Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250235/21/Lg/Bk

Linz, 27.09.1994

VwSen-250235/21/Lg/Bk Linz, am 27. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 6.

September 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des H P B, "B" E GmbH, K, A vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W U K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf a.d. Krems vom 9. Juni 1993, Zl. Sich-IA/357/1992, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde und des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 und § 45 Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber fünf Geldstrafen zu je 10.000 S (je fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil er in der Zeit vom 1. Februar 1992 bis 7. August 1992 vier und in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 7. August 1992 einen weiteren ungarischen Staatsbürger ohne Beschäftigungsbewilligung (Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein) beschäftigt hatte. Es habe sich, wie allerdings erst an der Begründung erkennbar, um betriebsentsandte Ausländer gehandelt, da die Firma B E in einem Werksvertragsverhältnis mit der Firma K aus L, U, gestanden sei.

2. Die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses bezieht sich im wesentlichen auf eine Anzeige des Gendarmeriepostens Kremsmünster sowie auf Aussagen des Berufungswerbers. Dem Akt der belangten Behörde liegen außerdem die der Behörde vom Berufungswerber zur Stützung seines Standpunktes überlassenen Verträge zwischen der Firma B und der Firma K bei.

3. In der Begründung wird gegen das angefochtene Straferkenntnis im wesentlichen eingewandt: Die Zuhaltung von vier separaten Werkverträgen, abgeschlossen auf jeweils drei Monate, erfülle keinen Straftatbestand des AuslBG.

Außerdem sei aus der Aktenlage nicht begründbar, daß die ungarischen Arbeitnehmer in den vorgeworfenen Zeiträumen bei der Firma B E beschäftigt worden sind. Überdies wird eine mangelnde Konkretisierung der Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gerügt.

4. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Berufungswerber vor, die Ungarn hätten in einem zur B gehörenden Haus gewohnt. Sie seien in Österreich aufgrund von Verträgen der B mit der Firma K (U) einerseits und mit einer österreichischen Firma andererseits tätig gewesen. Die Firma K stelle im Rahmen der Verträge die Arbeitskräfte zur Verfügung, welche dann von der Firma B zum Zweck der Erfüllung von Werkverträgen gegenüber verschieden in- und ausländischen Auftraggebern eingesetzt werden. Es handle sich dabei um von der Firma B (vor dem Tatzeitraum und weiterhin laufend) geschulte Spezialisten (für die Montage von Kabeltassen und von Beleuchtungssystemen) und daher immer um dieselben Personen.

Die Verträge mit der Firma Kubiva seien immer auf drei Monate befristet abgeschlossen und auf die Zurverfügungstellung von Leuten für (der Art nach) bestimmte Arbeiten gerichtet.

Die Ungarn seien in den Betrieb des Berufungswerbers integriert, werden von Mitarbeitern der B angewiesen und kontrolliert. Den Ort der Arbeit (Baustelle) lege der Berufungswerber nach Maßgabe der jeweiligen Aufträge Dritter an die B fest; an die Firma K erfolge lediglich eine Mitteilung.

Zwischen den einzelnen Ungarn und der Firma B bestünden keine vertraglichen Beziehungen. Demgemäß erfolge auch die Entlohnung durch die Firma K und hatten die Ungarn auch damals keinen Entgeltsanspruch gegenüber der Firma B.

Die Ungarn, die aufgrund der Verträge mit der Firma K für die Firma B im Einsatz waren, seien nicht während des gesamten Tatzeitraums in Österreich tätig gewesen. Es habe auch Großbaustellen in Ungarn gegeben, an denen die Firma B beteiligt war und an denen die Ungarn zum Einsatz kamen.

Die Gleichsetzung des Beginns des Tatzeitraumes mit dem Beginn der Laufzeit des ersten Vertrages sei sicher unzutreffend und auch später seien die Arbeitszeiten der Ungarn in Österreich von mehreren, mindestens zweiwöchigen Ungarnaufenthalten der betreffenden Arbeitskräfte unterbrochen gewesen. Außerdem habe es während der Österreichaufenthalte immer wieder Fortbildungsveranstaltungen gegeben, weshalb auch ein Volontärsverhältnis vorgelegen sei.

