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VwSen-250081/7/Gu/Bf

Linz, 20.02.1992

VwSen - 250081/7/Gu/Bf Linz, am 20. Februar 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Ing. Christian S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 28. November 1991, SV 9613/1991-Ba/Wi, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, §§ 5 Abs.2 und 45 Abs.1 Z.2 VStG, § 28 Abs.1 Z.1 lit.a AuslBG, § 7 Abs.6 AuslBG (Stammfassung).

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Berufungswerber schuldig erkannt, als verantwortlicher Geschäftsführer der Ing. Christian S Bau GesmbH. den tschechischen Staatsbürger B in der Zeit von 4.2.1991 bis 20.2.1991 als Bauhilfsarbeiter in seinem Betrieb beschäftigt zu haben, obwohl für den Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Arbeitserlaubnis bzw. ein Befreiungsschein vorgelegen sei.

Wegen Verletzung des § 3 Abs.1 i.V.m. § 28 Abs.1 Z.1 lit.a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975 i.d.g.F. wurde über ihn in Anwendung der zitierten Norm eine Geldstrafe von 5.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen und ein Verfahrenskostenbeitrag von 500 S verhängt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der Beschuldigte unter Hinweis auf seine Rechtfertigung im Verfahren geltend, daß er mangels inländischer Arbeitskräfte bereits zahlreiche ausländische Arbeitskräfte beschäftigt habe, sämtliche mit Beschäftigungsbewilligung oder Befreiungsschein. Auch für J sei eine Bewilligung bis 2. November 1991 vorgelegen. Nach saisonbedingter Arbeitsruhe in der Winterszeit habe er den tschechischen Staatsbürger ab 4.2.1991 aufgrund der vor Beginn der Arbeitspause vereinbarten Wiedereinstellung weiter beschäftigt. Er sei überrascht gewesen, als das Arbeitsamt von einer ungesetzlichen Beschäftigung gesprochen habe, worauf er dem Ausländer die Arbeit sofort einstellen ließ. Sogleich habe er um eine neue Beschäftigungsbewilligung angesucht, die auch von 6.3.1991 bis 20.12.1991 erteilt worden sei. Aufgrund der schriftlichen Vereinbarung mit dem Dienstnehmer habe er die Beschäftigung wohl als unterbrochen, keinesfalls aber als beendet angesehen. Er sei daher der Ansicht, daß er sich als Geschäftsführer korrekt verhalten habe, er fühle sich nicht schuldig; in eventu beantragt er die Erlassung einer Ermahnung.

Das Landesarbeitsamt Oberösterreich begehrt die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses im wesentlichen mit der Begründung, daß den Beschuldigten sehr wohl ein Verschulden treffe, zumal auf die Beendigung der Bewilligung im Bescheid des Arbeitsamtes Freistadt ausdrücklich hingewiesen worden sei, welcher Auffassung die Erstbehörde im angefochtenen Straferkenntnis gefolgt war.

Über die Berufung wurde am 10. Februar 1992 die mündliche Verhandlung unter Zuziehung des Beschuldigten und der Vertreterin des Landesarbeitsamtes Oberösterreich durchgeführt. Aufgrund der in deren Rahmen erhobenen Beweise, insbesondere durch Einsichtnahme in Urkunden und zwar den Bescheid des Arbeitsamtes Freistadt vom 2. November 1990, AZ. 6702 B/156853, in den weiteren Bescheid derselben Behörde vom 6. März 1991, AZ. 6702 B/276774 und die Vereinbarung der Ing. Christian S BauGesmbH. vom 11.12.1990 mit J ist folgender Sachverhalt erwiesen und unbestritten:

Der Ausländer war in dem vom Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu vertretenden Baubetrieb in Windhaag bei Freistadt Nr. 99 bereits ab 5.9.1990 bis 2.11.1990 tätig. Hiefür lag eine Bewilligung des Arbeitsamtes Freistadt vor. Über Verlängerungsantrag wurde die Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter für die Zeit von 3. November 1990 bis 2. November 1991 für den örtlichen Geltungsbereich des Arbeitsamtes Freistadt verlängert. Neben der Rechtsmittelbelehrung und den Auflagen findet sich unter der Rubrik "Zur Beachtung" der Hinweis "Die Beschäftigungsbewilligung erlischt mit Beendigung der bewilligten Beschäftigung." Der Ausländer arbeitete tatsächlich bis 14.12.1990 im Betrieb. Aufgrund des Vertrages vom 11.12.1990, welcher die Witterungsverhältnisse und die dadurch bedingte teilweise Betriebsstillegung zum Anlaß nahm, wurde einvernehmlich vereinbart, daß das Dienstverhältnis mit 14.12.1990 durch Dienstgeberkündigung aufgelöst wird. Dies deshalb, damit dem Dienstnehmer keine Zeiten für die Abfertigungs- und Weihnachtsgeldansprüche verloren gehen. Gleichzeitig wurde dem Ausländer die Wiedereinstellung im Frühjahr 1991 je nach Witterungsverhältnissen zugesichert. Tatsächlich nahm er am 4.2.1991 die Arbeit auf, wurde nach Beanstandung durch das Arbeitsamt Freistadt am 20.2.1991 außer Dienst gestellt und nahm nach neuerlicher Bewilligung ab 8.3.1991 die Arbeit im Betrieb wieder auf.

