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VwSen-240060/2/Gf/La

Linz, 03.12.1993

VwSen-240060/2/Gf/La Linz, am 3. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des L K, vom 16. Februar 1993 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 29. Jänner 1993, Zl. SanRB96/62/1992-We, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG;§ 16 Abs. 2 VStG; § 65 VStG. Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 29. Jänner 1993, Zl. SanRB-96/62/1992-We, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden) verhängt, weil er am 29.

September 1992 Wurst- und Fleischwaren ohne jegliche Kennzeichnung in Verkehr gebracht habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975 idF BGBl.Nr. 226/1988 (im folgenden: LMG), iVm § 4 Abs. 1 lit. c der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 627/1973 (im folgenden: LMKV), begangen, weshalb er zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 8. Februar 1993 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Februar 1993 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Tat infolge der Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes als erwiesen anzunehmen sei. Daß die Waren von einer Angestellten des Rechtsmittelwerbers aus dem Hauptbetrieb geholt worden seien, obwohl diese noch nicht gekennzeichnet gewesen wären, könne ihn seiner Verantwortung nach der Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems, das derartige Fehlverhalten zu verhindern geeignet ist, nicht entheben.

Bei der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd zu werten gewesen, während erschwerende Umstände nicht hervorgekommen seien.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß seine Angestellte - wie sich schon bei deren zeugenschaftlicher Einvernahme ergeben habe - bereits zum Tatzeitpunkt als verantwortliche Beauftragte iSd § 9 VStG für den verfahrensgegenständlichen Filialbetrieb bestellt gewesen sei. Daß in seinem Betrieb kein wirksames Kontrollsystem bestehe, treffe gleichfalls nicht zu. Vielmehr habe seine Angestellte die Tat deshalb ausschließlich selbst zu verantworten, weil sie - da sie sich am Tattag verschlafen hatte - nicht abgewartet habe, bis die verpackten Fleisch- und Wurstwaren auch gekennzeichnet gewesen seien. Außerdem hätte angesichts der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers auch eine bloße Ermahnung hingereicht.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Rohrbach zu Zl.

SanLP-109/30-1992; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG iVm § 2, § 3 und § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. c LMKV begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der verpackte Fleischerzeugnisse nicht vorschriftsgemäß kenn zeichnet.

Nach § 9 Abs. 3 VStG kann eine Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen; dieser muß gemäß § 9 Abs. 4 VStG seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben und ihm muß für den seiner Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich auch eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen sein.

4.2. Daß die in Verkehr gebrachten Fleischwaren im vorliegenden Fall entgegen den gesetzlichen Vorschriften nicht gekennzeichnet waren, ist unbestritten; fraglich ist allein, ob diese Tat dem Rechtsmittelwerber oder seiner Angestellten zuzurechnen ist.

4.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt eine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 VStG voraus, daß spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens bei der Behörde ein - aus der Zeit vor der Begehung der Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis des Beauftragten bei der Behörde einlangt. Von einem aus der Zeit vor der Begehung stammenden Zustimmungsnachweis kann aber nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat, etwa in Form einer entsprechenden Urkunde oder Zeugenaussage, vorhanden war (vgl. zB VwGH v. 17. März 1988, 87/08/0306).

Ein aus der Zeit vor der Tat stammender und der Behörde vorgelegter schriftlicher Zustimmungsnachweis der Angestellten des Berufungswerbers existiert zweifelsfrei nicht. Aber auch die vom Rechtsmittelwerber in seiner Berufung bezogene Zeugenaussage seiner Angestellten im Zuge des von der belangten Behörde durchgeführten ordentlichen Ermittlungsverfahrens ist nicht geeignet, deren Bestellung als verantwortliche Beauftragte iSd § 9 VStG zu erweisen, weil in dieser Aussage von einem ihr übertragenen Verantwortungsbereich - ganz abgesehen von der fehlenden Anordnungsbefugnis - überhaupt nicht die Rede ist.

Liegt damit aber eine den Anforderungen des § 9 VStG entsprechende Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten offensichtlich nicht vor, so ist die Tat folglich dem Berufungswerber selbst zuzurechnen.

