Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240457/3/WEI/Eg/An

Linz, 08.10.2004

 

 

 VwSen-240457/3/WEI/Eg/An Linz, am 8. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des W S, B, F, vertreten durch H H R., F, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 16. Juli 2003, Zl. SanRB 96-13-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Sanitätergesetz (BGBl I Nr. 30/2002) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 


Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

 

"Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der R. mit dem Sitz in S bei S, H, welche im Standort S, S, eine Konzession für das Mietwagen-Gewerbe mit 5 Personenkraftwagen, beschränkt auf Rettungstransporte und Krankenbeförderungen, besitzt. Als solcher haben Sie es zu verantworten, dass in der Auflage der Zeitschrift "Info Sieben" vom 21.05.2003, welcher in einer Auflage von 66.600 Stück im Bezirk S und im Raum P per Postversand an einen Haushalt erschienen ist, ein Inserat mit dem Text "Rettung S, Notfallrettung - Krankentransporte, 00800 19218 000, S, Rettungsruf Österreichweit - gebührenfrei" veröffentlicht worden ist. Sie haben durch das Anbieten der Notfallrettung an einen größeren Kreis von Personen versucht, im Standort S, S, die Tätigkeit des Sanitäters (Rettungssanitäter bzw. Notfallsanitäter) auszuüben, ohne hiezu berechtigt zu sein, weil die Rettung S keine Einrichtung im Sinne des § 23 Abs. 1 des Sanitätergesetzes ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 1 Abs. 2, § 23 Abs. 1 und § 53 Abs. 1 Z. 1 und § 53 Abs. 1 Schlusssatz des Sanitätergesetzes, BGBl. I Nr. 30/2002.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfrei-heitsstrafe von

Gemäß

350 Euro

34 Stunden

§ 53 Abs. 1 des Sanitätergesetzes, BGBl. I Nr. 30/2002

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

35 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher 385 Euro."

 

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 19. Juli 2004 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende am 30. Juli 2004 - und somit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses angestrebt wird.

 

2. Die Berufung legt zur Bescheinigung ihrer umfangreichen Sachverhaltsdarstellung zahlreiche Urkunden (Beilagen ./B bis ./K) vor. Sie rügt im Übrigen inhaltliche Rechtswidrigkeit des erlassenen Straferkenntnisses.

 

2.1. Begründend führt die Berufung zum maßgeblichen Sachverhalt aus, dass der Bw in F (D) seit 1986 den "Privaten Rettungsdienst S" als ein Gewerbe mit Mietwagen und Notfallrettungen betreibe, wobei die Rettungswagen des Privaten Rettungsdienstes S in B durch das bayerische Rettungsdienstgesetz in das öffentliche System integriert seien.

 

Nunmehr habe er in Österreich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet, deren Unternehmenszweck der Rettungstransport und die Krankenbeförderung im In- und Ausland, insbesondere im Grenzbereich Ö - Deutschland, sei. Diese Gesellschaft sei unter der Firma R. unter der FN 210927d des Firmenbuchs beim LG R eingetragen.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21. Juni 2002, VerkGe01-30-2002, sei der Rettung S die Bewilligung erteilt worden, eine Konzession für das Mietwagen-Gewerbe mit fünf Personenkraftwagen, beschränkt auf Rettungstransporte und Krankenbeförderungen, auszuüben.

 

Mit Bescheid vom 25. Juli 2002, VerkR-340.376/6-2002-Vie/Hu, habe der Landeshauptmann von Oberösterreich die Bewilligung der Montage und Verwendung von Scheinwerfern und Warnleuchten mit blauem Licht sowie vom Folgetonhorn auf den Rettungstransportfahrzeugen der Rettung S erteilt.

 

Der österreichische Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen habe nach Durchführung eines Verfahrens den Mitarbeitern der Rettung S (W S, D S und H M), welche in Deutschland wohnhaft und nach den deutschen Vorschriften ausgebildete Rettungsassistenten seien, die Berechtigung zur Ausübung der Tätigkeit gemäß § 18 Sanitätergesetz als Notfallsanitäter in Österreich bestätigt. Darüber hinaus seien auch österreichische Mitarbeiter angestellt worden, die über eine Befugnis eines Rettungs- bzw. Notfallsanitäters verfügen.

