Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240522/2/WEI/An

Linz, 04.01.2006

 

 

 

VwSen-240522/2/WEI/An Linz, am 4. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Strafberufung des A W, G, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Urfahr-Umgebung vom 22. November 2004, Zl. SanRB96-74-6-2004-Ni, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 74 Abs 4 Z 1 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 69/2003) iVm § 3 Lebensmittelhygieneverordnung (BGBl II Nr. 31/1998) zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Strafausspruch bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 140 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde über den Berufungswerber (Bw) wie folgt abgesprochen:

 

"Sie haben es als Gewerbeinhaber zu verantworten, dass anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 13.5.2004 um 11.22 Uhr sowie am 26.7.2004 um 10.21 Uhr in Ihrer weiteren Betriebsstätte in H, W, sowie der Gutachten der Ö A f G u E GmbH, L L, Folgendes festgestellt wurde:

 

Im Betrieb befanden sich verdorbene Lebensmittel, die einen unreinen und stinkenden Geruch hatten.

 

Bei der Probennahme am 13.5.2004 wurde 1 Stück Selchfleisch (296 g) und 1 Stück gebratenes Fleisch (216 g), am 26.7.2004 4 Stück Käsegriller als verdorben beurteilt

 

Sie haben daher als Inhaber eines Lebensmittelunternehmens kritische Punkte im Prozessablauf eines Betriebes nicht festgestellt und angemessene Sicherheitsmaßnahmen nicht festgelegt, durchgeführt und diese überprüft.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 74 Abs.4 Z.1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975), BGBl.Nr. 86/1975 i.d.g.F., in Verbindung mit § 3 der Lebensmittelhygieneverordnung, BGBl.Nr. 31/1998 i.d.g.F., vor."

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde "Gemäß § 74 Abs.4 Lebensmittelgesetz, Schlusssatz" eine Geldstrafe in Höhe von 700 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 32 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 70 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 24. November 2004 zu eigenen Händen zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitig am 6. Dezember 2004 per Telefax eingebrachte Berufung vom 2. Dezember 2004, mit der die Höhe der Strafe bekämpft wird. Die handschriftliche Berufung lautet:

 

"Da ich mich meiner Pflicht, der Kontrolle von Lebensmitteln, immer unterzogen habe und diese Kontrollen immer angeordnet habe, möchte ich gegen die Höhe der Strafe Berufung einlegen.

 

mit freundlichen Grüssen

W A"

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Aus der Anzeige der Landessanitätsdirektion, Sanitätsdienst - Lebensmittelaufsicht, vom 27. August 2004, Zl. SanLa-41612/3102-0010-2004/MAYW, ergibt sich dass anlässlich von Kontrollen im Betrieb des Bw in W, H, am 13. Mai und 26. Juli 2004 verdorbene Lebensmittel vorgefunden wurden, die einen unreinen und stinkenden Geruch hatten. Bei beiden Kontrollen wurden Proben entnommen und zur Ö A f G u E GmbH, I f L L, gebracht. Von der Probennahme am 13. Mai 2004 wurden ein Stück "Fleisch gebraten" von 216 g und ein Stück "Selchfleisch" von 296 g jeweils als verdorben (§ 8 lit b) LMG 1975) beurteilt. In den Gutachten zum "Fleisch gebraten" (Untersuchungszeugnis der A vom 28.06.2004 zu UZ: 002690/2004) und zum "Selchfleisch" (Untersuchungszeugnis der A vom 21.05.2004 zu UZ: 002691/2004) wird angemerkt, dass der warenkundig und fachlich geschulte Gastwirt bei der erforderlichen Aufmerksamkeit den heftig gärigen Geruch beim gebratenen Fleisch und den stark stinkenden Geruch und den weißen Belag beim Selchfleisch hätte leicht feststellen können.

