Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240434/2/Wei/Gam

Linz, 28.07.2003

VwSen-240434/2/Wei/Gam Linz, am 28. Juli 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dr. M S, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 18. April 2002, Zl. SanRB 96-94-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 49 Ärztegesetz 1998 (BGBl I Nr. 169/1998 idF BGBl I Nr. 81/2000) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am Samstag, dem 21. Juli 2001, um ca. 8.30 Uhr und 18.00 die von Ihnen in ärztlicher Beratung oder Behandlung übernommene J S, dadurch, dass Sie keine persönliche Untersuchung vorgenommen haben, nicht gewissenhaft betreut."

Dadurch erachtete die belangte Strafbehörde § 49 Ärztegesetz 1998 als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 199 Abs 3 iVm § 49 Ärztegesetz 1998 eine Geldstrafe von 450 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 78 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG der Betrag von 45 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 22. April 2002 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtsfreundlich vertretene Berufung vom 29. April 2002, die rechtzeitig am 30. April 2002 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens.

2. Zum Sachverhalt wird im Einzelnen auf das angefochtene Straferkenntnis verwiesen. Die nachfolgende Darstellung fasst die wesentlichen Umstände zusammen:

2.1. Die belangte Strafbehörde verweist im angefochtenen Straferkenntnis auf einen Aktenvermerk des Marktgemeindeamtes L betreffend eine Beschwerde der N S über den Gemeindearzt Dr. S. Danach hätte Frau S den Bw am 21. Juli 2001 um 08.30 Uhr wegen ihrer Tochter, die 40° Fieber hatte, angerufen und um Rat gebeten. Er hätte ihr geraten, dem Kind ein Fieberzäpfchen zu geben. Gegen Abend hätte ihre Tochter immer noch hohes Fieber gehabt, weshalb Frau S um 18.00 Uhr abermals den Bw konsultierte. Dieser hätte erneut ein Fieberzäpfchen verordnet und sich nicht bereit erklärt vorbeizukommen und sich das Kind anzusehen oder in seine Praxis zu bitten. Um ca. 22.30 Uhr wäre Frau S mit Ihrer Tochter, die immer noch starkes Fieber hatte und weinte, in die Kinderstation des Krankenhauses V gefahren.

2.2. In der rechtsfreundlich vertretenen Rechtfertigung vom 11. Dezember 2001 erklärte der Bw, er hätte beim Telefonat mit Frau S am Morgen nachgefragt, ob außer dem Fieber noch andere Anzeichen einer Erkrankung vorhanden wären. Nachdem dies verneint worden wäre, hätte er geraten, dem Kind Fieberzäpfchen zu geben, einen Halswickel zu machen, ausreichend zu trinken zu geben und nicht zu warm zugedeckt zu lassen. Um 18.00 Uhr hätte die Anzeigerin nochmals angerufen. Der Bw hätte sie beruhigt und ihr erklärt, sie könnte dem Kind bis zu fünf Fieberzäpfchen geben. Dabei hätte er wiederholt, dass dem Kind ein Halswickel anzulegen und ausreichend zu trinken gegeben werden möge. Es hätte keine Situation bestanden, die eine persönliche Untersuchung des Kindes erforderlich machte.

Mit der Rechtfertigung wurde eine Kopie des ärztlichen Kurzberichts der Kinderstation des Krankenhauses V betreffend J S, geb. 7.09.2000, mit der Aufnahmediagnose vorgelegt. Dabei wurde eine Angina diagnostiziert, ein Fieber von 38,8° C festgestellt. Die verabreichten Medikamente scheinen ebenfalls auf. Aus diesem Kurzbericht ergäbe sich die tatsächliche Situation, die nachweise, dass dem Bw keine Übertretung angelastet werden könne.

2.3. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge die Stellungnahme eines Amtsarztes der Landessanitätsdirektion vom 7. Februar 2002 ein. Der Amtsarzt gab zu bedenken, dass von einem 10 Monate alten Säugling noch keine Symptombeschreibung zu erwarten war. Die persönliche Untersuchung durch den Arzt erlaube grundsätzlich eine differenziertere Diagnose als bei fernmündlicher Symptomdarstellung durch Laien. Dies sei bei Säuglingen umso wichtiger. Spätestens bei Ausbleiben einer Besserung hätte der Bw durch persönliche Untersuchung des Kindes die bakterielle Mandelentzündung erkennen und seine auf Fieber-, Schmerz - und Entzündungshemmung ausgerichtetes Therapieregime um eine Antibiotikabehandlung erweitern müssen. Verwunderlich sei, dass beim Erstgespräch keine anderen Symptome als Fieber zur Sprache kamen und dennoch das Anlegen eines Halswickels empfohlen worden sei. Inwieweit die persönliche Untersuchung vom Bw abgelehnt wurde, unterliege der Beweiswürdigung.

Aus Sicht der Sanitätsdirektion liege bei unterbliebener ärztlicher Untersuchung eines Säuglings und unzureichender Therapie keine gewissenhafte Betreuung der Patientin durch den Bw vor. Die ärztliche Versorgung von Säuglingen erfordere eine besondere Sorgfalt und eine persönliche Untersuchung, weil auf jegliche Mithilfe des Patienten bei der Diagnosefindung verzichtet werden müsse. Die Telefonberatung, die gemäß § 6 Abs 1 lit 2 Ärzte-Ausbildungsverordnung, BGBl Nr. 152/1994 zum Ausbildungsinhalt eines Arztes für Allgemeinmedizin gehöre und somit auch zu seinem Berufsbild zähle, könne nicht die persönliche Untersuchung eines Kranken ersetzen.

2.4. In der Stellungnahme vom 11. März 2003 erklärte der Bw, dass er die Mutter des Kindes über Symptome wie Husten, schlechten Mundgeruch, Ausfluss aus dem Ohr, allenfalls aus Mund und Nase, Bauchbeschwerden, Ausschläge oder ähnliches mehr befragt hätte. Diese Kardinalsymptome wären der Mutter, die ihr Kind am besten kenne, sofort aufgefallen. Sie habe aber lediglich darüber geklagt, dass das Kind fiebern würde. Eine persönliche Untersuchung wäre deshalb nicht erforderlich gewesen. Der Bw hätte bei solchen Symptomen sofort die erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Mit der Kindesmutter wäre auch vereinbart worden, dass sie mit dem Kind am nächsten Tag in die Ordination von Dr. S komme, um dort die weitere Behandlung zu besprechen. Spätestens dann hätte auch der Bw die Behandlung mit Ospen begonnen. Für das Kind wäre daraus kein Nachteil abzuleiten. Der feuchte Halswickel wäre nicht wegen Halsschmerzen, sondern als ein uraltes Hausmittel verordnet worden, um eine fiebersenkende Wirkung zu erzielen.

Zur fehlenden persönlichen Untersuchung meinte der Bw, dass gerade Mütter von Säuglingen mit Symptomen umgehen und sie beschreiben könnten. Die Unterhaltung mit der Mutter über Symptomdarstellungen wäre daher ausreichend gewesen, um ein Bild über den Gesundheitszustand zu erhalten. Jedenfalls hätte ein veritabler Notstand des Säuglings bei weitem nicht bestanden. Die Anzeigerin hätte der Beratung des Bw nicht vertraut und übersensibel reagiert. Auch bei persönlicher Untersuchung hätte der Bw am ersten Tag keine anderen Behandlungsvorschläge gemacht. Der Bw hätte keineswegs gegen Bestimmungen des Ärztegesetzes verstoßen und die geforderte Sorgfalt vernachlässigt.

Aus einer in Kopie vorgelegten Stellungnahme des Prim. Dr. F P, Leiter der Abteilung Kinder- und Jugendheilkunde des Krankenhauses V, geht hervor, dass dem Kind aus pädiatrischer Sicht mit Sicherheit kein gesundheitlicher Schaden daraus erwachsen ist, dass nicht bereits am ersten Krankheitstag die antibiotische Behandlung mit Ospen begonnen wurde. Diese erfolge in erster Linie um rheumatische Komplikationen an Herz oder Gelenken zu verhindern. Dieser Effekt werde nach Literaturangaben erzielt, wenn die Verabreichung von Penicillin innerhalb von 9 Tagen nach Krankheitsbeginn erfolge.

2.5. In der Berufung wird der oben dargelegte Sachverhalt nicht bestritten und im Wesentlichen der bisherige Standpunkt eingenommen. Fieberhafte Erkrankungen von Kleinkindern seien nichts Ungewöhnliches. Es hätte eindeutig kein Notfall vorgelegen. Auch Kinder könnten Symptome zeigen wie unruhiges Greifen nach den Ohren, Krümmen bei Bauchschmerzen, Durchfall, Husten, Schnupfen, schlechter Geruch aus dem Mund und dergleichen mehr. Das gegenständliche Fehlen von Symptomen lege auch klar, dass unter Umständen Halsschmerzen vorlagen. Die Empfehlung fiebersenkender Medikamente und von Halswickel stelle eine durchaus gängige Einleitung einer Therapie dar. Diese habe auch Wirkung gezeigt, weil sich im Laufe des Tages das Fieber von 40° C auf 38,8° C gesenkt hat. Die Kindesmutter habe mit der Übertragung der Behandlung des Kindes an das Krankenhaus dem Bw die Möglichkeit zur weiteren Behandlung genommen.