 

Am 1. Juli 2002 sei Dr. A V zur Aufsicht des "Privaten Rettungsdienstes S" in Österreich berufen worden. Dies sei der belangten Behörde im März 2003 mitgeteilt worden. Zum Zeitpunkt des Inserats sei er zur Aufsicht berufen gewesen. Dr. V sei der die Aufsicht über die deutsche Schwestergesellschaft der Rettung S "Privater Rettungsdienst S" habende Notarzt. Er sei in Deutschland zu dieser Tätigkeit zugelassen, beaufsichtige seit Jahren die deutsche Schwestergesellschaft und verfüge über die gesetzlich vorgeschriebenen Qualifikationen nach § 23 Abs. 1 Z 7 Sanitätergesetz. Aus diesem Grund sei die Rettung S zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Inserates eine Einrichtung im Sinne des § 23 Abs. 1 Z. 7 Sanitätergesetz gewesen.

 

Ausschließlich zu Informationszwecken habe die Rettung S in der Auflage der Zeitschrift "Info Sieben" vom 21. Mai 2003 ein Inserat veröffentlicht, mit welchem die im Umkreis wohnhafte Bevölkerung über die Existenz der Rettung S informiert werden sollte. Aufgrund dieser Einschaltung habe die belangte Behörde mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 16. Juli 2003, Zl. SanRB96-13-2003, eine Geldstrafe in Höhe von 350 Euro zuzüglich 10 % Verfahrenskosten über den Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Rettung S und somit als zur Vertretung der juristischen Person nach Außen Berufenen verhängt.

 

Der Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass die Rettung S nun mehr den österreichischen Primarius Dr. G N als aufsichthabenden Arzt verpflichtete, um weitere Diskussionen zu vermeiden.

 

2.2. Die Berufung bescheinigt dieses Vorbringen durch Vorlage von Urkunden. Zunächst werden die oben zitierten Bescheide angeschlossen (Beilagen ./B und ./C). Weiters werden Bestätigungen je vom 7. Jänner 2003 des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen (Beilagen ./D bis ./F) über die Zulassung zur Berufsausübung als Notfallsanitäter hinsichtlich der deutschen "Rettungsassistenten" Winfried H S, D S und H M vorgelegt. Beilage ./G ist eine Ablichtung der Approbationsurkunde vom 12. Januar 1994 betreffend die Approbation des Dr. A V als Arzt. Aus der Bescheinigung der Bayerische Landesärztekammer vom 23. April 1995 (Beilage ./H) geht hervor, dass Dr. med. A V die Voraussetzungen des Fachkundenachweises Rettungsdienst erfüllt. Schließlich werden noch Urkunden betreffend Vereinbarungen über die ärztliche Aufsicht bei der R mit Herrn Dr. A V und mit Herrn Dr. G N vorgelegt, wobei von der Urkunde betreffend Dr. N nur das erste Blatt vorliegt.

 

2.3. Unter dem Aspekt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit führt die Berufung aus, nach Prüfung der relevanten Gesetzesbestimmungen ergebe sich,

 

  1. dass die angelastete Einschaltung des Inserates mit dem Text "Rettung S, Notfallrettung - Krankentransporte, 00800 19218 000, St. M S, Rettungsruf Österreichweit - gebührenfrei" in der Zeitschrift "Info Sieben" vom 21. Mai 2003 nur die Einschaltung einer Mitteilung über die Existenz eines weiteren (privaten) Rettungsunternehmens sei: Dabei liege weder eine Tätigkeit eines Sanitäters, noch ein Versuch der Ausübung von Tätigkeiten eines Sanitäters vor.
  2. dass die Rettung S entgegen der Meinung der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Einschaltung des Inserates eine Einrichtung im Sinne des § 23 Abs. 1 Z. 7 Sanitätergesetz gewesen sei.

 

Aus diesen Gründen folge, dass das Straferkenntnis inhaltlich rechtswidrig sei.

 

2.4. Zur Frage des Versuchs der Ausübung der Tätigkeit eines Sanitäters führt die Berufung weiter aus:

 

Die Meinung der belangten Behörde, die Einschaltung eines Inserates, mit welchem über die Existenz eines weiteren Rettungsunternehmens informiert wird, sei als Versuch der Ausübung von Tätigkeiten eines Sanitäters zu qualifizieren, sei verfehlt. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 9 VStG (richtig wohl § 8 VStG) komme als Versuch nur eine zur wirklichen Ausübung der Tat führende Handlung in Betracht. Das Inserieren einer Information über den Bestand eines privaten Rettungsunternehmens unter Bekanntgabe einer Telefonnummer könne mangels zeitlicher Nähe keinesfalls als eine zur wirklichen Ausübung der Tat führende Handlung qualifiziert werden. Allenfalls könne eine bloße Vorbereitungshandlung vorliegen. Folglich könne keine Verwirklichung des Tatbildes des § 53 Abs 1 Sanitätergesetz vorliegen.

