Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240445/5/WEI/Ni

Linz, 02.12.2002

VwSen-240445/5/WEI/Ni Linz, am 2. Dezember 2002

DVR.0690392

B E S C H L U S S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Berufung der S L, vom 16. Oktober 2002 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. September 2002, Zl. 101-4/9 - 330137466, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 4 iVm § 9 AIDS-Gesetz 1993 (BGBl Nr. 728/1993, zuletzt geändert mit Art 97 des BGBl I Nr. 98/2001) den Beschluss gefasst:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

B e g r ü n d u n g:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) einer Verwaltungsübertretung nach dem § 4 Abs 1 und 2 iVm § 9 AIDS-Gesetz 1993 schuldig erkannt und mit Geldstrafe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 70 Stunden) bestraft, weil sie in der Zeit von 4. Juli bis Ende September 2001 in der Wohnung von Frau K in Linz, an Kunden gewerbsmäßig sexuelle Handlungen (Befriedigung mit der Hand nach einer sogenannten Tantra - Massage) vorgenommen habe, ohne sich vor Aufnahme dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen zu haben. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG der Betrag von 150 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.
  2. Gegen dieses Straferkenntnis, das laut dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSa-Brief) nach zwei Zustellversuchen durch Hinterlegung beim Postamt am 27. September 2002 zugestellt wurde, richtet sich die am 17. Oktober 2002 bei der belangten Behörde eingelangte und von der Bwin am 16. Oktober 2002 um 17.02 Uhr beim Postamt P eingeschrieben aufgegebene und handschriftlich verfasste Berufung, mit der sie erschließbar die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens anstrebt. Die Bwin führt inhaltlich aus:
  3. "Berufung zu Geschäftszeichen 101-419-330137466

    Ich lege gegen diesen Bescheid Berufung ein.

    Ich betone nochmals, daß ich in der Wohnung von Frau K, keine sexuellen Handlungen vorgenommen habe.

    Bitte veranlassen Sie, daß mir dieser Herr, der dieses von mir behauptet hat, persönlich gegenübergestellt wird. Bei dieser Gegenüberstellung bitte ich Sie, einen Rechtsbeistand mitbringen zu dürfen.

    Des weiteren kann ich Ihnen schriftlich vorlegen, daß ich kein AIDS habe.

    Mit freundlichen Grüßen

    S L"

  4. Mit Schreiben vom 5. November 2002, hinterlegt am 12. November 2002, hat der Oö. Verwaltungssenat die Bwin auf die verspätet eingebrachte Berufung hingewiesen und ihr Parteiengehör zur Frage eines allfälligen Zustellmangels und zwecks Überprüfung des Zustellvorgangs eingeräumt. Für ihre Äußerung zur verspäteten Einbringung wurde eine Frist von 2 Wochen ab Zustellung bestimmt.
  5. Am 27. November 2002 langte beim Oö. Verwaltungssenat das Schreiben der Bwin vom 24. November 2002 ein, mit dem sie eine Stellungnahme erstattete. Sie hätte den Rechnungsabschnitt vom Postamt P, wo das Datum vermerkt wurde, leider nicht aufgehoben. Sie wäre der Meinung gewesen, dass ihre Berufung rechtzeitig eintraf. Sie bitte herzlich, ihre Berufung anzuerkennen, denn die Beschuldigungen seien ja kein Kinderspiel.

    In der Sache selbst betonte die Bwin nochmals, dass sie in der Wohnung von Frau K, keine sexuellen Handlungen - und zwar weder Geschlechtsverkehr, noch Befriedigung mit der Hand - vorgenommen hätte. Bei der Protokollierung wäre von der Polizei Druck ausgeübt worden, der einen Menschen verstört mache. Man werde als Mensch zweiter Klasse behandelt, der nichts wert ist. Der Angstfaktor spiele auch eine große Rolle.

    Die Bwin wäre ihr Leben lang ein rechtschaffener Mensch gewesen und hätte einen anerkannten Abschluss als Ingenieur, dh. sie habe versucht, einen ordentlichen Weg zu gehen. Abschließend ersucht sie abermals, ihre Berufung anzuerkennen.

  6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG ist eine verspätete Berufung zurückzuweisen. Verspätet ist eine Berufung, wenn sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde. Für Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren beträgt die Rechtsmittelfrist gemäß § 24 VStG iVm § 63 Abs 5 AVG zwei Wochen. Sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses zu laufen.

Nach § 32 Abs 2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

Gemäß § 33 Abs 1 AVG wird der Beginn und Lauf einer Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert. Nach § 33 Abs 2 AVG ist der nächste Werktag letzter Tag der Frist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag fällt. Gemäß § 33 Abs 3 AVG werden die Tage des Postlaufs in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf der Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat jemand der Zustellmängel behauptet, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl u.a. VwGH 29.01.1992, 92/02/0021, 0022; VwGH 29.11.1995, 95/03/0200; VwGH 7.11.1997, 96/19/0888).

4.2. Das Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Bwin nach dem aktenkundigen Zustellnachweis beim Postamt 4023 durch Hinterlegung zugestellt. Die Abholfrist begann am Freitag, dem 27. September 2002. Mit diesem Tag galt das Straferkenntnis als rechtswirksam zugestellt und es begann die gesetzliche und unabänderliche Berufungsfrist von zwei Wochen zu laufen. Letzter Tag für die Einbringung (Postaufgabe) des Rechtsmittels der Berufung war Freitag, der 11. Oktober 2002. Der Bwin hat am 16. Oktober 2002 ihre Berufung beim Postamt 4061 P verspätet aufgegeben und sie langte in der Folge am 17. Oktober 2002 bei der belangten Behörde ein. Damit wurde die Berufung eindeutig erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht. Zustellmängel sind weder aus der Aktenlage ersichtlich, noch wurden solche von der Bwin geltend gemacht.

4.3. Im Ergebnis war die Berufung daher als verspätet zurückzuweisen und auf das Vorbringen der Bwin in der Sache nicht weiter einzugehen, zumal das angefochtene Straferkenntnis wegen des Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen und damit inhaltlich keiner weiteren Erörterung zugänglich ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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