Mit der Stellungnahme des Prim. Dr. P vom 8. März 2002 habe sich die belangte Behörde in auffallender Weise nicht auseinandergesetzt. Der Artikel in der Zeitschrift Oö. Ärzte, Ausgabe Februar 2002, Seiten 50 ff, zeige, dass die Durchführung von Krankenbesuchen eine Frage der Einschätzung des Krankheitszustandes durch den behandelnden Arzt darstelle. Folgte man der Argumentation der belangten Behörde, müsste ein Arzt nach einem Anruf immer Krankenbesuche folgen lassen. Dies sei in der Praxis weder machbar, noch medizinisch notwendig. Im Ergebnis wird wiederholt, dass auf Grund der geschilderten Symptome eine sofortige persönliche Untersuchung nicht erforderlich gewesen sei. Ein Verstoß gegen die Gewissenhaftigkeit iSd § 49 Ärztegesetz könne dem Bw nicht vorgeworfen werden. Auch ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 lit 2 der Ausbildungsverordnung BGBl Nr. 152/1994 liege nicht vor. Die dort vorgesehenen Faktoren für allgemeinärztliche Beratung, Hausbesuche und Telefonberatung habe der Bw durchaus erfüllt.

2.6. Die Berufung hat ein Schreiben der Ärztekammer für Oberösterreich vom 26. April 2002 vorgelegt, in dem zur Sache Stellung genommen wird. Zur Frage der Verletzung von ärztlichen Berufspflichten durch den Bw wird der Standpunkt der Berufung geteilt. Auch die ärztliche Berufsvertretung hält die Durchführung von Krankenbesuchen letztlich für eine Frage der Einschätzung des Krankheitszustandes des Patienten durch den behandelnden Arzt. Nach der Argumentation der belangten Behörde müsste jeder Arzt dem telefonischen Anruf eines Patienten immer einen Krankenbesuch folgen lassen. Dies wäre weder machbar, noch medizinisch notwendig. Fieberhafte Erkrankungen von Kleinkindern wären nichts Ungewöhnliches. Der gegenständliche Fall wäre eindeutig kein Notfall gewesen.

Für die Ärztekammer bestünde kein Grund, an den Angaben des Bw zu zweifeln, dass er der Kindesmutter angeboten hätte, bei Verschlechterung des Zustandes von Jacqueline ihn neuerlich zu kontaktieren, damit er sich das Kind ansieht. Wenn Frau S sich nicht mehr meldet und auch nicht in der Ordination erscheint, könne darin noch keine Unterlassung der medizinischen Behandlung erblickt werden.

Die eingeleitete Therapie des Bw hätte offenbar Wirkung gezeigt, da das Fieber im Laufe des Tages von 40°C auf 38,8°C gesenkt wurde. Eine Genesung innerhalb von 15 Stunden sei realitätsfremd. Durch die Übertragung der Behandlung an das Krankenhaus hätte Frau S dem Bw die Möglichkeit der Weiterbehandlung genommen. Somit könne auch nicht die Unterlassung einer gewissenhaften Behandlung vorgeworfen werden. Die Prüfung der Verschuldensfrage wäre durch die belangte Behörde in keinster Weise erfolgt.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt unstrittig ist und nur Rechtsfragen zu beurteilen sind.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 199 Abs 3 Ärztegesetz 1998 begeht u.a., sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen

wer den in § 49 enthaltenen Anordnungen oder Verboten zuwider handelt.

Nach § 49 Abs 1 Satz 1 Ärztegesetz 1998 ist der Arzt verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen.

Die belangte Strafbehörde beruft sich auf die Ausführungen des Amtsarztes der Landessanitätsdirektion, wonach mangels persönlicher Untersuchung des 10 Monate alten Kindes eine unzureichende Therapie und damit keine gewissenhafte Betreuung vorgelegen sei. Ergänzend wird auch auf den Artikel in der Zeitschrift Oö Ärzte, Februar 2002, Seiten 50 ff hingewiesen, wonach sich der Arzt vom Leiden der Patienten ein eigenes Bild zu machen habe.

Der Artikel enthält eine Information der Ärztekammer für Oberösterreich für Allgemeinmediziner über Krankenbesuche, Ferndiagnosen und Fernbehandlungen. Unter der Überschrift Fernbehandlungen auf Seite 51 wird ausgeführt, dass fernmündliche, fernschriftliche oder über Dritte erteilte Therapieanweisungen in beschränktem Umfang zulässig seien, wenn der Arzt den Patienten und sein Krankheitsbild kennt. Dies gelte vor allem für Bagatellerkrankungen. Es gehöre aber zu den Aufgaben des Arztes, sich vom Leiden der Patienten ein eigenes Bild zu machen, wichtige Befunde selbst zu erheben und die Behandlung unmittelbar durchzuführen. Fernmündliche und fernschriftliche medizinische Ratschläge an den Patienten oder über dessen Angehörige seien nur statthaft, wenn der Arzt sie im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer vorher stattgefundenen Untersuchung erteilt.

