Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240498/2/WEI/Eg/An

Linz, 04.04.2005

 

 

 VwSen-240498/2/WEI/Eg/An Linz, am 4. April 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des W V, p.A. E, R, L, vertreten durch RA Dr. P R, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Februar 2004, Zl. 101-6/1-69-330149055, wegen drei Verwaltungsübertretungen nach § 74 Abs 5 Z 1 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1974, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 69/2003, iVm § 9 Abs 1 der Speiseeisverordnung, BGBl.Nr. 6/1973, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 897/1993, zu Recht erkannt:

 

  1. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.
  2. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Strafbehörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt:

"I. Tatbeschreibung:

Die Firma 'E hat als Erzeuger zumindest am 08.07.2002 in L, L, die Produkte "Vanilleeis, Malagaeis und Kaffeeeis" in Verkehr gebracht, obwohl bei diesen der in § 9 der Speiseeisverordnung festgesetzte Grenzwert an Enterokokken überschritten war. Mit Sachverständigengutachten der A, wurde

  1. mit Zahl 3822/2002 vom 16.07.2002 ein Wert von 3700 Enterokokken in 1 g Vanilleeis,
  2. mit Zahl: 3823/2003 vom 16.07.2002 ein Wert von 2700 Enterokokken in 1 g Malaga-Eis und
  3. mit Zahl: 3824/2002 vom 16.07.2002 ein Wert von 3500 Enterokokken in 1 g Kaffee-Eis festgestellt.

Es liegen daher Übertretungen der zitierten Verordnung vor.

Sie haben die Übertretung als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten.

II. Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

ad 1-3)

§ 74/5/1 Lebensmittelgesetz - LMG 1975

§ 9 (1) Speiseeisverordnung

III. Strafausspruch:

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatz-freiheitsstrafe von

Gemäß

ad 1) € 70,00

ad 2) € 70,00

ad 3) € 70,00

€ 210,00

ad 1) 6 Stunden

ad 2) 6 Stunden

ad 3) 6 Stunden

18 Stunden

ad 1) § 74/5 LMG 1975

ad 2) leg.cit.

ad 3) leg.cit.

 

IV. Kostenentscheidung:

  1. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens haben Sie 10 % der verhängten Strafe zu leisten: € 21,00
  2. Als Ersatz der Barauslagen für A, Zahl 3822/2002, 3823/2002 und 3824/2002 haben Sie je € 136,11 zu leisten, das sind insgesamt:                                  € 408,33

Insgesamt (a + b): € 429,33"

 

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 27. Februar 2004 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

In seiner Berufung führt der Bw im Wesentlichen an, dass Herr I B geb., wh. W, H, verantwortlicher Beauftragter für die Eisherstellung sei. Auch sei bereits eine Zustimmungserklärung vorgelegt worden, woraus sich seine Verantwortlichkeit ergäbe. Diese Zustimmungserklärung enthalte keine Befristung und sei auf unbestimmte Zeit abgegeben worden. Richtig sei jedoch, dass das Dienstverhältnis des I B im Zeitraum Oktober 2001 bis Mai 2002 unterbrochen war. Herr B sei nicht aus dem Unternehmen der Firma E ausgeschieden, sondern sei, da von Oktober bis Mai von der Firma kein Eis erzeugt werde und somit die Geschäftstätigkeit ruhe, mit einer Wiedereinstellungszusage dienstfrei gestellt worden. Arbeitsrechtlich sei es nicht als beendetes, sondern als wieder aufgenommenes Dienstverhältnis anzusehen. Mit Herrn B sei vereinbart gewesen, dass er während seiner Tätigkeit für die Firma E, welche in den Monaten Mai bis September/Oktober möglich sei, als verantwortlicher Beauftragter für die Eisherstellung beauftragt sei. Er habe dieser Bestellung auch zugestimmt. Bereits bei der Probenahme sei der Behörde Herr B als verantwortlicher Beauftragter für die Eisherstellung im Geschäft E, L, L, bekannt gegeben worden. Als Beweis dafür wird die Zeugeneinvernahme des Herrn B beantragt.

Gemäß § 9 Abs 2 VStG seien zur Vertretung nach außen Berufene berechtigt für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten zu bestellen. Diese Bestellung erfolge im Innenverhältnis in der Regel durch zivilrechtliche Vereinbarung. Für die Bestellung würden keine spezifischen Formvorschriften bestehen. Sie müsse nach Rechtsprechung aber so eindeutig erfolgen, dass kein Zweifel daran bestehe, dass eine Betreuung mit der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit erfolge. Das Vorliegen einer von dem zur Vertretung nach außen Berufenen unterfertigten Urkunde werde als Nachweis der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten nicht verlangt. Damit ergebe sich, dass selbst dann, wenn man der Ansicht der Behörde, dass der urkundliche Nachweis vom 22.5.2001 - diese wäre allerdings ausdrücklich entgegen der Vereinbarung zwischen dem Beschuldigten und Herrn B nur für die Saison 2001 gelten sollte, dass alleine auf Grund des Umstandes, dass für die Saison 2002 keine neue Urkunde angefertigt worden sei, nicht der Schluss gezogen werden könne, dass in dieser Saison für die Eisherstellung in der Filiale Landstraße 31 kein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei. Es sei vielmehr bereits bei der Entnahme der Speiseeisproben dargelegt worden, dass Herr B verantwortlicher Beauftragter für die Eisherstellung sei und wäre es für die Behörde ein Leichtes gewesen, I B im Hinblick auf seine Zustimmung zu befragen.

Abschließend wird der Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gestellt.

 

 

1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche Sachverhalt:

 

2.1. Am 8. Juli 2002 wurden vom Lebensmittelaufsichtsorgen B H im Eissalon E, L, L, je eine Probe (je 250 ml) Vanille-, Malaga- und Kaffeeeis gezogen. Aus dem Untersuchungszeugnis der Ö (A), L, geht hervor, dass anhand einer mikrobiologischen Untersuchung festgestellt wurde, dass jeweils eine Belastung von Enterokokken in 1 g Speiseeis besteht. Bei Vanilleeis wurde eine Belastung von 3700, bei Malagaeis eine Belastung von 2700 und bei Kaffeeeis eine Belastung von 3500 festgestellt, wobei die gesetzliche Höchstgrenze bei 1000 liegt. Aufgrund dieser Feststellungen wurde mit Schreiben vom 7. August 2002 vom Gesundheitsamt des Magistrates Linz Anzeige gegen den Verantwortlichen der E. wegen Verdachtes der Übertretung des Lebensmittelgesetzes in Zusammenhang mit der Speiseeisverordnung erstattet.

 

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde als Verantwortlicher von der belangten Behörde Herr W V geb., als handelsrechtlicher Geschäftsführer erhoben.

Mit Strafverfügung vom 13. November 2002 wurden dem Genannten obbezeichnete Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt. In seinem Einspruch brachte der Bw vor, dass er die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht begangen habe und der Verantwortliche für die Eisherstellung seit 3 Saisonen Herr I B, geb., W, H, sei. Da sich der Bw laut Angaben der Erstbehörde auf eine Zustimmungserklärung des Genannten aus dem Vorjahr berief, von der Lebensmittelaufsicht jedoch bekannt gegeben wurde, dass dieser aus dem Betrieb ausgeschieden war und erst im Frühjahr 2002 wieder eingestellt worden sei, wurde ein Versicherungsdatenauszug des Herrn B angefordert. Bei Herrn B schien im Jahr 2002 eine Versicherungszeit von 2. Mai 2002 bis 8. Oktober 2002 auf. Der behördlichen Aufforderung zur Vorlage einer Zustimmungserklärung für das Jahr 2002 kam der Bw nicht nach, weshalb in der Folge obbezeichnetes Straferkenntnis erlassen wurde.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Durchsicht des vorgelegten Verwaltungsstrafakts festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 5 Z 1 Lebensmittelgesetz 1975 (LMG), BGBl.Nr. 86/1975 idF BGBl. I Nr. 69/2003, i.V.m. § 9 Abs 1 lit. c der Speiseeisverordnung (SpeiseeisV), BGBl.Nr. 6/1973 idF BGBl.Nr. 897/1993, begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, der Speiseeis nicht so herstellt und behandelt, dass je Gramm nicht mehr als 1000 Enterokokken enthalten sind.

4.2. Das dem Bw von der Behörde erster Instanz zur Last gelegte, mit Strafe bedrohte Verhalten wurde mit dem In Verkehr bringen von Speiseeis mit einem den Grenzwert überschreitenden Enterokokkengehalt in drei Fällen umschrieben.

Gemäß § 74 Abs 5 Z 1 iVm § 77 Abs 1 Z 18 LMG 1975 und § 9 Speiseeisverordnung macht sich einer Verwaltungsübertretung schuldig, wer Speiseeis nicht so herstellt und nicht so behandelt, dass im Speiseeis je Gramm nicht mehr als 1000 Enterokokken enthalten sind.

Verwaltungsstrafrechtlich relevant ist hier nicht das "In Verkehr bringen" des Speiseeises, sondern die nicht verordnungskonforme Herstellung bzw. Behandlung des Speiseeises.

4.3. Die belangte Behörde hat allerdings - nicht wie es nach der Aktenlage richtig gewesen wäre - angelastet, dass das Speiseeis nicht so hergestellt und nicht so behandelt wurde, dass im Speiseeis je Gramm nicht mehr als 1000 Enterokokken enthalten sind. Vielmehr hat sie das In Verkehr bringen des Speiseeises vorgeworfen. Der Tatvorwurf der Erstbehörde orientiert sich nicht am Wortlaut des herangezogenen Straftatbestands und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Mit den Spruchausführungen hat die Behörde erster Instanz einen eigenständigen Tatvorwurf erhoben, der im Gesetz keine Deckung findet.

Die Erstbehörde hat mit dieser Formulierung keine dem Gesetz entsprechende Konkretisierung iSd § 44a Z 1 VStG auf der Grundlage des Akteninhaltes vorgenommen. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich war es gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG verwehrt, den Tatvorwurf auszutauschen. Er hatte vielmehr davon auszugehen, dass die Strafbehörde innerhalb der gegenständlich maßgeblichen Jahresfrist keine ausreichend konkretisierte Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG vorgenommen hat, weshalb auch längst Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich auf weitere Fragen einzugehen.

5. Im Ergebnis war daher aus Anlass der vorliegenden Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

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