Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240405/2/WEI/Ni

Linz, 08.08.2002

VwSen-240405/2/WEI/Ni Linz, am 8. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 22. Juni 2001, Zl. SanRB 96-6-13-2001-Ma/Rb, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975, zuletzt geändert mit BGBl  I Nr. 21/2001) iVm § 4 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (BGBl Nr. 72/1993 idF BGBl II Nr. 462/1999) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten hat:

S, hat es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma F Handelsges.m.b.H. mit dem Sitz in H und damit als nach außen zur Vertretung befugtes Organ dieser Gesellschaft gemäß § 9 Abs 1 VStG zu verantworten, dass wie bei einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 23. Oktober 2000 ermittelt wurde, am 27. September 2000 tiefgefrorene Knoblauchzehen in einer Menge von 10 Packungen à 1 kg an die Filiale dieser Firma in V geliefert und dort in weiterer Folge in einer Tiefkühltruhe im Verkaufsraum zum Verkauf bereitgehalten wurden, obwohl auf der Verpackung jeweils folgende gemäß § 4 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV 1993) vorgeschriebene Kennzeichnungselemente nicht ordnungsgemäß angebracht waren:

1. der Name und die Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung fehlte (§ 4 Z 2 LMKV);

2. die für die Haltbarkeit wesentlichen Lagerbedingungen fehlten (§ 4 Z 6 LMKV);

3. das Mindesthaltbarkeitsdatum wurde nicht mit den vorgeschriebenen Worten: "mindestens haltbar bis ..." angegeben (§ 4 Z 5 LMKV);

4. die handelsübliche Sachbezeichnung hätte "geschälte Knoblauchzehen" und nicht bloß "Knoblauch" lauten müssen (§ 4 Z 1 lit a) LMKV).

S hat als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F Handelsges.m.b.H. die oben angeführten Verletzungen der LMKV 1993 beim Inverkehrbringen der Ware durch Feilhalten zu verantworten und dadurch Verwaltungsübertretungen gemäß § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 iVm § 4 Z 1 lit a), Z 2, Z 5 und Z 6 LMKV 1993 begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über S nach dem Strafrahmen des § 74 Abs 5 LMG 1975 zu den Spruchpunkten 1. bis 4. Geldstrafen in Höhe von je 14,53 Euro (insgesamt 58,12 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 6 Stunden (insgesamt 24 Stunden) verhängt.

II. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin zu den Spruchpunkten 1. bis 4. Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von je 1,45 Euro (insgesamt 5,80 Euro) zu leisten. Gemäß § 45 Abs 2 LMG 1975 sind auch die zu UZ.: 006071/2000 angefallenen Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz in Höhe von 24,53 Euro zu ersetzen.

III. Im Berufungsverfahren hat die Berufungswerberin gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG weitere Kostenbeiträge zu den Spruchpunkten 1. bis 4. in Höhe von je 2,90 Euro (insgesamt 11,60 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Am 23.Oktober 2000 um 15.19 Uhr wurde vom Lebensmittelaufsichtsorgan im Betrieb F GmbH, aus der Tiefkühltruhe im Verkaufsraum eine amtliche Probe Knoblauchzehen tiefgefroren, verpackt in einem durchsichtigen, verschweißten Schlauchbeutel aus Kunststoff, entnommen und an die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz zur Untersuchung überbracht.

Die Untersuchung dieser überbrachten Probe hat ergeben, dass diese als verpacktes Lebensmittel der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr 72/1993, unterliegt, jedoch folgende Kennzeichnungselemente gemäß § 4 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 fehlten bzw. unvollständig waren:

1. Ziffer 2 (Name und Anschrift der erzeugenden/verpackenden Unternehmung) fehlte

2. Ziffer 6 (Lagerbedingungen) fehlte

3. Ziffer 5 (Mindesthaltbarkeitsdatum) war nicht in der geforderten Formulierung "mindestens haltbar bis ...." angegeben.

4. Ziffer 1 (handelsübliche Sachbezeichnung) war unvollständig, da es sich um geschälte Knoblauchzehen handelt, muss auch die handelsübliche Sachbezeichnung entsprechend lauten.

Die Ware wurde am 27.9.2000, in einer Menge von 10 Packungen 'a 1 kg, von der F Handelsges.mbH (Zentrale), H, geliefert.

Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der F Handelsges.mb.H., H, zu verantworten, dass verpackte Lebensmittel in Verkehr gebracht wurden, auf deren Verpackung Kennzeichnungselemente entgegen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung fehlten bzw. unvollständig waren."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 iVm § 4 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen zu 1.) - 4.) Geldstrafen in Höhe von je S 200,-- (entspricht 14,53 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 6 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Gesamtbetrag von S 80,-- (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben. Als Ersatz für Barauslagen gemäß § 64 Abs 3 VStG wurden ferner die Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz in Höhe von S 337,50 (entspricht 24,53 Euro) vorgeschrieben.

1.2. Dieses Straferkenntnis, dessen Zustellung die belangte Behörde mit RSa-Brief anordnete, wurde laut aktenkundigem Rückschein nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 29. Juni 2001 beim Zustellpostamt H hinterlegt, wobei auch die Abholfrist bereits an diesem Tag begann.

Mit rechtzeitiger Telefaxeingabe vom 4. Juli 2001 an die belangte Behörde hat die Bwin zwar nur in der "Wir-Form" für die F Handelsges.m.b.H sinngemäß Berufung erhoben. Der Oö. Verwaltungssenat muss nach der Aktenlage allerdings davon ausgehen, dass die Bwin als Beschuldigte selbst Berufung einlegen wollte. Die als Berufung zu deutende Eingabe nimmt Bezug auf das Aktenzeichen des ergangenen Straferkenntnisses und bringt in der Sache wie folgt vor:

"Wie Sie anhand des Gewerbescheines ersehen können, ist die Fa. F in H eine Firma; zu welcher auch die Filiale in V gehört.

Der Lieferant ist nie die Firma F, da wir in unserem Haus über keine Lager verfügen, sondern, in diesem Fall, die Fa. F.

Wir können keinerlei Verständnis dafür aufbringen, dass in einer Angelegenheit eine Firma doppelt bestraft wird, da bereits einer Mitarbeiterin in V eine Strafe ausgestellt wurde.

Es lässt sich leicht feststellen, dass die Fa. F nur eine Buchhaltung hat, welche das gesamte Umsatzvolumen bearbeitet.

Weiters ist nachweisbar, dass wir über keine TK-Häuser und LKW verfügen und die Fa. FF in H keine Waren zur Verteilung bringt.

Die Bestellungen der Ware werden nicht an die Fa. FF H geleitet.

Wir bedauern immer wieder, dass der Aussage von Mitarbeitern mehr Glauben geschenkt wird, als den Fakten der Geschäftsleitung.

Mit dem Ersuchen das Strafverfügen einzustellen, verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

F Ges.m.b.H.

S eh."

1.3. Mit Schreiben vom 5. Juli 2001 hat die belangte Behörde die Berufung unter Anschluss ihres Strafaktes zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

2.1. Mit Anzeige vom 6. Dezember 2000, SanLA9846/0057/001-2000-Sb, berichtete das Lebensmittelaufsichtsorgan für den Bezirk V von einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 23. Oktober 2000 um 15.19 Uhr im Geschäft der F GmbH in V, bei der wegen des Verdachts kennzeichenrechtlicher Übertretungen in Gegenwart der Angestellten M Proben genommen wurden. Im Probenbegleitschreiben ist von 10 Packungen "Knoblauchzehen tiefgefroren" die Rede, die am 27. September 2000 von der F Zentrale geliefert worden wäre. Ort der Auffindung war eine Tiefkühltruhe im Verkaufsraum der Filiale.

Über die bei der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz eingereichte Probe "Knoblauchzehen tiefgefroren" erstattete diese das amtliche Untersuchungszeugnis vom 21. November 2000 zu UZ: 006071/2000. Im Befund wird die Originalpackung als durchsichtiger Schlauchbeutel aus Kunststoff verschweißt mit einer bedruckten Klebeetikette und mit Nettofüllmenge 981 g beschrieben. Der beigelegten Ablichtung dieser Etikette ist zu entnehmen, dass die Sachbezeichnung "Knoblauch" in weiteren drei Sprachen (K, G, A) angeführt und das Haltbarkeitsdatum 28-01-2002 lediglich mit unverständlichen Abkürzungen wie TP (MHD/BB) zum Ausdruck gebracht wurde. Außer der Gewichtsangabe von 1 kg sind keine weiteren Kennzeichnungselemente vorhanden.

Im Gutachten wird dargelegt, dass die Kennzeichnung der Probe nicht den Bestimmungen des § 4 Z 1, 2, 5 und 6 LMKV 1993 entspricht, weil Name und Anschrift der erzeugenden/verpackenden Unternehmung sowie die Lagerbedingungen fehlen, das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht in der erforderlichen Formulierung "mindestens haltbar bis ..." angegeben wurde und die handelsübliche Sachbezeichnung unvollständig geblieben ist, zumal die Bezeichnung "geschälte Knoblauchzehen" hätten lauten müssen.

2.2. Mit Schreiben vom 16. Jänner 2001 hat die Bezirkshauptmannschaft V als zuständige Tatortbehörde die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Verantwortliche der Firma F Handelsges.m.b.H., H, "gemäß § 27 VStG. 1991" (richtiges Zitat wäre § 29a VStG) der belangten Behörde abgetreten. Diese Übertragung des Strafverfahrens war gemäß § 29a VStG zulässig, zumal die Bwin ihren Wohnsitz im Sprengel der belangten Behörde hat, wodurch das Verfahren vereinfacht wird. Die Behauptung der Bwin, dass ihre Firma doppelt bestraft werde, da einer Mitarbeiterin in V "eine Strafe ausgestellt" worden wäre, ist im Hinblick auf die oben bezeichnete Abtretung des Strafverfahrens an die belangte Behörde offenbar aktenwidrig. Aus dem gegenständlichen Anlass ist ein weiteres Strafverfahren jedenfalls nicht aktenkundig.

Mit Strafverfügung vom 23. Jänner 2001 lastete die belangte Behörde der Bwin die Übertretungen wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses an.

Mit Eingabe vom 6. Februar 2001 erhob die Bwin rechtzeitig Einspruch gegen die Strafverfügung. Sie teilte der belangten Behörde mit, dass "die dortigen Mitarbeiterinnen" für das ordnungsgemäße Auszeichnen der Ware verantwortlich wären und kündigte die Übermittlung von Kopien der Dienstverträge an. Bereits in einem zuvor am 5. Februar 2001 geführten Telefonat kündigte sie die Übersendung eines "§ 9 VStG Formular" an.

Erst nach Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 15. März 2001 übermittelte die Bwin mit Eingabe vom 14. März 2001 die Kopie eines Schreibens mit der Bezeichnung "ARBEITSVERTRAG - Angestellte" an Frau M, V, welches von dieser ohne Angabe eines Datums unterschrieben wurde. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass Frau M am 15. Mai 1999 als Verkäuferin in der Filiale V aufgenommen wurde und 15 Stunden Wochenarbeitszeit nach jeweiliger Einteilung durch die Geschäftsleitung leistet. Sie habe "nach den Richtlinien und Weisungen alle mit dieser Verwendung verbundenen Dienste zu verrichten" und ihr derzeitiges Monatsgehalt betrage brutto S 5.830,--. Die weiteren Ausführungen betreffen ausschließlich das arbeitsrechtliche Verhältnis. Gegen Ende des Schreibens finden sich folgende Passagen:

"Lt. Lebensmittelpolizei ist absolutes Rauchverbot in allen betriebliche genützten Räumen.

Das Tragen der Arbeitskleidung ist unbedingt Pflicht. Ich bestätige hiermit, daß ich lt. VstG 9 meinen Arbeitsbereich selbständig verantworte.

Arbeitsanweisung: Die Tageslosung ist täglich nach Dienstschluß auf die Bank zu bringen. Wird dem (aus welchen Gründen auch immer) nicht Folge geleistet, kann eine sofortige Entlassung des DG ausgesprochen werden."

2.3. Über Rechtshilfeersuchen der belangten Behörde wurde in weiterer Folge Frau M von der Bezirkshauptmannschaft V als Zeugin zum Thema § 9 VStG befragt. Aus der Niederschrift vom 11. Mai 2001 ergibt sich, dass drei Personen in der F-Filiale V mit jeweils 15 Stunden beschäftigt sind und die Geschäftsleitung von der Bwin wahrgenommen wird. Die Zeugin M erklärte, dass sie mit den anderen Beschäftigten gleichgestellt sei und keine Anordnungsbefugnisse habe. Sie verantworte die Übernahme und das einräumen der Ware, Kontrolle der Etikettierung und das Kassieren. Änderungen an den fertig bedruckten Etiketten könne sie aber nicht vornehmen. Eine spezielle Schulung hinsichtlich der Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes, insbesondere der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, habe sie nicht erhalten. In einem Merkblatt hätte sie nur allgemeine Informationen erhalten. Von Lieferungen werde sie nicht speziell unterrichtet. Falls eine Kennzeichnung fehlt, werden von ihr Etiketten, die von der Firma F fertig bedruckt zur Verfügung gestellt werden, angebracht. Spezielle Anordnungs- und Entscheidungsbefugnisse habe sie von ihrer Chefin diesbezüglich nicht erhalten.

