Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250171/2/Ga/Hm

Linz, 13.10.1992

VwSen - 250171/2/Ga/Hm Linz, am 13. Oktober 1992 DVR.0690392 - &

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner zur Berufung des Ö, gegen das am 30. September 1992 verkündete "Straferkenntnis" der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Zl. Pol96/73/1992, beschlossen:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 58 Abs.1, § 62 Abs.1 und Abs.2 sowie § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24, § 44 Abs. 1 und Abs.2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52.

Begründung:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat in dem gegen den Gastwirt Ö am 7. Juli 1992 wegen des Vorwurfs einer Übertretung des § 3 Abs.1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren am 30. September 1992 gemäß § 43 Abs.1 VStG eine mündliche Verhandlung durchgeführt und sogleich auf Grund dieser mündlichen Verhandlung das "Straferkenntnis" verkündet.

1.2. Gegen dieses "Straferkenntnis" hat der Beschuldigte am 1. Oktober 1992 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde direkt Berufung eingebracht.

2. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung, dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Durch die Vorlage wurde im Grunde des § 51 Abs.1 VStG die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst. Er entscheidet gemäß § 51c VStG in diesem Fall durch (nur) eines seiner Mitglieder.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsstrafakt zu Zl. Pol96/73/1992 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden Einsicht genommen und über die Zulässigkeit der Berufung erwogen:

3.1. Ableitbar aus dem auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 63 Abs.5 AVG ist Voraussetzung für die Einbringung des ordentlichen Rechtsmittels der Berufung, daß der bekämpfte Bescheid (das Straferkenntnis) durch Erlassung im Wege der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung oder mündlichen Verkündung rechtswirksam geworden ist. Wenn aber der Bescheid (das Straferkenntnis), der (das) bekämpft werden soll, gar nicht Bestandteil der Rechtsordnung geworden ist, kann auch keine Berufung erhoben werden. Ein solcher Fall liegt vor.

3.2. Aus dem Zusammenhalt der hier maßgeblichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen ergibt sich, daß auch im Falle der mündlichen Verkündung eines Straferkenntnisses wichtigster und unverzichtbarer Bestandteil seiner Normqualität der Spruch im Sinne des § 44a VStG ist. Es entsteht daher gar kein Straferkenntnis bzw. ergibt einen absolut wichtigen Vorgang, wenn eine Verkündung erfolgt und dabei nicht auch, nämlich unmittelbar durch sprachliche Artikulierung, der Spruch als solcher dem Adressaten der Norm verkündet wird.

3.3. In der im Akt der belangten Behörde einliegenden Strafverhandlungsschrift vom 30. September 1992 findet sich in der Rubrik, die für die Beurkundung des verkündeten Wortlautes des Spruchs des Straferkenntnisses vorgesehen ist, lediglich der Vermerk: "siehe ha. Ladungsbescheid vom 7.7.1992". Abgesehen davon, daß dieser auf einen sonstigen Akteninhalt verweisende Vermerk schon im Hinblick auf die ausdrückliche Vorschrift des § 44 Abs.2 VStG als hilfsweiser Spruchersatz ausscheidet, wird damit in keiner Weise die tatsächliche Verkündung des Spruchs nachgewiesen. Im Gegenteil: Dieser Vermerk deutet vielmehr darauf hin, daß eine Spruchverkündung als solche überhaupt unterblieben ist. Da auch sonst die Strafverhandlungsschrift vom 30. September 1992 keinen wie immer gearteten Hinweis, der auf eine tatsächlich stattgefundene Verkündung des Spruchs des Straferkenntisses beweiskräftig schließen ließe, enthält, ist im Zweifel wegen der unter dem Aspekt des Rechtsschutzes gerade für das Verwaltungsstrafrecht zu fordernden Eindeutigkeit von Normerlassungsvorgängen festzustellen, daß die Verkündung des Spruchs nicht nur im Akt nicht nachgewiesen ist, sondern nie stattgefunden hat. Das bekämpfte "Straferkenntnis" ist somit noch gar nicht erlassen.

3.4. Offenbar vom Leiter der Amtshandlung am 30. September 1992 wurde auf dem Formular der Strafverhandlungsschrift (Seite 4) jenes vorgedruckte Kästchen angekreuzt, woraus hervorgehen soll, daß der Beschuldigte nach Verkündung des Straferkenntnisses eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides verlangt habe. Eine solche schriftliche Ausfertigung wurde jedoch nach dem Akteninhalt weder hergestellt noch zugestellt. So ist auch erklärlich und folgerichtig, daß der Beschuldigte ausdrücklich gegen das "Straferkenntnis vom 30.9.1992" - in der aus seiner Sicht verständlichen Irrmeinung, es handle sich bei dem von ihm bekämpften Akt um ein solches - Berufung erhebt. An dem unter Punkt 3.3. dargestellten Ergebnis der rechtlichen Würdigung ändert sich dadurch nichts.

4.1. Das gegen den Beschuldigten eingeleitete Strafverfahren ist somit formell und materiell ihm gegenüber noch gar nicht abgeschlossen. Liegt aber für den Beschuldigten kein das Verwaltungsstrafverfahren abschließender Bescheid vor, kann ihm in dieser Situation auch kein Rechtsmittel (zur Bekämpfung eines gar nicht vorhandenen Rechtsaktes) zur Verfügung stehen.

4.2. Der unabhängige Verwaltungssenat hatte gemäß den angegebenen Gesetzesbestimmungen die unzulässige Berufung mit Bescheid zurückzuweisen, ohne daß eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen war. Bei diesem Ergebnis ist der unabhängige Verwaltungssenat von Gesetzes wegen gehindert, eine inhaltliche Prüfung des von der Strafbehörde noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens vorzunehmen. Mit der Zurückweisung ist keine Verschlechterung der Rechtsposition des Beschuldigten verbunden. Ob und in welcher Weise die belangte Behörde das zugrundeliegende Verwaltungsstrafverfahren fortsetzt oder einstellt, hat sie aus eigenem zu beurteilen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner 6

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