Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240576/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 28.04.2006

 

VwSen-240576/2/Gf/Mu/Ga Linz, am 28. April 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des D, vertreten durch RAe Dr. H und Dr. L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Urfahr-Umgebung vom 7. März 2006, Zl. UR96-17-2005-Ni, wegen einer Übertretung des Tiermaterialiengesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG, § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Urfahr-Umgebung vom 7. März 2006, Zl. UR96-17-2005-Ni, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) verhängt, weil er es zumindest bis 16. September 2005 verabsäumt habe, Schlachtabfälle, Rinderdärme, zwei Schafsköpfe und einen huhnartigen Kadaver, welche auf seinem Anwesen in Tonnen und in einer Gefriertruhe verwahrt worden seien, dem Bürgermeister oder einem Betreiber unverzüglich anzuzeigen; dazu seien Erzeuger und Verwahrer von tierischen Nebenprodukten und Materialien nämlich verpflichtet. Dadurch habe er eine Übertretung des §  14 Z. 11 Tiermaterialiengesetzes, BGBl. Nr. 141/2003 (im Folgenden: TMG) i.V.m. § 3 Abs. 1 der Oö. Tiermaterialienverordnung, LGBl. Nr. 43/2004 (im Folgenden: OöTMV), begangen, weshalb er nach § 14 Schlusssatz des TMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihm zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers seien infolge unterlassener Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 9. März 2006 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig am 23. März 2006 unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

 

Darin bringt der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass er bereits am 13. September 2005 ein Transportunternehmen in Neustift, welches im Auftrag der Tierkörperverwertung GmbH die Schlachtabfälle einsammle, telefonisch beauftragt habe, den Inhalt seiner TKV-Tonne abzutransportieren. Da dem Auftrag innerhalb von zwei Tagen nicht entsprochen wurde, habe er die Abholung bei der genannten Firma urgiert. In der Folge sei aber erst am 21. September 2005 die Abholung der Schlachtabfälle erfolgt. Das Transportunternehmen sei im Auftrag der Tierkörperverwertungs GmbH tätig, weshalb es sich um einen Betreiber im Sinne des § 1 OöTMV gehandelt habe. Die Beauftragung zum Abtransport der Schlachtabfälle sei auch gleichzeitig als Anzeige gemäß § 3 Abs. 1 OöTMV zu werten. Gemäß § 3 Abs. 4 OöTMV habe die Verpflichtung zur Anzeige zu entfallen, wenn der Erzeuger oder Verwahrer die tierischen Nebenprodukte und Materialien selbst bei einem Betreiber abliefert, wobei "abliefern" wohl dahingehend zu verstehen sei, dass ein entsprechender Auftrag an einen Betreiber ergehe. Er sei daher bereits am 13. September 2005 seiner Anzeigeverpflichtung nachgekommen.

 

Darüber hinaus führt der Berufungswerber aus, dass es sich, nachdem aus dem Darm und dem Pansen eines Rindes sogenannte Kuttel oder Kuttelfleck erzeugt werden können, die sogar zum menschlichen Verzehr, jedenfalls aber zum Verzehr durch Katzen und Hunde geeignet seien, nicht um Schlachtabfälle handelt. Im Übrigen sei in den Bestimmungen der OöTMV der Begriff "Schlachtabfälle" nicht enthalten. Auch die Bestimmungen über die tierischen Nebenprodukte und Materialien der Kategorie 1, 2 und 3 seien nicht näher erläutert, sondern es sei nur auf eine EG-Verordnung verwiesen worden. Daher könne einem Landwirt nicht abverlangt werden, deren Inhalt zu kennen, da deren Auslegung juristisches Fachwissen erfordere.

 

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe oder die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu Zl. UR96-17-2005-Ni; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 14 Z. 11 TMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 Euro zu bestrafen, der gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 12 Abs. 1 TMG erlassenen Verordnung verstößt.

 

Nach § 12 Abs. 1 TMG kann der Landeshauptmann durch eine Verordnung u.a. nähere Bestimmungen über die Übernahme von Materialien und Nebenprodukten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (im Folgenden: VO 1774/2002) festlegen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 der OöTMV sind die Erzeuger und Verwahrer von tierischen Nebenprodukten und Materialien verpflichtet, deren Anfall dem Bürgermeister der Gemeinde, in der sich die Materialien befinden, oder einem Betreiber anzuzeigen.

 

3.2 Wenn nun § 44a Z. 1 und 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens anordnet, dass der Spruch des Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt worden ist, so wird der Spruch des hier angefochtenen Straferkenntnisses diesem Erfordernis deshalb nicht gerecht, weil dort keinerlei Bezugnahme auf die VO 1774/2002 enthalten ist.

 

Aus der Verwendung der Begriffe "tierische Nebenprodukte und Materialien" in § 3 Abs. 1 OöTMV geht aber klar hervor, dass damit wie in § 12 Abs. 1 TMG die Bestimmungen der VO 1774/2002 gemeint sind, auch wenn die im Gesetz enthaltene ausdrückliche Bezugnahme im Verordnungstext des § 3 Abs. 1 OöTMV fehlt. Davon ausgehend hätte das Straferkenntnis jedenfalls dem § 44a Z. 2 VStG entsprechend die Verordnung 1774/2002 anführen müssen. Ganz abgesehen davon, hätte es in einem weiteren Schritt einer inhaltlichen Konkretisierung dahin bedurft, ob die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Schlachtabfälle entweder der Kategorie 1, 2 oder 3 zuzuordnen sind.

 

Ohne eine derartige Subsumtion ist der Beschwerdeführer aber nicht in der Lage, festzustellen, welche Übertretung ihm überhaupt angelastet wird.

 

Im Ergebnis wird damit aber dem Beschuldigten - entgegen § 44a Z. 1 und 2 VStG - aufgebürdet, die konkrete Zuordnung der Tatanlastung zu den verletzten Verwaltungsvorschriften jeweils selbst vornehmen zu müssen.

 

Gerade dies soll aber durch die Bestimmung des § 44a Z. 1 und 2 VStG, die von der Vorstellung getragen ist, dem Beschuldigten eine effektive Verteidigung seiner Rechte zu ermöglichen - vermieden werden.

 

3.3. Da eine Spruchkorrektur schon wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung nicht in Betracht kam, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum