Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240516/2/WEI/An

Linz, 26.07.2005

 

 

 VwSen-240516/2/WEI/An Linz, am 26. Juli 2005

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des F P, B, V, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25. August 2004, Zl. VetR 96-020-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fleischuntersuchungsgesetz (FlUG) zu Recht erkannt:

 
 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.
 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben am 8.7.2004, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P und somit Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG, in den Räumen des Schlachtbetriebes Frischfleisch verarbeitet, obwohl sich die dafür notwendigen Einrichtungsgegenstände und Arbeitsgeräte nicht in einwandfreiem Zustand befanden. Das Steribecken beim Tierarztpodest war defekt.

 

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 38 Abs. 2 Ziff. 2 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl.Nr. 522/1982 und § 7 Abs. 1 Ziff. 3 Frischfleischhyghiene-Verordnung, BGBl.Nr. 519/1996"

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß "§ 50 Pkt. 22 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl.Nr. 522/1982 i.d.g.F." eine Geldstrafe von 500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von 50 Euro (10 % der Strafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 30 August 2004 zu eigenen Händen zugestellt wurde, richtet sich die am 7. September 2004 bei der belangten Behörde rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3. September 2004, mit der sinngemäß die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

2.1. Im Straferkenntnis wird begründend auf die bis 25. August 2004 zu beantwortende Aufforderung zur Rechtfertigung verwiesen, mit der die Tat wie im Straferkenntnis angelastet worden ist. Nach Darstellung der einschlägigen Normen stellt die belangte Behörde fest, dass die angelastete Übertretung am 8. Juli 2004 von einem nach § 17 FlUG beauftragten Tierarzt festgestellt worden sei. Der Beschuldigte habe von der Möglichkeit der Rechtfertigung keinen Gebrauch gemacht, weshalb die Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen sei.

 

 

2.2. Die Berufung hält dem wie folgt entgegen:

 

"Berufung/Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Juli 2004

Aktenzeichen: VetR96-020-2004

 

Sehr geehrter Herr Mag. S!

 

Wir berufen gegen Ihr Schreiben vom 25. August und nehmen nochmals Bezug auf Ihr Schreiben vom 6. August dJ, wo uns zur Last gelegt wird, dass ein Steribecken beim Tierarztpodest defekt war.

 

Aufgrund unserer betrieblichen Eigenkontrolle überprüfen wir an jedem Schlachttag vor Schlachtbeginn alle Steribecken auf ihre Funktionalität, wobei bei diesem Steribecken bei der Kontrolle kein Defekt vorhanden war. Ein Defekt war erst während des Schlachtens aufgetreten. Natürlich wurde der Defekt so bald wie möglich von unseren Elektrikern repariert und am nächsten Schlachttag war es wieder voll einsatzfähig.

 

Da wir Schäden erst ab dem Feststellen des Defektes beheben können, fühlen wir uns keiner Verwaltungsübertretung schuldig. Beiliegend übersenden wir Ihnen noch die Aufzeichnung unserer betrieblichen Eigenkontrolle, die diese Vorgangsweise bestätigt.

 

Mit der Bitte um Einstellung dieses Verfahrens verbleiben wir

 

mit freundlichen Grüßen

 

F P

F P "

 

Der Oö. Verwaltungssenat geht trotz Verwendung der Wir-Form und der Zeichnung für die GmbH & Co KG davon aus, dass der vom Straferkenntnis betroffene Bw die Berufung im eigenen Namen einbringen wollte und nur irrtümlich geschäftsmäßig unterzeichnete.

 

Eine Rechtfertigung ähnlichen Inhalts vom 23. August 2004 hat der Bw am 25. August 2004 bei der belangten Behörde eingebracht, die darauf vermerkte, dass die Rechtfertigung erst nach Absendung des Straferkenntnisses einlangte.

 

Dieser Rechtfertigung angeschlossen waren Ablichtungen der Kontrollblätter Nr. 21/04 vom 8. Juli 2004 und 22/04 vom 9. Juli 2004 betreffend Eigenkontrolle-Betriebshygiene, jeweils durchgeführt von "Hr. P". Im ersten Kontrollblatt ist in der Spalte "Mangelerhebung" zu lesen: "Bei der Überprüfung der Steribecken wurde während der Schlachtung ein Defekt bei jenem beim Tierarztpodest entdeckt." In der Spalte "Mangelbehebung" steht: "Unsere Elektriker wurden sofort verständigt, um das Steribecken zu reparieren." Im Kontrollblatt vom nächsten Tag wird bemerkt: "Bei Schlachtbeginn waren alle Steribecken, einschließlich dem defekten beim Tierarztpodest, im einwandfreien und funktionstüchtigen Zustand."

 

2.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Danach war bereits auf Grund der Aktenlage erkennbar, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

 

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 50 Fleischuntersuchungsgesetz - FlUG (BGBl Nr. 522/1982 idF BGBl I Nr. 96/2002, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 143/2003) macht sich, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 4.360 Euro zu bestrafen, wer

  1. gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 1 Abs 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 erlassenen Verordnung verstößt oder

......

22. gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 38 Abs 2, 3 oder 5 erlassenen Verordnung verstößt oder

......

§ 38 Abs 2 FlUG enthält eine Verordnungsermächtigung für den Bundeskanzler, zur Sicherung einer angemessenen Hygiene für die im § 17 Abs 1 FlUG genannten Betriebe Bestimmungen über

  1. die Bekleidung, das Verhalten und den Gesundheitszustand des Personals;
  2. die Ausstattung und Beschaffenheit der Betriebsanlage, der Betriebsräume und der Betriebsmittel sowie deren Reinigung;
  3. die Vorkehrungen, die beim Schlachten und Zerlegen des Fleisches sowie bei dessen weiterer Bearbeitung, Lagerung, Verarbeitung und Transport anzuwenden sind;
  4. die zur Gewährleistung eines hygienischen Zustandes erforderlichen sonstigen Maßnahmen

zu erlassen.

In der u.A. auch auf Grund des § 38 Abs 2 und 3 FlUG erlassenen Verordnung des BMGSK, BGBl Nr. 396/1994, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 401/2003, über die Hygiene bei der Gewinnung, Bearbeitung, Lagerung und beim Transport von frischem Fleisch (im Folgenden Frischfleisch-HygieneV), werden im 6. Hauptstück Hygienebestimmungen für Betriebspersonal, Räume, Einrichtungsgegenstände und Arbeitsgeräte getroffen. § 7 Abs 1 Z 3 Frischfleisch-HygieneV bestimmt, dass Einrichtungsgegenstände und Arbeitsgeräte, die bei der Fleischverarbeitung verwendet werden, in einwandfreien Zustand zu halten sind.

 

4.2. Die belangte Behörde hat sich mit der noch rechtzeitig am 25. August 2004 eingebrachten Rechtfertigung vom 23. August 2004 nicht auseinandergesetzt. Sie hätte nicht ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass der Bw die angelastete Übertretung zu verantworten hat. Die Rechtsfolge der Kontumazierung nach § 41 Abs 3 VStG konnte schon deshalb nicht greifen, weil der Bw tatsächlich eine beachtliche Rechtfertigung einbrachte. Die belangte Behörde ist dem nunmehr in der Berufung wiederholten Vorbringen auch anlässlich der Aktenvorlage mit keinem Wort entgegen getreten. Der Oö. Verwaltungssenat erachtet die Verantwortung des Bw mangels gegenteiliger Anhaltspunkte durch die vorgelegten Kontrollblätter betreffend Eigenkontrolle als hinreichend bescheinigt. Demnach ist davon auszugehen, dass das offenbar nur elektrisch funktionierende "Steribecken" beim Tierarztpodest wegen eines elektrischen Defektes, dessen Behebung nach Entdeckung anlässlich der betriebseigenen Kontrolle vom Bw unverzüglich veranlasst worden ist, nur vorübergehend nicht funktionierte. Der Bw brachte unwiderlegt vor, dass der Defekt erst während des Schlachtens aufgetreten wäre, weil bei der Kontrolle vor Schlachtbeginn noch alle "Steribecken" funktioniert hätten. Irgendwelche gegenteiligen Beweise oder auch nur Beweisquellen sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Deshalb war im Zweifel der schlüssigen Verantwortung des Bw zu folgen.

 

In rechtlicher Hinsicht bedeutet dies, dass dem Bw keine Sorgfaltspflichtverletzung nachzuweisen ist. Denn schon in objektiver Hinsicht liegt keine Fahrlässigkeit vor, wenn man die Verantwortung des Bw der Entscheidung zugrunde zu legen hat. Die Vermutung der Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs 1 VStG beim Ungehorsamsdelikt kann nicht greifen, zumal es dem Bw gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Schon aus diesem Grund war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
 
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 

Dr. W e i ß
 
 
 

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