 

Aber selbst wenn eine Versuchshandlung vorgelegen hätte, wäre die Rettung S hiezu berechtigt gewesen, weil sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Inserates eine Einrichtung im Sinne des § 23 Sanitätergesetz gewesen sei.

 

2.5. Zur Berufsausübung eines Sanitäters und Einstufung als Einrichtung nach § 23 Abs 1 Z 7 Sanitätergesetz meint die Berufung, dass der aufsichthabende Arzt nicht in Österreich zur Ausübung seines Berufes berechtigt sein müsse, weil das Gesetz lediglich von der Aufsicht durch "einen Notarzt oder einen sonstigen fachlich geeigneten Arzt mit mindestens jeweils fünfjähriger einschlägiger Berufserfahrung" spricht. Dieser Wortlaut und die gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation zeigten, dass die Befugnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes in Österreich keine weitere Voraussetzung sei. Dr. A V sei in Deutschland zugelassen und verfüge über die gesetzlich vorgeschriebenen Qualifikationen. Durch die enge Verbindung zur deutschen Schwestergesellschaft wäre seine Nennung im Sinne der Wahrung der Einheitlichkeit der grenzüberschreitenden Notfallsrettung naheliegend und zweckdienlich und vorerst auch die einzige Möglichkeit gewesen, weil die Rettung S anfangs im Umkreis ihres Standorts keinen österreichischen Notarzt verpflichten hätte können.

2.6. In der Beschränkung der Dienstleistungen eines Arztes mit ausländischem Berufssitz sieht die Berufung eine sachlich nicht gerechtfertigte Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit, was die Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarktes (Art 49 ff EGV) vereiteln würde. Außerdem würde die belangte Behörde auch die Niederlassungsfreiheit einschränken. Diese berechtigte zur dauernden selbständigen Tätigkeit zu den gleichen Bedingungen wie Inländer (Art 43 ff EGV). Durch Nichtanerkennung eines deutschen Notfallsarztes Dr. A V werde faktisch die Verwirklichung des Unternehmensgegenstandes unmöglich gemacht. Einem deutschen Unternehmer falle es naturgemäß schwer, einen österreichischen Arzt zu gewinnen. Dies insbesondere im Hinblick auf die sehr starke und einflussreiche Position des Mitbewerbers Österreichisches Rote Kreuz.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Akten festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt weitgehend unbestritten feststeht. Das Vorbringen in der Berufung wurde ausreichend durch Vorlage von Urkunden bescheinigt.

 

Im Straferkenntnis ging die belangte Behörde zum wesentlichen Sachverhalt von der Gewerbeberechtigung der Rettung S seit 12. Juli 2002 im Standort St. M bei S für das Mietwagen-Gewerbe mit 5 Personenkraftwagen, beschränkt auf Rettungstransporte und Krankenbeförderungen, aus. Auf den Umstand, dass diese Gewerbeberechtigung nicht zur Ausübung von Tätigkeiten eines Sanitäters berechtige, habe die belangte Behörde ausdrücklich hingewiesen.

 

Die Rettung S habe mit Eingabe vom 13. März 2003 mitgeteilt, dass die Aufsicht durch Dr. A V gewährleistet sei. Daraufhin habe ihr die belangte Behörde erklärt, dass Dr. A V nicht in Österreich zur Ausübung des ärztlichen Berufes befugt sei und deshalb keine Einrichtung im Sinne des § 23 Abs 1 Z 7 Sanitätergesetz vorliege. Dessen ungeachtet habe man in der Ausgabe der Zeitschrift "Info Sieben" vom 21. Mai 2003, welche in einer Auflage von 66.600 Stück im Bezirk S und im Raum P per Postversand an einen Haushalt erschienen sei, ein Inserat mit dem Text "Rettung S, Notfallrettung - Krankentransporte, 00800 19218 000, St. M, Rettungsruf Österreichweit - gebührenfrei" veröffentlicht.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. Mai 2003 legte die belangte Behörde dem Bw als handelsrechtlichem Geschäftsführer und damit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufenem der R die Verwaltungsübertretung wie im angeführten Straferkenntnis zur Last.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs 1 Sanitätergesetz (SanG), BGBl I Nr. 30/2002, umfasst der Tätigkeitsbereich des Rettungssanitäters:

  1. die selbständige und eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung kranker, verletzter und sonstiger hilfsbedürftiger Personen, die medizinisch indizierter Betreuung bedürfen, vor und während des Transports, einschließlich der fachgerechten Aufrechterhaltung und Beendigung liegender Infusionen nach ärztlicher Anordnung,
  2. die Übernahme sowie die Übergabe des Patienten oder der betreuten Person im Zusammenhang mit einem Transport,
  3. Hilfestellung bei auftretenden Akutsituationen einschließlich der Verabreichung von Sauerstoff,
  4. eine qualifizierte Durchführung von lebensrettenden Sofortmaßnahmen sowie
  5. die sanitätsdienstliche Durchführung von Sondertransporten.

Nach § 10 Abs 1 SanG umfasst der Tätigkeitsbereich des Notfallsanitäters

  1. die Tätigkeiten gemäß § 9,
  2. die Unterstützung des Arztes bei allen notfall- und katastrophenmedizinischen Maßnahmen einschließlich der Betreuung und des sanitätsdienstlichen Transports von Notfallpatienten,
  3. die Verabreichung von für die Tätigkeit als Notfallsanitäter erforderlichen Arzneimittel, soweit diese zuvor durch den für die ärztliche Versorgung zuständigen Vertreter der jeweiligen Einrichtung gemäß § 23 Abs 1 schriftlich zur Anwendung freigegeben wurden (Arzneimittelliste 1),
  4. die eigenverantwortliche Betreuung der berufsspezifischen Geräte, Materialien und Arzneimittel und
  5. die Mitarbeit in der Forschung.

Gemäß § 16 Abs 1 SanG, sind zur Ausübung von Tätigkeiten des Sanitäters Personen berechtigt, die

  1. eigenberechtigt sind,
  2. die für die Erfüllung der Pflichten des Sanitäters erforderliche körperliche und geistige Eignung und Vertrauenswürdigkeit besitzen,
  3. über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfügen,
  4. einen Qualifikationsnachweis (§§ 17 bis 21) erbringen,
  5. Fortbildungen gemäß § 50 absolvieren und
  6. Rezertifizierungen gemäß § 51 erfolgreich absolvieren.

Nach § 23 Abs 1 SanG dürfen der Beruf bzw. die Tätigkeiten des Sanitäters in folgenden Einrichtungen ausgeübt werden:

 

  1. Arbeiter-Samariter-Bund,
  2. Johanniter-Unfall-Hilfe in Österreich,
  3. Malteser Hospitaldienst Austria,
  4. Österreichisches Rotes Kreuz,
  5. Sanitätsdienst des Bundesheers,
  6. Einrichtungen einer Gebietskörperschaft oder
  7. sonstigen Einrichtungen, sofern die Aufsicht durch einen Notarzt oder einen sonstigen fachlich geeigneten Arzt mit mindestens jeweils fünfjähriger einschlägiger Berufserfahrung gewährleistet ist.

 

Gemäß § 23 Abs 2 SanG darf die Berufsausübung nur im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgen.

 

Gemäß § 53 Abs 1 SanG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen,

 

wer

 

  1. eine unter dieses Bundesgesetz fallende Tätigkeit ausübt, ohne hiezu berechtigt zu sein, oder jemanden, der hiezu nicht berechtigt ist, zu einer derartigen Tätigkeit heranzieht oder
  2. eine Tätigkeit unter der in diesem Bundesgesetz festgelegten Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnung ausübt, ohne hiezu berechtigt zu sein oder
  3. einer oder mehreren in § 5 Abs 1 und 3, § 6, § 22 Abs 3, § 23 und § 25 Abs 2 enthaltenen Anordnungen oder Verboten zuwiderhandelt,

 

Im § 53 Abs 1 letzter Satz SanG wird der Versuch für strafbar erklärt.

 

4.2. In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, der Bw sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Rettung S gemäß 9 Abs 1 VStG dafür verantwortlich, dass in der Zeitschrift "Info Sieben" vom 21. Mai 2003 ein Inserat mit dem Text "Rettung S, Notfallrettung - Krankentransporte, 00800 19218 000, St. M, Rettungsruf Österreichweit - gebührenfrei" erschienen war. Durch das Anbieten der Notfallrettung an einen größeren Kreis von Personen, habe der Bw versucht, im Standort St. M, S, die Tätigkeit des Sanitäters (Rettungssanitäters bzw. Notfallsanitäters) auszuüben, ohne hiezu berechtigt zu sein, weil die Rettung S keine Einrichtung im Sinne des § 23 Abs 1 SanG sei.