In ihrer Stellungnahme vom 30. Mai 2001 zur Einvernahme der Zeugin M bestätigt die Bwin die Beschäftigung von drei Mitarbeiterinnen in der Filiale V. Jede hätte für ihren Arbeitstag die komplette Verantwortung über den Arbeitsbereich zu übernehmen. Die Bwin behauptet weiter, dass die Etiketten nicht von der Firma F zur Verfügung gestellt werden würden. Vereinbart wäre, dass bei fehlenden Etikettenaufschriften diese beim Lieferant, der Firma S, zu bestellen sind. Dabei würden die Texte auf Wunsch der Verkäuferin abgestimmt. Da die Bwin nur einmal im Jahr in der Filiale anwesend wäre, hätte sie die Kontrolle über den Verantwortungsbereich an die Mitarbeiterinnen abgetreten.

Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis und führte begründend aus, dass die der Bwin angelasteten Tatbestände eindeutig als erwiesenen anzusehen seien. Sie ging von einer Auslieferung von der F Handelsges.m.b.H. in H, aus. Somit liege die Verantwortung eindeutig bei der Bwin, deren Rechtfertigungsangaben ins Leere gingen und als Schutzbehauptungen zu werten wären.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat konnte den entscheidungswesentlichen Sachverhalt, der von der Bwin nicht substanziell bestritten wurde, aus der Aktenlage ableiten. Im Wesentlichen waren daher Rechtsfragen zu beurteilen.

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 5 LMG 1975 idF BGBl I Nr. 63/1998 (Inkrafttreten am 01.05.1998) begeht im Fall der Ziffer 2 eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen,

wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Nach § 4 LMKV 1993 haben verpackte Waren, die iSd § 1 Abs 1 LMKV 1993 ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt sind, die in mehreren Ziffern bestimmten Kennzeichnungselemente zu enthalten, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen. Dies ist beim gegebenen Sachverhalt nicht der Fall.

Gemäß § 1 Abs 1 LMG 1975 ist dieses Bundesgesetz auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten, Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen anzuwenden.

§ 1 Abs 2 LMG 1975 enthält in Ergänzung zum § 1 Abs 1 LMG 1975 eine umfassende Legaldefinition. Danach ist unter Inverkehrbringen das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. Bei Beurteilung einer Ware ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige dem Gesetz nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonderheit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer dem Gesetz nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt.

4.2. Im vorliegenden Fall ist die im Schuldspruch umschriebene mangelhafte Kennzeichnung der verpackten Ware "Knoblauchzehen tiefgefroren" (Probenbezeichnung) wegen Fehlens der Kennzeichnungselemente nach § 4 Z 2 und Z 6 LMKV 1993 sowie wegen nicht ordnungsgemäßer Angabe der Kenzeichnungselemente nach § 4 Z 1 lit a) und Z 5 LMKV 1993 unbestritten geblieben und durch das amtliche Untersuchungszeugnis der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz hinlänglich erwiesen. Es bedarf dazu keiner weiteren Erörterungen. Auch das Inverkehrbringen der verpackten Ware im Wege der Abgabe an den Letztverbraucher (vgl § 1 Abs 1 LMKV 1993) durch Feilhalten in der Filiale der F Handelsges.m.b.H. in V kann im Hinblick auf die unbestrittene Darstellung in der Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorgans nicht bezweifelt werden.

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats hat keinen Grund an dem sinngemäßen Vorbringen der Bwin, wonach die Firma F Handelsges.m.b.H. mit dem Sitz in H nie von der Zentrale an ihre Filialen ausliefere, weil weder ein Tiefkühlhaus, noch ein LKW zur Verfügung stünde, vielmehr die Lieferanten die Filialen direkt belieferten, zu zweifeln. Insofern weicht diese Berufungsentscheidung von den Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis ab. Damit ist aber in rechtlicher Hinsicht für die Bwin nichts gewonnen, weil es auf eine Auslieferung durch die Zentrale der Firma F Handelsges.m.b.H. nicht ankommt. Für die Anwendbarkeit der LMKV 1993 ist nur wesentlich, dass die beanstandete Ware von der Firma F überhaupt in Verkehr gebracht wurde. Wie bereits oben näher dargestellt, war dies gegenständlich in der Filiale der Firma F der Fall.

