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VwSen-240056/2/Gf/La

Linz, 30.11.1993

VwSen-240056/2/Gf/La Linz, am 30. November 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des E B, vertreten durch RA Dr. T W, vom 28. Dezember 1992 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 30. November 1992, Zl.

SanLP96/31/1991/B, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG. Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 30. November 1992, Zl. SanLP96/31/1991/B, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil er am 20. September 1991 vorverpackte Fleischwaren in Verkehr gebracht habe, die inso fern nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen hätten, als auf der Verpackung Angaben über eine handelsübliche Sachbezeichnung, über den Firmennamen, über das Füllgewicht, über die Roheinwaage, über die Art der Konservierung, über die Haltbarkeit, über die Lagerbedingungen, über die empfohlene Aufbrauchfrist, über die Art und Menge zugesetzter Vitamine, über ein Verzeichnis der Bestandteile und über die enthaltenen Zusatzstoffe gefehlt hätten; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 iVm § 77 Abs. 1 Z. 19 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975 idF BGBl.Nr. 226/1988 (im folgenden: LMG), und iVm § 1, § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. c, § 6 lit. a sowie § 3 Z. 1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 10, 13, 18 und 19 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 627/1973 (im folgenden: LMKV), begangen, weshalb er zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 12. Dezember 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Tatvorwurf durch Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes der BH Gmunden als erwiesen anzusehen sei. Der Einwand des Berufungswerbers, wonach nicht er, sondern eine andere von ihm beauftragte Person zum Tatzeitpunkt verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gewesen sei, gehe hingegen mangels Vorlage eines entsprechenden Bestellungsnachweises binnen der von der Behörde gesetzten Frist fehl.

Bei der Strafbemessung seien im besonderen 14 einschlägige Vormerkungen als erschwerend sowie die amtsbekannten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen wendet der Berufungswerber ergänzend - nunmehr unter Vorlage einer entsprechenden Urkunde - in erster Linie ein, daß bereits zum Tatzeitpunkt einer seiner Angestellten formell als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs. 4 VStG bestellt und daher seine eigene Verantwortlichkeit nicht gegeben gewesen sei. Überdies werde weder der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch die allein als innerhalb der Verjährungsfrist gesetzte Verfolgungshandlung zu wertende Strafverfügung vom 11. Februar 1992 den Erfordernissen des § 44a Z. 1 VStG gerecht. Schließlich treffe der Tatvorwurf auch insofern nicht zu, als die Ware bei ihrer Auslieferung sehr wohl ordnungsgemäß gekennzeichnet gewesen sei, sich die Etikette jedoch offensichtlich in der Folge ohne Verschulden des Berufungswerbers von der Verpackung gelöst habe. Hinsichtlich der Strafbemessung hätten außerdem Bankverbindlichkeiten in Höhe von 11 Mio. S berücksichtigt werden müssen, während das monatliche Nettoeinkommen tatsächlich um 5.000 S geringer sei als von der Behörde angenommen.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Braunau zu Zl.

SanLP-96/31/1991; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung einer juristischen Person nach außen Berufenen ua. berechtigt, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten zu bestellen; in diesem Fall bleiben die zur Vertretung nach außen Berufenen neben dem verantwortlichen Beauftragen nur dann strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hiezu in ständiger Rechtsprechung die Sichtweise, daß spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens - hiezu zählt (nach h. Auffassung unzutreffend, weil damit dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet wird) auch das Berufungsverfahren - bei der Behörde ein aus der Zeit vor der Übertretung stammender Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten einlangen muß (vgl. die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 759).

Diesem Erfordernis ist gegenständlich mit der - wenn auch erst nach der behördlichen Fristsetzung, nämlich unter einem mit der Berufung erfolgten - Vorlage eines entsprechenden schriftlichen, auf einen Angestellten des Rechtsmittelwerbers bezüglichen Bestellungsnachweises entsprochen. Der Oö.

Verwaltungssenat lehnt es unter Bedachtnahme auf die gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren maßgebliche Bestimmung des § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG sowie im Hinblick auf die Geringfügigkeit der Höhe der verhängten Geldstrafe ab, ein umfangreiches und nach h. Einschätzung von vornherein aussichtloses Beweisverfahren darüber abzuführen, ob dieser Nachweis tatsächlich etwa nicht aus einer erst nach, sondern schon vor dem Tatzeitpunkt gelegenen Zeitraum stammt; im Zweifel war vielmehr zugunsten des Rechtsmittelwerbers von der Ordnungsgemäßheit der Erstellung dieses Beleges auszugehen.

Da somit zum Tatzeitpunkt ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs. 2 VStG bestellt war und das Verfahren keinen Hinweis darauf ergeben hat, daß er die Tat nicht vorsätzlich verhindert hat, traf den Rechtsmittelwerber also keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit.

4.3. Bei dieser Sachlage war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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