Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250100/2/Ga/Hm

Linz, 26.03.1993

VwSen - 250100/2/Ga/Hm Linz, am 26. März 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der B, gegen das wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. Februar 1992, Zl. SV-96/6-1991-E/Gus, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 31 Abs.1, § 32 Abs.2, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis der Berufungswerberin eine Übertretung des AuslBG vorgeworfen, weil sie "als Verantwortliche der Baufirma L auf der Baustelle L zwei ausländische Staatsangehörige" gesetzwidrig beschäftigt habe; deswegen wurde über sie eine Geldstrafe von zweimal 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zweimal neun Tage) verhängt; außerdem wurde die Berufungswerberin verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von je 10 v.H. der verhängten Strafen, das sind zusammen 1.000 S, zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2.1. In der Begründung gibt die Strafbehörde an, daß die Verwaltungsübertretung der Berufungswerberin zur Last gelegt, von ihr jedoch nicht bestritten worden sei.

2.2. Dem hält die Berufungswerberin die in ihrer Rechtsmittelschrift näher ausgeführten Berufungsgründe der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung entgegen; sie beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung, dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Er ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig.

Die Berufung ist zulässig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. SV-96/6-1991-E. Schon daraus war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. § 44a Z1 VStG bestimmt, daß der Spruch eines Straferkenntnisses (§ 44 Abs.1 Z6 VStG), wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Das heißt, daß jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, w o f ü r der Täter bestraft worden ist. Dieser Rechtsvorschrift ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB Erk. vom 3.10.1985, 85/02/0053, verst.Sen.; unter Hinweis auf das Erk. vom 13.6.1984, Slg.11466 A, gleichfalls verst.Sen.) dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch n u r nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort, Zeit und nach den sonstigen Tatumständen dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob diese Angaben im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lassen.

5.2. Diese Anforderungen muß auch schon die (ein bestimmtes Verwaltungsstrafverfahren erst einleitende) Verfolgungshandlung gemäß § 31 Abs.1 und § 32 Abs.2 VStG erfüllen, weil die (weitere) Verfolgung einer Person nur zulässig ist, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Strafbehörde ein in Übereinstimmung mit den dargelegten Leitsätzen formulierter Tatvorwurf gerichtet werden konnte.

5.2.1. Im vorliegenden Fall ist im Strafakt keine dem bekämpften Straferkenntnis vorgelagerte Verfolgungshandlung (im verfahrensrechtlichen Sinn) auffindbar. So gibt die im Akt einliegende niederschriftliche Vernehmung der Berufungswerberin vom 8. April 1991 keinen Aufschluß darüber, zu welchem konkreten sachverhaltsbezogenen Tatvorwurf diese Vernehmung stattgefunden hat; die in dieser Niederschrift erwähnte Vorladung fehlt im Akt. Weiters fällt auf, daß diese Vernehmung nicht von der ersuchten Behörde (dies war offenbar der Bürgermeister der Stadtgemeinde E; das Ersuchsschreiben fehlt im Akt), sondern von einem Organ der Stadtpolizei E, somit von einem Hilfsorgan der ersuchten Behörde, durchgeführt worden ist. Schon dadurch kommt dieser Vorgangsweise von vornherein die verfahrensrechtliche Qualität einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG nicht zu. Gleiches gilt auch für die im Akt einliegende niederschriftliche Vernehmung der Berufungswerberin vom 18. Mai 1991, die im übrigen die Konfrontation der Berufungswerberin mit einem konkreten Tatvorwurf gleichfalls nicht erkennen läßt; die - nicht behördliche - Vernehmung der Berufungswerberin erfolgte nämlich zu der niederschriftlich von der Gemeinde Asten festgehaltenen Aussage einer dritten Person, ohne daß daraus ein Rückschluß auf einen hier maßgeblichen Tatvorwurf gezogen werden könnte.

5.3. Im Ergebnis konnte mangels hiefür tauglicher Amtshandlungen die Verfolgungsverjährungsfrist nicht unterbrochen werden. Das bekämpfte Straferkenntnis ist erst nach der mit 4. Oktober 1991 abgelaufenen Verjährungsfrist (§ 28 Abs.2 AuslBG; § 32 AVG iVm § 24 VStG) erlassen worden. Davon abgesehen, ist der Spruch des Straferkenntnisses unter dem Blickwinkel des § 44a Z1 VStG, wie anhand der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter P.5.1. dargelegt, rechtswidrig, weil er in Ansehung der Übertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG nicht unverwechselbar feststehend vorwirft, wo und welche Ausländer die Berufungswerberin als Arbeitgeberin unerlaubt beschäftigt hat (vgl. VwGH vom 26.9.1991, 90/09/0188).

5.4. Die die Rechtswidrigkeit des bekämpften Straferkenntnisses bewirkenden Mängel wären der Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nur innerhalb der Frist zur Verfolgungsverjährung zugänglich. Dies hätte jedoch, wie aufgezeigt, zur Voraussetzung gehabt, daß innerhalb dieser Frist schon von der Strafbehörde selbst eine dem Anspruch des § 44a Z1 VStG genügende Verfolgungshandlung gesetzt worden wäre.

5.5. Das Straferkenntnis war gemäß der angegeben Rechtsgrundlage aufzuheben. Gleichzeitig war - weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung der Berufungswerberin ausschließen - die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

6. Bei diesem Ergebnis war weder eine weitere Prüfung des bekämpften Straferkenntnisses unter dem Blickwinkel des § 44a Z2 VStG vorzunehmen noch war auf das weitere Vorbringen der Berufungswerberin in ihrer Rechtsmittelschrift einzugehen. Im Hinblick darauf aber, daß nach dem gesamten Inhalt des von der Strafbehörde durchgeführten Verfahrens es gerade nicht gelungen ist, die Identität der beschäftigten Ausländer in der hier erforderlichen Unverwechselbarkeit zu ermitteln, wäre schon die Strafbehörde selbst gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG zur Verfahrenseinstellung verpflichtet gewesen. Weil sie aber das Verwaltungsstrafverfahren dennoch fortgesetzt und mit dem bekämpften Straferkenntnis vom 4. Februar 1992 abgeschlossen hat, hätte sich auf Grund der eingebrachten Berufung bestens angeboten, dieses deutlich mit Mängel belastete Straferkenntnis mit dem gerade für solche Fälle vom Verfahrensgesetzgeber der VStG-Novelle 1990 geschaffenen Instrument der Berufungsvorentscheidung (§ 51b VStG) aus der Welt zu schaffen und auf diese Weise - in Übereinstimmung mit der Zielsetzung des Gesetzgebers (vgl. 1090 BlgNR XVII. GP, S. 18/19) - gemäß dem Grundsatz des § 39 Abs.2 letzter Satz AVG (iVm § 24 VStG) unnötigen Verfahrensaufwand zu vermeiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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