Bei diesem Sachverhalt hat der unabhängige Verwaltungssenat zu der sich nicht schuldig bekennenden Verantwortung des Beschuldigten, die sich dem Gehalt nach auf einem entschuldbaren Rechtsirrtum stützt, erwogen:

Gemäß § 28 Abs.1 Z.1 lit.a AuslBG begehen Personen, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wenn sie entgegen dem § 3 leg.cit. einen Ausländer beschäftigen, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt, noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden ist und sind bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 5.000 S bis zu 60.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit im Gesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Gemäß § 2 Abs.2 lit.a leg.cit. gilt als Beschäftigung die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis.

Gemäß § 7 Abs.6 leg.cit. Stammfassung erlischt die Beschäftigungsbewilligung mit Beendigung der bewilligten Beschäftigung.

Aufgrund der Novelle zum AuslBG, BGBl.Nr.684/92, wirksam ab 1.4.1992 der unter anderem diese gesetzliche Bestimmung ändert, erlischt die Beschäftigungsbewilligung 1. mit Beendigung der Beschäftigung des Ausländers, 2. wenn binnen 6 Wochen nach Laufzeitbeginn der Beschäftigungsbewilligung eine Beschäftigung nicht aufgenommen wird.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, soferne die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Gemäß § 45 Abs.1 Z.2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Die Eigenschaft als Träger der Verantwortung für die Handlungen des Dienstgebers wurden vom Beschuldigten nicht in Abrede gestellt. Es war daher zu prüfen, ob der von ihm geltend gemachte Rechtsirrtum erwiesenermaßen unverschuldet war und schuldbefreiend wirkte.

Nachdem die Sanktionen von Strafnormen stets in Grundrechte, wie Eigentum und persönliche Freiheit eingreifen, muß es dem Grundsatz "nulla poena sine lege" (§ 1 Abs.1 VStG) als wesensmäßig immanent betrachtet werden, daß der Gesetzgeber sich bei der Schaffung von Straftatbeständen auch einer klaren Ausdrucksweise bedient, die den Normunterworfenen soweit bindet, als die Formulierungen für einen in Beruf und Leben sozial integrierten durchschnittlich gebildeten Bürger auch verstanden werden können. Bei Schaffung und der Interpretation von Strafnormen genießt der Bürger einen besonderen Vertrauensschutz.

Diese Grundzüge einer nunmehr freiheitsbezogenen und die Rechte der Person achtenden Rechtsordnung bringen es mit sich, daß Relikte des Absolutismus und der Hörigkeit, die den Bürger bei jedem seiner Schritte zur Nachfrage bei der Obrigkeit verhielt, nicht als Ausgangspunkt für die Anwendung von Strafnormen betrachtet werden können. Unklare Strafbestimmungen dürfen nicht zum Nachteil des Normunterworfenen ausgelegt werden.

(Über die Auslegungsproblematik bei Strafnormen siehe Hans Joachim Koch "Die Auslegungslehre der Reinen Rechtslehre im Lichte der jüngeren sprachanalytischen Forschung", ZfV 1/92 S.5 und die dort zitierte FN 29).

Was den konkreten Prüfungstatbestand anlangt, kann in der Tat nach der Verkehrsauffassung die Umschreibung "die Beschäftigungsbewilligung erlischt mit Beendigung der bewilligten Beschäftigung" bei vorheriger konkreter Angabe des Beginnes und Endes der Erlaubnis auch ein zeitlicher Rahmen verstanden werden, ungeachtet ob die Arbeit in einem fortwährt.

Nachdem dem Berufungswerber diese - im übrigen plausible Information zur Verfügung stand und seinem Verständnis keine tiefschürfenden und im Ergebnis zwingenden Schlüsse gegenüberstanden, wonach die Formulierung des Begriffes "als Beschäftigung gilt die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis" nur als numerische Bedeutung und nicht als die mit einem unbestimmten Artikel versehene generalisierende Beschreibung von Lebenssachverhalten, wie dies Gesetze zu tun pflegen, verstanden werden darf, konnte ihm kein Verschulden unterlegt werden.

Das vom Beschuldigten gehegte Vertrauen wird dadurch bestätigt, daß es der Gesetzgeber in seiner Novelle zum AuslBG, BGBl.Nr. 684/92 notwendig erachtet hat, das Erlöschen der Beschäftigungsbewilligung mit Beendigung der Beschäftigung schlechthin zu normieren und klarzustellen.

Diese Novelle tritt jedoch erst mit 1.4.1992 in kraft und bildete im gegenständlichen Fall keine Grundlage für eine Bestrafung.

Nachdem die Berufung im Ergebnis erfolgreich und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war, durften dem Beschuldigten für das Berufungsverfahren keine Kosten auferlegt werden und sind die im erstinstanzlichen Verfahren angefallenen Kosten von der Behörde zu tragen (§§ 65 und 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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