4.3. Fraglich könnte nur mehr sein, ob für die Filiale in V ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 4 VStG rechtswirksam bestellt wurde, der von der Strafbehörde für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften für bestimmte räumlich oder sachliche abgegrenzte Bereiche des Unternehmens verantwortlich gemacht werden kann. In diesem Fall wäre die Haftung des zur Vertretung nach außen berufenen Organs gemäß § 9 Abs 1 VStG nicht gegeben. Die Bwin könnte dann nicht verfolgt werden, obwohl sie ansonsten als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F Handelsges.m.b.H. für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese juristische Person strafrechtlich verantwortlich ist.

Gemäß § 9 Abs 4 VStG setzt eine wirksame Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten voraus, dass dieser seiner Bestellung nachweislich zugestimmt hat und dass ihm für den seiner Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Die Voraussetzungen des § 9 Abs 4 VStG sind beim gegebenen Sachverhalt eindeutig nicht erfüllt. Der in Briefform verfasste, nicht datierte "ARBEITSVERTRAG - Angestellte" bietet keine geeignete Grundlage für eine Bestellung iSd § 9 Abs 2 und 4 VStG. Er umschreibt keinen klar abgegrenzten Verantwortungsbereich und räumt der mit bloß 15 Stunden Wochenarbeitszeit beschäftigten Verkäuferin keinerlei Anordnungsbefugnisse ein. Die lapidare Klausel: "Ich bestätige hiermit, daß ich lt. VstG 9 meinen Arbeitsbereich selbständig verantworte." ist für die Dienstnehmerin wohl nicht ohne weiteres verständlich und hat bei lebensnaher Würdigung auch keine relevante Aussagekraft. Aus dem gesamten Schreiben "ARBEITSVERTRAG - Angestellte" geht unzweifelhaft hervor, dass die Dienstnehmerin nur einen untergeordneten und nahezu ausschließlich fremdbestimmten Job verrichtet, der von der gehobenen Stellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs 2 und 4 VStG weit entfernt ist. Damit in Einklang steht auch die glaubhafte Zeugenaussage der M vor der Bezirkshauptmannschaft V. Dass im Übrigen jede volljährige Person für ihre Arbeitsleistung die Verantwortung übernehmen muss, erscheint selbstverständlich und hat entgegen der Irrmeinung der Bwin mit den gesetzlichen Anforderungen an die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nichts zu tun.

4.4. Die Strafbemessung der belangten Behörde wurde nicht ausdrücklich bekämpft. Sie kann nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats aus der Sicht der Bwin jedenfalls nicht beanstandet werden. Die verhängten Geldstrafen zu 1. bis 4. in Höhe von lediglich je S 200,-- (14,53 Euro) sind angesichts des zum Tatzeitpunkt anwendbaren Strafrahmens des § 74 Abs 5 LMG 1975 von bis zu S 50.000,-- als sehr gering einzustufen. Mildernde Umstände lagen nicht vor. Erschwerend waren nach dem aktenkundigen Verzeichnis der belangten Behörde rechtskräftige einschlägige Vorstrafen gemäß § 74 Abs 5 LMG 1975 (SanRB96-41-1998 vom 16.06.1998, SanRB96-93-1999 vom 03.11.2000, SanRB96-21-2000 vom 19.05.2000). Bei der sozialen Stellung der Bwin als Geschäftsführerin und den geringen Geldstrafen kann auch ihre Leistungsfähigkeit nicht fraglich sein. Die Ersatzfreiheitsstrafen waren gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG innerhalb eines Rahmens von 2 Wochen festzusetzen.

5. Im Ergebnis war daher die Berufung in allen Spruchpunkten als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. Die Neuformulierung des Spruchs erfolgte bei Wahrung der Identität der schon erstbehördlich angelasteten Tat und diente der besseren Verdeutlichung der entscheidungswesentlichen Umstände.

Im erstinstanzlichen Strafverfahren hat die Bwin an Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens 10 % der Geldstrafen zu den Spruchpunkten 1. bis 4. zu leisten. Im Berufungsverfahren hat die erfolglose Bwin gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG weitere Kostenbeiträge in Höhe von je 20 % der Geldstrafen zu leisten. Gemäß § 45 Abs 2 LMG 1975 war der Bwin auch Ersatz der Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vorzuschreiben.

Sämtliche Strafen und Kosten waren im Berufungsverfahren in Euro umzurechnen bzw. vorzuschreiben, weil mittlerweile nur mehr diese Währung als gesetzliches Zahlungsmittel gilt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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