 

Es trifft auch nach Ansicht des erkennenden Mitglieds zu, dass die Rettung S im fraglichen Zeitpunkt keine Einrichtung iSd § 23 Abs 1 SanG war, zumal Dr. A V mangels Eintragung in die Ärzteliste in Österreich nach § 27 Ärztegesetz nicht zur Berufsausübung berechtigt war. Dieses Erfordernis ist entgegen der Berufung auch nicht gemeinschaftswidrig, müssen doch auch österreichische Ärzte in diese Liste eingetragen sein, um zur Berufsausübung berechtigt zu sein. Vom Regelungszweck des § 23 Abs 1 Z 7 SanG her kann es auch kaum zweifelhaft sein, dass der aufsichthabende Notarzt zur Ausübung seines Berufes in Österreich berechtigt sein muss. Wie sollte er sonst effizient und legal die Aufsicht zum Schutze von Patienten ausüben können. Im Ergebnis hat dies offenbar auch die Rettung S nachträglich eingesehen und den österreichischen Primar Dr. G N als aufsichtshabenden Notarzt bestellt.

 

4.3. Die belangte Behörde hat allerdings übersehen, dass die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit des Versuchs im § 8 VStG geregelt sind.

 

Nach § 8 Abs 1 VStG ist wegen Versuchs einer Verwaltungsübertretung strafbar,

 

wer vorsätzlich eine zur wirklichen Ausführung führende Handlung unternimmt.

 

Voraussetzung für die Strafbarkeit des Versuchs ist demnach der Vorsatz des Täters, die Tat zu vollenden. Dabei genügt grundsätzlich bedingter Vorsatz. Bei Fahrlässigkeitsdelikten ist Versuch schon begrifflich nicht möglich (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm 2 und 3 zu § 8 VStG).

 

Die belangte Behörde hat demgegenüber auf § 5 Abs 1 VStG zur Beurteilung der Verschuldensfrage Bezug genommen und unrichtigerweise behauptet, dass zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge. Dabei ging sie von einem Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 Satz 2 VStG aus, bei dem die Vermutung eines Verschuldens in Form der Fahrlässigkeit besteht. Entgegenstehende Gründe habe der Bw nicht vorgebracht und die Unkenntnis der einschlägigen Vorschriften könnte ihn im Hinblick auf seine Informationspflicht nicht vor Strafe schützen. Schon mit diesen Ausführungen hat die belangte Strafbehörde die nach § 8 VStG maßgebende Rechtslage verkannt.

 

Eine zur wirklichen Ausführung führende Handlung liegt nur vor, wenn das Verhalten zur Ausführung der Tat hinleitet und damit bereits eine Ausführungshandlung, die den Anfang des Delikts bildet, vorliegt (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm 3 und E 1 zu § 8 VStG).

 

Wenn die belangte Behörde dem Bw vorwirft, er habe durch das Anbieten der Notfallrettung an einen größeren Kreis von Personen versucht die Tätigkeit eines Sanitäters auszuüben, so verkennt sie auch, dass der Täter gemäß § 8 Abs. 1 VStG eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternommen haben muss.

 

Der Tätigkeitsbereich des Rettungssanitäters (vgl näher § 9 SanG) umfasst die Versorgung, Betreuung, Übernahme und Hilfestellung für Patienten von Personen sowie die Durchführung von Sofortmaßnahmen und Sondertransporten, jener des Notfallsanitäters darüber hinaus noch gewisse notfallmedizinische Maßnahmen (vgl § 10 SanG). Das Bewerben und die Bekanntgabe eines privaten Rettungsdienstes in einem Inserat will von der Existenz des Unternehmens informieren, um damit Kunden zu werben und in weiterer Folge bei tatsächlicher Inanspruchnahme die Tätigkeit als Rettungssanitäter auszuüben. Eine zur wirklichen Ausübung der Tätigkeit als Sanitäter führende Handlung wurde damit noch nicht unternommen. Es liegt vielmehr nur eine straflose Vorbereitungshandlung vor. Der von der belangten Strafbehörde erhobene Tatvorwurf ist daher auch aus diesem Grund verfehlt.

 

5. Im Ergebnis war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Dr. W e i ß

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