Überdies sei es sogar wahrscheinlich, daß der Tag, an dem die Ungarn perlustriert wurden (sie seien ja von den meldungslegenden Beamten nicht bei der Arbeit angetroffen worden) der Fortbildung gewidmet gewesen ist. Aus all dem folge, daß aus heutiger Sicht keine zeitlich umgrenzbare Arbeit der Ungarn in Österreich mehr festgestellt werden kann.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen.

5.1. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses weist neben korrekturfähigen Mängeln den Fehler der mangelnden Konkretisierung des Tatvorwurfes auf. Der Vorwurf der "Beschäftigung" ausländischer Arbeitnehmer unter Hinweis auf einen Vertrag mit einer Firma mit Sitz im Ausland läßt (unter Berücksichtigung der Legaldefinition des § 2 Abs.2 lit.d AuslBG) nicht erkennen, ob damit ein "Beschäftigen" iSd § 28 Abs.1 Z1 lit.a oder ein "Inanspruchnehmen" iSd § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG gemeint ist. Die Zitierung des § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG als Rechtsgrundlage für die verhängte Strafe stellt keinen Ersatz für eine verbale Umschreibung eines Lebenssachverhaltes dar und steht außerdem in Widerspruch mit der Zitierung des (auf in Österreich niedergelassene Arbeitgeber bezogenen - vgl das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. August 1994, VwSen - 250189/9/Gu/Km) § 3 Abs.1 AuslBG. Ob dieser Mangel des Spruches durch die Qualifikation der Arbeitskräfte als "betriebsentsandte Ausländer" in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses saniert wird, kann dahingestellt bleiben, da dies am Verfahrensergebnis nichts ändern würde. Legt man die Annahme zugrunde, daß die Inanspruchnahme ausländischer Arbeitskräfte iSd § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG (ausreichend) vorgeworfen wurde, so ergibt sich folgendes:

5.2.1. Gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG ist zu bestrafen, wer entgegen dem § 28 die Arbeitsleistung eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs.1, 4 und 7) erteilt wurde.

Gemäß § 18 Abs.1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung.

Gemäß § 19 Abs.3 AuslBG ist im Fall der Betriebsentsendung die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung von der Person iSd § 2 Abs.3 AuslBG zu beantragen.

Gemäß § 2 Abs.3 AuslBG ist einem Arbeitgeber im Fall des § 2 Abs.2 lit.d AuslBG der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, gleichzuhalten.

Gemäß § 2 Abs.2 lit.d AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung nach den Bestimmungen des § 18 AuslBG.

Gemäß § 2 Abs.2 lit.e AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung überlassener Arbeitskräfte iSd § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

5.2.2. Die unter dem Begriff "betriebsentsandte Ausländer" (§ 18 AuslBG) zusammengefaßte Sonderform der Beschäftigung von Ausländern im Bundesgesetz soll nach den EB, 1451 BlgNR 13. GP, S 31, die Fälle erfassen, in denen "kein direktes Verhältnis zwischen dem im Bundesgebiet beschäftigten Ausländer und jener Person, die den Ausländer verwendet" besteht. Verhindert werden soll ein unkontrolliertes Einströmen von ausländischen Arbeitskräften "auf der Basis zwischen inländischen und ausländischen Unternehmen abgeschlossenen Werkverträgen oder sonstigen privatrechtlichen Vereinbarungen" (ebd).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt es ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Strafbestimmungen des § 28 Abs.1 Z1 lit.a und des § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG dar, daß die zweitgenannte Bestimmung nur das bloße "Inanspruchnehmen" von Arbeitsleistungen betriebsentsandter Ausländer ohne ein zwischen einem inländischen Unternehmen und den Ausländer bestehendes Beschäftigungsverhältnis unter Strafe stellt (vgl statt vieler die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0347, 0349 und vom 14. Jänner 1993, Zl.

92/09/0245). Dabei nimmt derjenige die Arbeitsleistung des "betriebsentsandten Ausländers" in Anspruch, dem sie der ausländische Arbeitgeber zur Erfüllung einer ihn gegenüber dem inländischen Nutznießer treffenden rechtlichen Verpflichtung zur Verfügung stellt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Einsatz "betriebsentsandter Ausländer" als Erfüllungsgehilfen ihres ausländischen Arbeitgebers erfolgt, um dessen Werkvertrag gegenüber einem inländischen Besteller zu erfüllen (vgl statt vieler die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1993, Zl.

92/09/0307 und vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0062).

