Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-250014/4/Weg/ka

Linz, 17.07.1991

VwSen - 250014/4/Weg/ka Linz, am 17. Juli 1991 DVR.0690392 - & I; Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied W.Hofrat Dr. Wegschaider über die Berufungen des Landesarbeitsamtes Oberösterreich und des M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. April 1991, SV 96-7-1991, zu Recht:

I. Die Berufungen sowohl des Landesarbeitsamtes Oberösterreich als auch des M werden abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 20, 21, 24 und 51 Abs.1 VStG.

II. Herr Mhat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 500 S (20 % der verhängten Strafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Es ist unstrittig, daß Herr M in der Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 16. Oktober 1990 in seinem Fleischhauereibetrieb den rumänischen Staatsbürger Joan C beschäftigt hat, obwohl für diesen Zeitraum weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Arbeitserlaubnis vorlag und der genannte Arbeitnehmer auch nicht im Besitze eines Befreiungsscheines war. Die schließlich erteilte Beschäftigungsbewilligung wurde erst mit 17. Oktober 1990 gültig. Dieser unbestrittene Sachverhalt stellt die Verwirklichung der Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs.1 i.V.m § 28 Abs.1 Z.1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz dar.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck verhängte gegen M in Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe von 2.500 S (das ist die Hälfte des gemäß § 28 Abs.1 Z.1 AuslBG normierten Mindeststrafsatzes) und schrieb als Beitrag zu den Verfahrenskosten 250 S vor.

I.2. Gegen diesen Bescheid haben sowohl das Landesarbeitsamt Oberösterreich mit Schreiben vom 26. April 1991 als auch M mit Schreiben vom 2. Mai 1991 rechtzeitig Berufung eingelegt.

Das Landesarbeitsamt vermeint, daß die Erstbehörde den § 20 VStG zu Unrecht angewendet hätte und eine außerordentliche Milderung der Strafe nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Der Beschuldigte dagegen vermeint, es treffe ihn kein Verschulden und stellt den Antrag, von einer Bestrafung (offenbar in Anwendung des § 21 VStG) abzusehen.

I.3. Zur Entscheidung über diese Berufungen ist gemäß § 51 Abs.1 VStG der unabhängige Verwaltungssenat zuständig. Die Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht geboten, weil einerseits die Berufungsargumente in Richtung Straferhöhung bzw. Strafnachlaß zielen und andererseits eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde. Im Rahmen des Parteiengehörs wurden den Kontrahenten dieses Verfahrens, die ihrer Rechtsansicht dienlich glaubenden Argumente gegenseitig bekannt gemacht, worauf sich nach den entsprechenden Gegenäußerungen aufgrund der Aktenlage nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt:

Der Fleischhauermeister M hat beim zuständigen Arbeitsamt einen Auftrag zur Vermittlung eines Arbeitnehmers gegeben. Ihm wurde daraufhin der rumänische Staatsbürger J vermittelt und dabei erklärt, es handle sich um einen bevorzugten Asylanten. Eine rasche Beschäftigungsbewilligung sei gewährleistet. Aufgrund dieser Äußerung und Mitleid mit dem Rumänen hat er die sofortige Arbeitsaufnahme ermöglicht, nicht zuletzt deshalb, um auch dem Staat Kosten zu ersparen. Er wollte damit dokumentieren, daß die Beschäftigung von Asylanten nicht am mangelnden Willen der Dienstgeber scheitern soll. So kam es, daß der in Rede stehende rumänische Staatsbürger vom 1. Oktober 1990 bis 16. Oktober 1990 ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt wurde. Die Beschäftigungsbewilligung erlangt ihre Gültigkeit erst am 17. Oktober 1990. Nach Meinung des Beschuldigten hätte das Arbeitsamt bei der Vermittlung entsprechende Aufklärungsdienste, insbesondere daß eine vorzeitige Beschäftigung strafbar ist, leisten müssen. Der Beschuldigte ist unbescholten. Laut Steuerbescheid ist ein nennenswertes Einkommen nicht gegeben. Der Beschuldigte ist verheiratet und hat drei Kinder. An Vermögen weist er auf ein Wohnhaus inklusive Fleischhauerei und Gasthaus, welches verpachtet ist. I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Die gesetzliche Mindeststrafe beträgt gemäß § 28 Abs.1 Z.1 AuslBG 5.000 S.

Es war im Hinblick auf die Berufungsausführungen des Landesarbeitsamtes, welches das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe in Abrede stellte, zu prüfen, ob die Erstbehörde einerseits die Geldstrafe am untersten Punkt des Strafrahmens zu Recht angesetzt hat und andererseits noch zusätzlich ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe mit Recht in Anerkennung brachte. Diese vom unabhängigen Verwaltungssenat vorgenommene Überprüfung verlief aus nachstehenden Gründen zugunsten der belangten Behörde:

Ein Erschwerungsgrund ist nicht aktenkundig und wurde vom Landesarbeitsamt auch nicht behauptet. Der Beschuldigte ist nach der Aktenlage vollkommen unbescholten. Das von ihm gegenüber dem Rumänen behauptete Mitleid ist nicht lebensfremd und somit glaubwürdig, was den Milderungsgrund des § 34 Z.3 StGB (achtenswerte Beweggründe) entstehen läßt. Desweiteren wird dem Beschuldigten ein Rechtsirrtum zugebilligt, der jedoch die Schuld nicht auszuschließen vermag. Auch ein Schaden ist nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates nicht herbeigeführt worden.

Die eben anskizzierten Milderungsgründe sind sowohl in der Gewichtung als auch in der Häufung geeignet, ein beträchtliches Überwiegen zu den Erschwerungsgründen zu konstatieren, was letztlich auch die Anwendung des § 20 VStG rechtfertigt.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Um den Beschuldigten die Rechtswohltat des § 21 VStG zubilligen zu können, bedarf es des Vorliegens beider genannter Voraussetzungen.

Zum Verschulden: Ein Verschulden ist, das ergibt sich auch aus dem Eingeständnis des Berufungswerbers in seinen ersten Schriftsätzen, jedenfalls gegeben. Dieses Eingeständnis wird darin erblickt, daß der Berufungswerber von Mitleid gegenüber dem rumänischen Asylanten sprach. Mitleid setzt aber Wissen voraus und eine wissentliche Begehung einer Verwaltungsübertretung ist eine vorsätzliche. Nachdem zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt, ist die gehobene Schuldform des Vorsatzes graduell eine solche, daß von einem geringfügigen Verschulden nicht mehr gesprochen werden kann. Da also schon diese Voraussetzung fehlt, kommt auch der unabhängige Verwaltungssenat hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit des § 21 VStG zur selben Erkenntnis wie die belangte Behörde.

Insgesamt erweisen sich somit weder die Berufung des Landesarbeitsamtes noch die des Beschuldigten als stichhältig, sodaß das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich zu bestätigen war.

II. Die Kostenentscheidung ist in der zitierten Gesetzesbestimmung begründet. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dr. Wegschaider