 

Laut Anzeige wurde der Bw vom Lebensmittelaufsichtsorgan am 14. Juli 2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachzukommen und verdorbene Lebensmittel ausnahmslos zu entsorgen habe. Dennoch musste die am 26. Juli 2004 im Betrieb des Bw gezogenen Probe "Käsegriller" (Untersuchungszeugnis der A vom 11.8.2004 zu UZ: 004371/2004) abermals als verdorben beurteilt werden, weil sie einen unreinen und stinkenden Geruch und einen sehr hohen Keimgehalt aufwies.

 

In der Anzeige wird betont, dass die Genusstauglichkeit von Lebensmittel ein kritischer Punkt in einem Prozessablauf eines Gasthauses darstelle. Eine angemessene Sicherheitsmaßnahme sei die regelmäßige sensorische Kontrolle aller im Betrieb lagernden Lebensmittel, insbesondere von leicht verderblichen. Auf Grund des stark abwegigen Geruchs und der extrem hohen Keimzahl müsse angenommen werden, dass längere Zeit keine Kontrolle durchgeführt wurde.

 

Die gegen den Bw eingebrachten Anzeigen wegen fahrlässigen Inverkehrbringens von verdorbenen Lebensmitteln (§§ 63 Abs 1 Z 1, 64 LMG 1975) wurden von der Staatsanwaltschaft im Grunde des § 42 StGB wegen Geringfügigkeit gemäß § 90 StPO zurückgelegt.

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. Oktober 2004 wurde dem Bw die Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 wie im Straferkenntnis angelastet. Am 19. Oktober 2004 erschien der Bw bei der belangten Behörde zur Einvernahme. Er habe beim Kochen des Selchfleisches Geruchsbildung festgestellt. Zur Zwischenlagerung habe er es in den Kühlschrank gelegt, um dem Lieferanten das verdorbene Fleisch, das allerdings einen Monat im Kühlschrank lag, zu zeigen bzw zurückzugeben. Das gebratene Fleisch wäre ganz hinten gelegen und übersehen worden. Am 26. Juli 2004, dem Tag der nächsten Probeziehung, hätte er die Anweisung erteilt, die abgelaufenen Sachen aus dem Kühlschrank zu nehmen. Dabei sei die Packung "Käsegriller" übersehen worden. Alle anderen Waren wären in hervorragendem Zustand gewesen.

 

2.3. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge das Straferkenntnis vom 22. November 2004. Sie ging von fahrlässigem Verschulden aus und verwies auf § 5 Abs 1 VStG. Erschwerend wurden einschlägige Verwaltungsvormerkungen aus den Jahren 2000 und 2003 angenommen. Milderungsgründe wären nicht bekannt geworden.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 74 Abs 4 LMG 1975 begeht im Fall der Ziffer 1 eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz wie nach Abs 1 - dh mit Geldstrafe bis 7.300 Euro (vgl Art 133 des BGBl I Nr. 98/2001) - zu bestrafen,

 

wer den Bestimmungen einer auf Grund des § 10, des § 12 Abs 2 hinsichtlich der Deklaration von Zusatzstoffen, des § 16 Abs 4 hinsichtlich vorgeschriebener Bezeichnungen, der §§ 21, 27 Abs 1, 29, 30 Abs 5 oder 33 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Nach § 3 der auf Grund der §§ 10, 21 und 29 lit b LMG 1975 erlassenen Lebensmittelhygieneverordnung, BGBl II Nr. 31/1998, hat der Inhaber oder Geschäftsführer eines Lebensmittelunternehmens die für die Lebensmittelsicherheit kritischen Punkte im Prozessablauf festzustellen und dafür Sorge zu tragen, dass angemessene Sicherheitsmaßnahmen festgelegt, durchgeführt, eingehalten und überprüft werden, und zwar nach folgenden, bei der Ausgestaltung des HACCP-Systems (Hazard Analysis and Critical Control Points) verwendeten Grundsätzen:

