelt.

Nach § 1 Abs. 1 LMKV sind verpackte Lebensmittel entsprechend den Bestimmungen der LMKV zu kennzeichnen, sofern sie im Inland gewerbsmäßig verkauft, feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden. Als "verpackt" sind dabei alle Lebensmittel anzusehen, die in Behältnisse oder Packungen abgefüllt oder abgepackt und zur Abgabe an Letztverbraucher bestimmt sind. Der Kennzeichnungspflicht unterliegt gemäß § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. a LMKV insbesondere tiefgekühltes Fleisch. Nach § 6 LMKV ist bei Importware der Importeur für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln verantwortlich.

4.2. Aus dem vom Berufungswerber in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgelegten Einzelkarton, der zu jener Warenlieferung aus Neuseeland gehörte, die auch an den verfahrensgegenständlichen Selbstbedienungsmarkt weitervertrieben wurde, geht hervor, daß dieser jedenfalls in einer dem § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. a LMKV entsprechenden Weise gekennzeichnet war. Zu klären bleibt jedoch die Frage, ob seitens des Berufungswerbers eine entsprechende Kennzeichnung auch - wie die belangte Behörde meint - auf den im Einzelkarton enthaltenen 4 Vakuumpackungen angebracht hätte werden müssen.

Dies ist jedoch aus folgenden Gründen zu verneinen:

Hirschschnitzelfleisch wird handelsüblich in der Weise an Letztverbraucher abgegeben, daß jener eine Hirschkeule - daher auch die mit einem Hirschsymbol verbundene Warenbezeichnung "Steakfleisch" auf dem Einzelkarton - und damit deren sämtliche vier "edlen" Teile im obigen Sinne zu erwerben beabsichtigt. Daß diese vier edlen Teile gesondert - und nicht etwa gemeinsam in einem Beutel - vakuumverpackt werden, ist ausschließlich produktionstechnisch bedingt, nicht hingegen dadurch, daß etwa seitens des Käufers ein Interesse an einem spezifischen "edlen Teil" (etwa der "Nuß") der Keule bestünde. Darauf zielt auch der der Warenbezeichnung auf dem Einzelkarton beigegebene Hinweis "4 CUT" - also gleichbedeutend mit: "bestehend aus 4 Schnitten" unmißverständlich ab. Hirschschnitzelfleisch bedeutet somit handelsüblich: die nach Auslösung des Knochens und des Gulaschfleisches verbleibende, aus vier Teilen bestehende Hirschkeule; dies ist also jenes, schon ganz allgemein, "branchenüblich" als "1 Einheit" anzusehendes Lebensmittel iSd § 1 Abs. 2 LMKV, das üblicherweise zur Abgabe an den Letztverbraucher bestimmt war. Insoweit entsprach aber auch die vom Berufungswerber an den verfahrensgegenständlichen Selbstbedienungsmarkt, in dem die Ware zum Verkauf an Letztverbraucher angeboten wurde, verkaufte Lieferung auch den Vorschriften der LMKV.

Daß der Vertragspartner des Beschwerdeführers hingegen tatsächlich nicht diesen Einzelkarton, sondern - atypisch - die in diesem befindlichen 4 Vakuumverpackungen gesondert zum Verkauf angeboten hat, liegt ebensowenig im Einflußbereich des Berufungswerbers, wie wenn etwa eine Pralinéschachtel nicht als solche, sondern die darin befindlichen und separat verpackten Pralinés einzeln verkauft werden: Obwohl Schokoladewaren gemäß § 4 Abs. 1 Z. 20 LMKV kennzeichnungspflichtig sind, erstreckt sich diese Pflicht offensichtlich nicht auch über jene aus der Sicht des Vertreibers zur Abgabe an den Letztverbraucher bestimmte Verpackungseinheit hinaus. Eine derartige Vorgangsweise des die Abgabe der Ware an die Letztverbraucher vornehmenden Verkäufers hat daher der an diesen liefernden Zwischenhändler verwaltungsstrafrechtlich auch nicht zu vertreten.

Das gegen den Berufungswerber durchgeführte Verwaltungsstrafverfahren war daher schon aus dem Grunde des § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen, ohne daß auf das weitere Vorbringen des Berufungswerbers einzugehen war.

4.3. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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