Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250135/24/Kon/Fb

Linz, 11.11.1993

VwSen - 250135/24/Kon/Fb Linz, am 11. November 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30. April 1992, Sich96/55/1991/Ba/Wi, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren mit der Feststellung, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 2 Abs.2 lit.a und lit.b AuslBG, BGBl.Nr. 218/1975 idF BGBl.Nr. 475/1992; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG und § 45 Abs.1 Z1 VStG.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten, Josef Miesenberger zur Last gelegt, am 8., 9. und 17. Oktober 1991 die rumänische Staatsbürgerin S in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in beschäftigt zu haben, obwohl für die Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis bzw ein Befreiungsschein ausgestellt wurde, wodurch er die Rechtsvorschriften des § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG verletzt habe.

Gemäß § 28 Abs.1 Z1 leg.cit. wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in Dauer von 10 Tagen verhängt.

Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 500 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin die Begehung der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung bzw den dem Tatvorwurf zugrundeliegenden Sachverhalt in Abrede gestellt. Vom Beschuldigten wird dabei die Richtigkeit aller ihn belastenden Zeugenaussagen bestritten.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung für den 20.9.1993 unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und der Zeugen GI M und der Zeugin A. Aufgrund der bei dieser Verhandlung aufgetretenen Verständigungsschwierigkeiten mit der der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtigen Zeugin A, wurde zunächst von deren förmlichen Vernehmung Abstand genommen und ihre neuerliche Vernehmung unter Beiziehung eines Dolmetschers für den 8.10.1993 anberaumt und an diesem Tag durchgeführt. Das Ergebnis dieser in Ergänzung zur mündlichen Verhandlung vom 20.9. vorgenommen Zeugenvernehmung vom 8.10.1993 wurde den Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs schriftlich übermittelt. Die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens haben dieser Vorgangsweise in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.9.1993 zugestimmt und in weiterer Folge abschließende Stellungnahmen zur Aussage der Zeugin A schriftlich erstattet.

Ihrer zeugenschaftlichen Aussage vom 8.10.1993 nach hat die rumänische Staatsbürgerin A am 8., 9. und 17. Oktober 1991 beim Beschuldigten Arbeiten dergestalt geleistet, als sie an zwei von diesen drei Tagen mit dessen Traktor gefahren ist. Sie ist dabei immer eine Strecke von ungefähr 20 m bis 30 m Länge vorund zurückgefahren, wobei, wie sie sich zu erinnern glaubt, es darum ging, Heu niederzudrücken. An einem der insgesamt drei Tage hat sie mit der Heugabel das Heu verteilt. Sie hat für diese Tätigkeiten vom Beschuldigten kein Bargeld bekommen, sondern es wurde ihr von diesem, weil die Familie S im Oktober mit der Miete mit 1.000 S beim Beschuldigten im Rückstand war, dieser Betrag erlassen. Diesen Mietrückstand hat sie demnach durch diese Arbeiten abgearbeitet. Der monatlich an den Beschuldigten zu entrichtende Mietzins betrug 2.000 S. Regelmäßig wiederkehrende Dienstleistungen waren mit dem Beschuldigten nicht ausgemacht. Die Zeugin gab an, daß sie mit ihrem Mann am 18. oder 19., es konnte auch der 20. Oktober 1991 gewesen sein, vom Anwesen M weggezogen sind.

Ausgehend vom Zutreffen dieses von der Zeugin A dargestellten Sachverhaltes hat der unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 2 Abs.2 leg.cit. gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

Der unabhängige Verwaltungssenat erachtete es im gegenständlichen Fall für ausreichend, die Überprüfung der Tatbestandsmäßigkeit daraufhin zu beschränken, ob ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis iSd § 2 Abs.2 lit.b leg.cit. zwischen dem Beschuldigten der Ausländerin der A am 8., 9. und 17. Oktober 1991 bestanden hat.

Die Umschreibung der Arbeitnehmerähnlichkeit von Personen orientiert sich an der im § 51 Abs.3 des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes, BGBl.Nr. 104/1985, enthaltenen Definition, die lautet: "Den Arbeitnehmern stehen gleich 1) Personen, die den Entgeltschutz für Heimarbeit genießen, sowie 2) sonstige nicht mit gewerblicher Heimarbeit beschäftigte Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind." Kriterien, welche den Begriff "arbeitnehmerähnliche Person" kennzeichnen, sind beispielsweise: regelmäßige Arbeitsleistung und längere Dauer; Bestreitung des Lebensunterhaltes zu einem nicht unerheblichen Teil aus den Einkünften im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses geleisteten Tätigkeit; regelmäßige Bezahlung; Verpflichtung zur persönlichen Arbeit; (siehe hiezu Erich Neurath - Günter Steinbach: Ausländerbeschäftigungsgesetz S. 75, Verlag des ÖGB).

In Anbetracht der oben angeführten Kriterien einerseits und der dem vorliegenden Sachverhalt kennzeichnenden Umstände andererseits, ist der unabhängige Verwaltungssenat aus nachstehend angeführten Überlegungen zur Ansicht gelangt, daß ein Arbeitsverhältnis oder ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis zwischen dem Beschuldigten und der rumänischen Staatsbürgerin A nicht bestanden hat: Die mündliche Verhandlung am 20.9.1993 ergab, daß nicht die Ausländerin gegenüber dem Beschuldigten mit der Miete im Rückstand war, sondern deren Gatte. Dies erklärt sich schon daraus, daß zunächst nur der Gatte der Ausländerin Bestandnehmer beim Beschuldigten war und diese erst später zugezogen ist. Der Mietenrückstand in der Höhe von 1.000 S wurde daher nicht von der beschäftigten Ausländerin sondern von deren Gatten geschuldet. Die vereinbarte Erlassung des Mietenrückstandes kann daher nicht als Entgelt für die von der Ausländerin geleistete Arbeit angesehen werden, wenngleich davon auszugehen ist, daß sie daran wirtschaftliches Interesse hatte. Weiters ist es berechtigt, davon auszugehen, daß der Vereinbarung, den Mietenrückstand durch Arbeitsleistungen abzuarbeiten, nicht die Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung durch die Ausländerin zugrundelag, da es dem Beschuldigten bei diesen Tätigkeiten einfachster Art gleichgültig sein konnte, wer diese, ob die Ausländerin, deren Gatte oder eine andere Person, verrichtete. Ein weiterer Grund, das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses oder gar eines Arbeitsverhältnisses zu verneinen liegt darin, daß die Arbeitsleistungen letztlich nur unregelmäßig erbracht wurden (am 8., 9. und 17. Oktober 1991) und über die Abarbeitung des Mietenrückstandes hinaus keine weiteren Arbeitsleistungen vereinbart wurden. Aufgrund dieser Umstände vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Ansicht, daß die von der Ausländerin für den Beschuldigten geleistete Arbeit nicht als im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses erbracht anzusehen sind. Demzufolge ist aber der Beschäftigungsbegriff iSd § 2 Abs.2 AuslBG nicht erfüllt bzw ermangelt es daher an der Tatbestandsmäßigkeit der angelasteten Verwaltungsübertretung.

Aus diesen Überlegungen heraus war der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

zu II.: Die Entscheidung über den Entfall der Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung die Beschwerde an den Verwaltungs- oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine vom Beschuldigten erhobene Beschwerde muß von einem Rechtsanwalt unterfertigt sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h 6

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