  1. Analyse der potentiellen Risiken für Lebensmittel in den Prozessen eines Lebensmittelunternehmens;
  2. Identifizierung der Punkte in diesen Prozessen, an denen Risiken für Lebensmittel auftreten können;
  3. Festlegung , welche dieser Punkte für die Lebensmittelsicherheit kritisch sind - "kritische Punkte",
  4. Feststellung und Durchführung wirksamer Prüf- und Überwachungsverfahren für diese kritischen Punkte und
  5. Überprüfung der Gefährdungsanalyse für Lebensmittel, der kritischen Kontrollpunkte und der Prüf- und Überwachungsverfahren in regelmäßigen Abständen und bei jeder Änderung der Prozesse in dem Lebensmittelunternehmen.

 

4.2. Da der Bw nur die Höhe der Strafe bekämpft hat, ist der Schuldspruch des gegenständlichen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen und war auch für das Berufungsverfahren verbindlich davon auszugehen, dass am 13. Mai 2004 und am 26. Juli 2004 im Gastgewerbebetrieb des Bw verdorbene Lebensmittel vorgefunden worden sind, wobei es der Bw entgegen § 3 der Lebensmittelhygieneverordnung unterlassen hatte, kritische Punkte im Prozessablauf festzustellen und angemessene Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen.

 

Zu seinen persönlichen Verhältnissen hat der Bw angegeben (Niederschrift vom 19.10.2004), dass er über ein Einkommen von 14.000 Euro im Jahr aus seinem Gewerbebetrieb verfüge und für 2 Kinder sorgepflichtig sei. Von diesen persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen war mangels anderer Anhaltspunkte auszugehen.

 

Im Rahmen der Strafbemessung fallen die aktenkundigen Verwaltungsvorstrafen des Bw erschwerend ins Gewicht. Aus dem Vorstrafenverzeichnis ergeben sich Vorverurteilungen wegen Übertretungen nach § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 iVm der Lebensmittelhygieneverordnung in Verwaltungsstrafverfahren der belangten Behörde zu den Zlen. SanRB96-36-2000 und SanRB96-36-2003. Es entspricht daher die Behauptung des Bw, dass er immer seiner Kontrollpflicht nachgekommen wäre, keineswegs den Tatsachen. Offenkundig handelt es sich um einen bloße Schutzbehauptung. Auch im gegenständlichen Verfahren ist hervorgekommen, dass der Bw nach der lebensmittelpolizeilichen Beanstandung im Mai 2004 bereits am 26. Juli 2004 wieder rückfällig geworden ist, obwohl er noch vom Lebensmittelaufsichtsorgan am 14. Juli 2004 besonders ermahnt worden war. Auch mit Rücksicht auf die in den Gutachten der A L angeführten eindeutigen Anzeichen des Verderbs muss daher wohl angenommen werden, dass der Bw geradezu grob fahrlässig seine Kontrollpflichten vernachlässigt hat. Milderungsgründe sind nicht bekannt geworden.

 

Nach Abwägung der gegebenen Strafzumessungsfaktoren erscheint beim anzuwendenden Strafrahmen von bis zu 7.300 Euro die verhängte Geldstrafe von 700 Euro (unter 10 %) noch im untersten Bereich gelegen und dem erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat des Bw jedenfalls angemessen. Mit dieser eher geringen Strafhöhe wurde den nicht so günstigen persönlichen Verhältnissen des Bw ausreichend Rechnung getragen. Auch aus general- und spezialpräventiven Gründen könnte mit einer geringeren Strafe keinesfalls das Auslangen gefunden werden. Die gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG innerhalb von 2 Wochen festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe hat die belangte Behörde mit bloß 32 Stunden bemessen. Sie kann aus der Sicht des Bw nicht beanstandet werden.

 

5. Im Ergebnis war daher die Strafberufung als unbegründet abzuweisen und der Strafausspruch zu bestätigen. Bei diesem Ergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG eine weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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