Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240575/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 28.04.2006

 

VwSen-240575/2/Gf/Mu/Ga Linz, am 28. April 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des D, vertreten durch RAe Dr. H und Dr. L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Urfahr-Umgebung vom 7. März 2006, Zl. UR96-16-2005-Ni, wegen einer Übertretung des Tiermaterialiengesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1; § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Urfahr-Umgebung vom 7. März 2006, Zl. UR96-16-2005-Ni, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) verhängt, weil er zumindest bis 16. September 2005 zwei Schafsköpfe, Schlachtabfälle und einen huhnartigen Kadaver auf seinem Anwesen in Tonnen gelagert habe sowie Därme und Schlachtabfälle von zwei Rindern, die in einer Tiefkühltruhe gelagert worden seien, nicht an einen geeigneten zugelassenen Betrieb abgeliefert habe, obwohl tierische Nebenprodukte oder Materialien der Kategorie 1 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 der Ablieferungspflicht unterliegen. Dadurch habe er eine Übertretung des §  14 Z. 11 Tiermaterialengesetzes, BGBl. Nr. 141/2003 (im Folgenden: TMG), i.V.m. § 1 Z. 1 der Oö. Tiermaterialienverordnung, LGBl. Nr. 43/2004 (im Folgenden: OöTMV), begangen, weshalb er nach § 14 Schlusssatz des TMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihm zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund der Wahrnehmungen eines Polizeiorgans der Polizeiinspektion Oberneukirchen, des Fleischuntersuchungstierarztes sowie des Amtstierarztes und der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers seien infolge unterlassener Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 9. März 2006 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig am 23. März 2006 unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

 

Darin bringt der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass er bereits am 13. September 2005 ein Transportunternehmen in Neustift, welches im Auftrag der Tierkörperverwertung GmbH die Schlachtabfälle einsammle, telefonisch beauftragt habe, den Inhalt seiner TKV-Tonne abzutransportieren, nachdem er zwei von den zwölf am 11. September 2005 geschlachteten Lämmern an zwei türkische Kunden verkauft und diesen gestattet habe, die Schlachtabfälle beider Tiere auf seinem Anwesen in seiner TKV-Tonne zu deponieren.

 

Da seinem Auftrag innerhalb von zwei Tagen nicht entsprochen worden sei, habe er die Abholung bei der genannten Firma urgiert, die tatsächlich am 21. September 2005 erfolgt sei. Den entsprechenden Übergabeschein, aus dem auch hervorgehe, dass das Transportunternehmen im Auftrag der Tierkörperverwertungs GmbH tätig sei, habe er der Erstbehörde als Beweis vorgelegt. Einen Verstoß gegen die Ablieferungspflicht habe er nicht begangen, weil er ja bereits vor der am 16. September 2005 stattgefundenen Kontrolle den Auftrag zur Abholung der Schlachtabfälle gegeben habe.

 

Darüber hinaus führt der Berufungswerber aus, dass er von den zwei geschlachteten Rindern nur den Darm und den Pansen zurückbehalten habe, um daraus Katzen- und Hundefutter für den privaten Gebrauch zu produzieren. Die restlichen Schlachtabfälle seien im Schlachtbetrieb entsorgt worden. Nachdem aus dem Darm und dem Pansen eines Rindes sogenannte Kuttel oder Kuttelfleck produziert werden, die sogar für den menschlichen Verzehr sowie jedenfalls zum Verzehr durch Haustiere geeignet seien, sei er der festen Überzeugung gewesen, dass es sich dabei nicht um Schlachtabfälle gehandelt habe.

 

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe oder die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu Zl. UR96-16-2005-Ni; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 14 Z. 11 TMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 Euro zu bestrafen, der gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 12 Abs. 1 TMG erlassenen Verordnung verstößt.

 

Nach § 12 Abs. 1 TMG kann der Landeshauptmann durch eine Verordnung u.a. nähere Bestimmungen über die Übernahme von Materialien und Nebenprodukten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (im Folgenden: VO 1774/2002) festlegen.

 

Gemäß § 1 Z. 1 der OöTMV unterliegen tierische Nebenprodukte oder Materialien der Kategorien 1 und 2 gemäß der VO 1774/2002 der Ablieferungspflicht an einen geeigneten zugelassen Betrieb.

 

Wenn nun § 44a Z. 1 und 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens anordnet, dass der Spruch des Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt worden ist, so wird der Spruch des hier angefochtenen Straferkenntnisses diesem Erfordernis deshalb nicht gerecht, weil dort nur kursorisch angeführt ist, dass "Schlachtabfälle ..... der Kategorie 1" gelagert waren, ohne gleichzeitig auch anzuführen, welchem der in Art. 2 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 4 der VO 1774/2002 ganz detailliert angeführten Materialien die beim Beschwerdeführer vorgefundenen Abfälle zuzuordnen sind. Ohne eine derartige Subsumtion ist der Beschwerdeführer aber nicht in der Lage, festzustellen, welche Übertretung ihm überhaupt angelastet wird. Davon abgesehen findet sich entgegen § 44a Z. 2 VStG keine Zitierung des VO 1774/2002 im Spruch.

Im Ergebnis wird damit aber dem Beschuldigten - entgegen § 44a Z. 1 und 2 VStG - aufgebürdet, die konkrete Zuordnung der Tatanlastung zu den verletzten Verwaltungsvorschriften jeweils selbst vornehmen zu müssen.

 

Gerade dies soll aber durch die Bestimmung des § 44a Z. 1 und 2 VStG, die von der Vorstellung getragen ist, dem Beschuldigten eine effektive Verteidigung seiner Rechte zu ermöglichen - vermieden werden.

 

3.3. Da eine Spruchkorrektur schon wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung nicht in Betracht kam, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. G r o f

 

 

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