4.2. Der erkennende Verwaltungssenat muss der belangten Behörde zubilligen, dass zumindest auf den ersten Blick die gutachtliche Äußerung des Amtsarztes in Verbindung mit der eher strengen Verhaltensrichtlinie im zitierten Artikel in "Oö. Ärzte" dafür zu sprechen scheinen, dass der Bw im gegenständlichen Fall seine ärztlichen Aufgaben als Allgemeinmediziner nicht gewissenhaft wahrgenommen hat. Dieser Ansatz wird allerdings in dem vom Bw vorgelegten Schreiben der Ärztekammer vom 26. April 2002 in einem entscheidenden Punkt relativiert. Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats teilt die Ansicht, dass letztlich die Dringlichkeit der Durchführung von Krankenbesuchen eine Frage der Einschätzung des Krankheitszustandes durch den behandelnden Arzt ist. Im Zeitpunkt dieser Entscheidung hat ein Arzt aber häufig noch keine genauere Untersuchung des Patienten vorgenommen. Bei Beurteilung der Dringlichkeit ist er maßgeblich auf die ihm vom Patienten oder von dessen Angehörigen erteilten Informationen und auf seine Erfahrungen angewiesen. Die Berufspflichten eines Allgemeinmediziners dürfen auch nicht so streng gesehen werden, dass auf eine telefonische Mitteilung über eine Krankheit stets ein Hausbesuch folgen müsste.

Nach dem festgestellten Sachverhalt wusste der Bw am 21. Juli 2001 um ca. 08.30 Uhr nur über das Fieber der 10 Monate alten J Bescheid. Seine Fragen nach weiteren Symptomen habe die Mutter, die ihr Kind eigentlich genau beobachtet haben müsste, verneint. Die von ihm daraufhin empfohlene Therapie zwecks Fiebersenkung kann nicht als falsch angesehen werden, wenn man bedenkt, dass fieberhafte Erkrankungen von Kleinkindern aus medizinischer Sicht nichts Ungewöhnliches darstellen und daher auch noch nicht als Notfall gelten können. Beim zweiten Telefonat um ca. 18.00 Uhr erklärt der Bw, dass dem Kind bis zu fünf Fieberzäpfchen gegeben werden könnten. Nach der Aktenlage ist offen geblieben, ob die Kindesmutter bei diesem Telefonat auf einen Hausbesuch durch den Bw drängte oder sich mit dessen Auskunft begnügte. Von selbst war der Bw offenbar nicht zu einem Hausbesuch bereit. Jedenfalls muss angenommen werden, dass die Kindesmutter weiterhin keine Symptome nannte. Auch wenn das Verhalten des Bw der Kindesmutter nicht als besonders interessiert und zuvorkommend erschienen sein mag, so hätte sie doch den Bw noch einmal kontaktieren und ausdrücklich einen Hausbesuch verlangen sollen. Durch die gegen 22.30 Uhr erfolgte Übertragung der Behandlung des Kindes an die Ärzte der Kinderstation des Krankenhauses V hat die Kindesmutter zu erkennen gegeben, auf die weiteren Dienste des Bw verzichten zu wollen. Bei dieser Sachlage muss zumindest im Zweifel zugunsten des Bw die Annahme gelten, dass er über ausdrückliches Ersuchen der Kindesmutter bereit gewesen wäre, sich das Kind persönlich anzuschauen. Außerdem hat der Bw auch unwiderlegt vorgebracht, dass er mit der Kindesmutter vereinbart hätte, dass sie am nächsten Tag mit dem Kind in seine Ordination kommt, um dort die weitere Behandlung zu besprechen (Stellungnahme vom 11.03.2002). Da nach der vorgelegten Stellungnahme des Prim. Dr. P, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, davon auszugehen ist, dass dem Kind durch die nicht bereits am ersten Tag verordnete antibiotische Behandlung mit Ospen kein gesundheitlicher Schaden erwachsen ist, erscheint die Verantwortung des Bw, wonach er zunächst für den ersten Tag eine ausreichende Therapie eingeleitet hat, unwiderlegbar.

Im Ergebnis hatte der Oö. Verwaltungssenat zumindest "in dubio pro reo" der durch die Stellungnahme der Ärztekammer untermauerten Darstellung des Bw zu folgen und davon auszugehen, dass dieser seine Berufspflichten nicht verletzt hat. Damit bleibt auch kein Raum für einen Verstoß gegen § 49 Abs 1 Satz 1 Ärztegesetz 1998. Das Strafverfahren war daher mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung gemäß dem § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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