Andererseits fragt sich, wie Fälle einzuordnen sind, in denen - materiell betrachtet - eine Arbeitskräfteüberlassung durch eine Firma mit Sitz im Ausland an eine österreichische Firma vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes scheint in solchen Fällen eine Beschäftigung iSd § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG und nicht eine Inanspruchnahme iSd § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG anzunehmen zu sein (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, 92/09/0347, 0349). Eine wichtige Rolle spielt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob das ausländische Unternehmen das Arbeitsverhalten der ausländischen Arbeitskräfte beeinflußt (vgl die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.

Dezember 1990, Zl. 90/09/0074, vom 18. Jänner 1990, Zl.

89/09/0128 und vom 10. Dezember 1986, Zl. 84/09/0146).

5.2.3. Unter Berücksichtigung des "wahren wirtschaftlichen Gehalts" (§ 2 Abs.4 AuslBG) zeigt sich klar, daß im vorliegenden Fall die Elemente einer Beschäftigung iSd § 28 Abs.1 Z1 lit.a gegenüber Anhaltspunkten für eine Inanspruchnahme iSd § 28 Abs.1 Z1 lit.b eindeutig dominieren.

So weist schon die Textierung der dem Akt beiliegenden schriftlichen Verträge Merkmale auf, die klar in Richtung eines bloßen Zurverfügungstellens von Arbeitskräften für Betriebszwecke des Beschäftigers weisen: Als "Thema des Vertrages" sind "Hausinstallations- und technologische Arbeiten ohne Zusicherung von Grundmaterial, mit der Teilnahme von ... Personen" - ohne nähere Konkretisierung eines werksvertragstypischen Erfolges - angeführt. Der "Wert des Vertrages" (= die vom Berufungswerber zu zahlende Summe) ergibt sich aus einer Multiplikation eines bestimmten Geldbetrages mit der Zahl der Arbeitskräfte. Die Leistung der ausländischen Firma besteht in der "Lieferung der Leute" für den vereinbarten Zeitraum. Vereinbart wurde (kein konkreter Arbeitserfolg sondern) jeweils ein Zeitraum von drei Monaten.

Daß die Verträge zwischen der Firma Kubiva und der Firma B ihrem Wesen nach auf die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften gerichtet waren, hat der Berufungswerber auch im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt, indem er angab, daß in einer lückenlosen Kette von jeweils auf drei Monate befristeten Verträgen immer dieselben von ihm gewünschten Spezialisten seitens der Firma K zur Verfügung gestellt wurden, wobei die Firma B je nach Aufträgen Dritter die Arbeitskräfte einsetzte und deren arbeitsbezogenes Verhalten regulierte. Die Arbeitskräfte stellten keine vom Betriebszweck der Firma B unterscheidbaren Produkte her und wurden bei ihrer Arbeit nicht von Seiten der ungarischen Firma beeinflußt.

Schließlich spricht auch die Behauptung eines Volontärsverhältnisses durch den Berufungswerber für das Vorliegen einer Beschäftigung (vgl dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0347, 0349). Die Behauptungen des Berufungswerbers, daß zwischen der Firma B und den ausländischen Arbeitskräften "keine Rechtsbeziehungen bestehen" (gemeint: daß die vertraglichen Pflichten zur Arbeitsleistung und zur Entlohnung zwischen der Firma K und den ausländischen Arbeitskräften bestehen) steht der hier vorgenommenen Zuordnung nicht entgegen, da eine solche Konstellation für eine Arbeitskräfteüberlassung typisch ist. Ebensowenig steht die rechtliche Qualifikation der Verträge zwischen der Firma B und der Firma K durch den Berufungswerber als "Werkverträge" (auf die sich die belangte Behörde offensichtlich verlassen hat) der hier vorgenommenen Beurteilung des wahren wirtschaftlichen Gehalts der Leistungsbeziehungen entgegen.

5.2.4. Ist dem Berufungswerber sohin - allenfalls - eine Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG, und nicht, wie von der belangten Behörde angenommen, eine Inanspruchnahme gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG vorzuwerfen, so hat dies zur Folge, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist, da der Berufungswerber den ihm vorgeworfenen Tatbestand nicht verwirklicht hat. Da es sich im vorliegenden Fall nicht um einen bloßen Subsumtionsirrtum der belangten Behörde handelt, kommt eine "Korrektur" in Form einer Bestrafung des Berufungswerbers gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht in Betracht (Verbot der Tatauswechslung; vgl dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1993, Zl. 92/09/0360).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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