4.2.2. Es bleibt aber zu prüfen, ob er diese auch zu verantworten, d.h. schuldhaft gehandelt hat.

Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß zumindest Fahrlässigkeit vorliegt, wenn ein Unternehmer, der mit der Erfüllung seiner Pflichten einen anderen betraut, sich nicht davon überzeugt, daß seine Anordnungen auch tatsächlich befolgt werden (vgl. zB VwSlg 9836 A/1975); er hat daher den Nachweis zu erbringen, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. zB VwGH v. 30. Juni 1981, Zl. 3489/80), wobei zu diesen Maßnahmen auch eine angemessene Kontrolle gehört, die bloße Erteilung von Weisungen also nicht ausreicht (vgl.

zB VwGH v. 18. September 1987, Zl. 86/17/0020).

Der Rechtsmittelwerber bringt hiezu in seiner Berufung vor und der Oö. Verwaltungssenat findet keinen Anlaß, an diesem Vorbringen zu zweifeln -, daß die Fleischwaren in seinem Hauptgeschäft in einem ersten Arbeitsschritt von einer Mitarbeiterin vakuumverpackt, neben die Verpackungsmaschine gelegt und erst dann, wenn dies erledigt ist, gesetzmäßig gekennzeichnet werden; gleichzeitig hat diese Mitarbeiterin auch Kunden zu bedienen. So konnte es geschehen, daß jene vermeintlich zum verantwortlichen Beauftragten bestellte Angestellte des Rechtsmittelwerbers Fleischwaren für ihr Filialgeschäft entnehmen konnte, noch bevor diese ordnungsgemäß gekennzeichnet waren.

Damit liegt aber gleichzeitig auch auf der Hand, daß der Berufungswerber gerade keine solchen Maßnahmen gesetzt hat, die mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten lassen: Um tatsächlich zu gewährleisten, daß keine ungekennzeichneten Fleischwaren in Verkehr gebracht werden, bedarf es nämlich offensichtlich Vorkehrungen dahingehend, daß jene Mitarbeiterin, der die Verpackung und Kennzeichnung obliegt, zumindest während dieses Arbeitsvorganges nicht auch gleichzeitig zur Kundenbedienung herangezogen wird; darauf hätte sich sodann auch die Kontrolltätigkeit des Rechtsmittelwerbers als Unternehmensleiter zu konzentrieren gehabt. Daß es sich hiebei um eine den Geschäftsbetrieb in unzumutbarer Weise beeinträchtigende Maßnahme handeln würde, kann wohl nicht ernstlich vertreten werden.

Indem der Berufungswerber somit im Ergebnis nicht dartun konnte, daß er solche Maßnahmen gesetzt hat, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund hätten erwarten lassen, hat er sohin fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt.

Die Strafbarkeit des Rechtsmittelwerbers ist daher gegeben.

4.3. Gemäß § 21 VStG hat die Behörde von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind; sie kann in diesem Fall eine Ermahnung aussprechen, wenn dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Die Kennzeichnungspflicht für verpackte Lebensmittel dient in erster Linie dem Interesse der Kunden, über für den Genuß dieser Lebensmittel wesentliche Angaben - wie Sachbezeichnung, Füllgewicht, Haltbarkeit, Verzeichnis der Bestandteile, etc. (vgl. § 3 LMKV) - informiert zu werden. Es liegt auf der Hand, daß diese Interessen massiv beeinträchtigt werden, wenn auf der Verpackung nicht bloß einzelne, sondern sämtliche Kennzeichnungselemente fehlen. Von unbedeutenden Folgen der Übertretung kann daher im vorliegenden Fall nicht die Rede sein, sodaß schon aus diesem Grund eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nicht in Betracht kommt (vgl. zB VwGH v.

16. März 1987, Zl. 87/10/0024).

4.4. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zutreffend als strafmildernd gewertet; weitere Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen. Angesichts der Tatsache, daß der gesetzliche Strafrahmen im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin nur zu einem Fünfzigstel ausgeschöpft wurde, kann der Oö. Verwaltungssenat auch nicht finden, daß die belangte Behörde grundsätzlich das ihr diesbezüglich eingeräumte Ermessen in gesetzwidriger Weise ausgeübt hätte. Die von der belangten Behörde festgelegte Ersatzfreiheitsstrafe entspricht jedoch nicht der durch § 16 Abs. 2 VStG gesetzlich vorgegebenen Relation.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt wird; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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